Paderborn. Vor 30 Jahren startete in der Paderstadt ein Rad-Abenteuer, das bis heute noch nachwirkt. 1991 fuhren 21 junge Leute einmal quer durch Europa. Ihr Ziel: Spenden sammeln für ein Kinderdorf in Südamerika. Damals kamen mehrere tausend D-Mark zusammen. Nun, zum 30. Jahrestag der Tour, traf sich die Gruppe erneut in Paderborn. „Es ist wunderbar, wieder nach Paderborn zu kommen und zu feiern, was wir mit unserer Radtour geschafft haben – das war nur im Team möglich", sagte der Initiator Hanno Spitzer.
Angefangen hat alles mit einer Reise. Die hatte Spitzer vor mehr als 30 Jahren nach Peru unternommen - und kam völlig schockiert in die Heimat zurück. „Damals herrschte dort Bürgerkrieg. Die Bilder der Straßenkinder ließen mich nicht mehr los. Ich wollte helfen", erinnert sich der Paderborner.
Zurück in der Paderstadt lernte Spitzer den Verband Westfälischer Kinderdörfer kennen, der in der Nähe der peruanischen Hauptstadt Lima ein Kinderdorf baute. Ein Jahr später veranstaltete Spitzer zusammen mit einem Freund einen Spendenlauf, wanderte von München nach Venedig. Zuvor baten die beiden Freunde in Briefen und Artikeln um Unterstützung. Mit Erfolg: 30.000 Mark kamen damals zusammen, die für den Bau eines dringend benötigten Wassertanks im Kinderdorf verwendet wurden, auf dem bis heute der Name "Hanno" steht.
Ermutigt von diesem Erfolg warb Spitzer in seinem Freundeskreis für eine Wohltätigkeits-Fahrradtour, sodass insgesamt 21 Studierende im Herbst 1991 die große Fahrt antraten. Die Route sollte vom Nordkap bis nach Gibraltar führen. Bevor es losging, verschickte die Gruppe rund 2.000 Briefe an Familie, Freunde und Bekannte mit der Bitte um Unterstützung. Eine Mark sollte pro 100 gefahrene Kilometer für das Kinderdorf gezahlt werden.

Danach radelten die jungen Studierenden in 57 Tagen von Paderborn bis zum Nordkap und von dort bis nach Gibraltar. 6.107 Kilometer, quer durch Europa. „So etwas geht nur als Team", sagt der Paderborner Thomas Woyke, der die Tour damals mitinitiierte. Denn diese Tour musste gut geplant werden. „Einige kümmerten sich um die Route, einige um die Pressekontakte und andere um die zahllosen Fahrradreparaturen. Ich selbst hatte einen Rahmenbruch, zum Glück in Norddeutschland."
Nach rund zwei Monaten waren die Radler wieder in Paderborn und hatten bald mehr als 50.000 Euro gesammelt. Beim 30-jährigen Jubiläum spendeten die Radler erneut 14.600 Euro. Somit kamen bis heute rund 300.000 Euro zusammen. Damit wurde das Familienhaus „Nordkap-Gibraltar I" im peruanischen Kinderdorf gebaut. Bald konnte schon das Familienhaus „Nordkap-Gibraltar II" eingeweiht werden – Häuser, die mehr als 10 Waisenkinder in der Betreuung von Familien beherbergen können.
Langjährige Partnerschaft mit dem peruanischen Kinderdorf
Aus der engagierten Spendenaktion ist eine langjährige Partnerschaft zwischen den Paderborner Radlern und dem peruanischen Kinderdorf geworden. „Einige von uns haben sich in den letzten Jahrzehnten in Peru selber von dem sinnvollen, wirksamen und korrekten Einsatz unserer Spendengelder überzeugen können, andere haben im Internationalen Verband Westfälischer Kinderdörfer aktiv mitgearbeitet", berichtet Hanno Spitzer.
Die ehemaligen Radler haben damals das Abitur am Goerdeler-, Reismann- oder Pelizaeus-Gymnasium gemacht. Mittlerweile ist die Gruppe in ganz Deutschland verteilt. Die Studierenden von damals leben heute in Paderborn, Stuttgart oder Frankfurt. Hanno Spitzer hat sein Hobby zum Beruf gemacht, ist mittlerweile Regierungsdirektor beim Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Christel Zumdieck, Vorstandsvorsitzende des Internationalen Verbandes Westfälischer Kinderdörfer, fand lobende Worte für das Projekt: „Die Partnerschaft mit den Nordkap-Gibraltar-Radlern ist ein großes Glück für uns. Diese Radtour hat viele begeistert und zur Nachahmung inspiriert." Beim Jubiläum war auch Liselotte Schrader-Woyke, die Leiterin des Kinderdorfes in Peru.
Sie berichtete während der Feierlichkeiten über die aktuelle Situation in dem südamerikanischen Land. „Viele peruanische Kinder wurden durch Corona zu Waisen, denn rund 200.000 Menschen sind daran in Peru gestorben. Corona hat unsere Arbeit nicht leichter gemacht. Im Gegenteil - wir werden mehr gebraucht als bisher.