
Paderborn. Die Fußball-Experten sind sich weitgehend einig. In der Bundesliga-Saison 2019/2020, die an diesem Freitag, 16. August, um 20.30 Uhr mit der Partie Bayern gegen Hertha startet, wird es zwischen Bayern München und Borussia Dortmund wieder ein Duell um die Meisterschaft geben. Wobei dem BVB diesmal noch weitaus größere Chancen eingeräumt werden, den Serienmeister von der Isar zu entthronen. Dahinter kämpfen Teams wie Leverkusen, Mönchengladbach und Leipzig um den Titel „Best of the rest". Und der SC Paderborn? Klarer Fall, der Neuling ist ein todsicherer Absteiger.
Doch es ist gut möglich, dass der Sensationsaufsteiger aus Ostwestfalen auch diesmal allen Experten eine lange Nase dreht. Schon in der vergangenen Saison hatten viele bezweifelt, dass der damalige Zweitliga-Neuling mit seinem Hurra-Fußball Erfolg haben könne. Nicht wenige tippten auf den SCP als ersten Absteiger. Der Ausgang ist bekannt: Paderborn schoss mit 76 Treffern so viele Tore wie kein Zweitliga-Aufsteiger zuvor und schaffte den Durchmarsch ins Oberhaus. An der Spielidee wird auch jetzt nichts geändert. „Wir haben dem Verein ein Gesicht gegeben. Und das bedeutet: Wir wollen nächste Saison genauso offensiv spielen wie in der 2. und 3. Liga", betont Steffen Baumgart. „Wir wollen Fußball nicht verhindern – auch nicht gegen Bayern München", ergänzt der Paderborner Chefcoach.
Hoffen auf den Lerneffekt
Dessen Mannschaft bewies in den Testspielen, dass sie auch gegen hochkarätige Gegner eine enorme Torgefahr entwickeln kann. So gab’s ein 3:3 gegen den spanischen Erstligisten Athletic Bilbao. Und beim 2:4 gegen den italienischen Pokalsieger Lazio Rom dominierte der SCP weite Strecken der Partie. Doch in diesen Spielen sowie beim jüngsten DFB-Pokal-Zittersieg in Rödinghausen leisteten sich die Paderborner zugleich zahlreiche unnötige Patzer, die in der 1. Bundesliga bitter bestraft werden dürften. Und so wird der SCP wohl Lehrgeld zahlen müssen. Trainer Baumgart hat es bislang aber stets geschafft, dass seine Schützlinge aus Fehlern lernen. Woche für Woche und Monat für Monat machte das SCP-Team Fortschritte. Davon kündet allein die Tatsache, dass die Paderborner in den Rückrunden der vergangenen beiden Spielzeiten stets deutlich weniger Gegentore kassierten.
Der unbedingte Wille und der Glaube an die eigene Spielidee könnten nun auch in der Bundesliga Berge versetzen. In Sachen Offensivpower muss sich der angriffslustige Underdog jedenfalls nicht vor Konkurrenten wie Union Berlin, Augsburg, Mainz, Köln, Schalke oder Düsseldorf verstecken. Im Gegenteil.
Vasiliadis sollte sich nicht verletzen
Ob die individuelle Qualität der Paderborner Spieler am Ende zum Klassenerhalt reicht, ist eine andere Frage. Auf namhafte Neuzugänge, die entsprechend viel kosten, hat der SCP verzichtet. Denn auch hier bleibt er seiner Philosophie treu. Demgegenüber stehen mit Philipp Klement und Bernard Tekpetey zwei Abgänge, die jeweils 2,5 Millionen Euro in die Vereinskasse spülten.
Tekpetey wird angesichts der Vielzahl an pfeilschnellen Flügelspielern zu ersetzen sein. Die Lücke, die Klement im zentralen Mittelfeld hinterlässt, muss derweil erst einmal geschlossen werden. Hier wird fortan noch mehr Verantwortung auf den schmalen Schultern des erst 21 Jahre alten Mittelfeld-Juwels Sebastian Vasiliadis lasten. Die SCP-Fans sollten die Daumen drücken, dass „Vasi" gesund bleibt. Die tückische Sehnenverletzung, die sich Innenverteidiger Sebastian Schonlau zugezogen hat, ist schon ärgerlich genug.
Und so wird der SCP die zweite Erstliga-Saison seiner Vereinsgeschichte zwar mit der angebrachten Demut, aber auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein angehen. Und dieses Selbstbewusstsein verkörpert Steffen Baumgart wie kein anderer. Schon vor der vergangenen Saison hatte er teamintern das Saisonziel Aufstieg ausgegeben. Der Klassenerhalt wäre nun eine noch größere Leistung. „Jeder erzählt uns, was nicht geht", erklärt Baumgart, „wir aber sagen lieber: Wir machen das mal."