Der Leopoldshöher, der zum Nordkap radelt

Leopoldshöhe. Es wäre untertrieben, wenn man Hartmut Ortstadt einen normalen Radtouristen nennen würde. Denn wo andere auf einer Tour rund um Leopoldshöhe radeln, fährt er kurz nach Hamburg zum Fischbrötchenessen. Doch das jüngste Abenteuer des sportlichen 59-Jährigen übersteigt die Vorstellungskraft der meisten Menschen deutlich. In 38 Tagen fuhr Hartmut Ortstadt allein von Leopoldshöhe zum Nordkap. 3.960 Kilometer durch zumeist hügelige Gegenden. Er bewältigte fast 40.000 Höhenmeter. &bdquo;Es gibt wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaften entlang der Fjordküste Norwegens“, erinnert sich der Leopoldshöher lächelnd, &bdquo;wenn nur das Wetter nicht so schlecht gewesen wäre.“ Viel Regen, Kälte, starker Wind, manchmal Schnee herrschte oftmals während der Tour – aber auch tolle Begegnungen und oft eine atemberaubende Naturkulisse. Den Weg zurück wählte er durch Finnland und die baltischen Staaten. Dabei ging’s von Lettland mit der Fähre über die Ostsee zurück nach Travemünde. Nach fast 60 Tagen und sagenhaften unfallfreien 6.000 Kilometern im Sattel kam Hartmut Ortstadt wohlbehalten wieder in Leopoldshöhe an, wo seine Frau Yvonne und viele Freunde und Nachbarn ihm einen herzlichen Empfang bereiteten. Ganz locker begann Ortstadt am 20. Mai seinen Nordkap-Trip. &bdquo;In vier Tagen hatte ich Hirtshals an der nördlichen Spitze Dänemarks erreicht“, beschreibt er den Start. Dann schob er sein 38 Kilogramm schweres Fahrrad (kein E-Bike) inklusive Zelt und Gepäck auf die Fähre nach Kristiansand, dem Südpunkt Norwegens. Dort begann sein Abenteuerurlaub. 3.000 Kilometer führte seine Route entlang der westlichen zerklüfteten Küste des langgestreckten Landes – mit 30 bis 40 Fährüberfahrten durch die Fjorde, in denen sich auch Wale tummelten. Es ging über steile Berge, einsame Inseln und durch kleine Dörfer. Aber leider auch mit viel Regen und Wind. &bdquo;Die Wetter-App auf dem Handy kann man vergessen“, meint er, &bdquo;selbst wenn gutes Wetter vorausgesagt wird, regnet es hinter der nächsten Bergkette.“ Die Sohlen der Radschuhe lösten sich nach 1.000 Kilometern durch die Nässe auf. Angeklebt hielten sie aber wie durch ein Wunder bis zum Schluss. Aber die wunderschönen Hafenstädte wie Stavanger, Bergen und Trondheim und die große Freundlichkeit der Norweger gegenüber Radtouristen entschädigte für Vieles. &bdquo;In privaten Quartieren oder Blockhütten wird man wie in einer Familie aufgenommen“, meint Hartmut Ortstadt. Von Trondheim zum Nordkap entlang der Außenküste Norwegens erwarteten ihn noch 1.900 Kilometer. &bdquo;Das ist eine klassische Route für viele Biker, die alle ganz locker drauf sind“, sagt er. Häufig traf er andere Weltenbummlern unterwegs wieder – auf den Straßen oder abends auf Campingplätzen. &bdquo;Einer der Radler kam sogar von Gibraltar“, erinnert er sich. Außergewöhnliche Begegnungen Das Nordkap hatte Hartmut Ortstadt erstaunlicherweise für sich ganz allein, obwohl sich sonst Scharen von Touristen an dem Denkmal tummeln und sich mit dem stählernen Globus fotografieren lassen. Der Grund lag in der ungewöhnlichen Ankunftszeit. &bdquo;Ich wohnte in einem kleinen Hotel etwa 35 Kilometer entfernt. Und da ich sowieso nicht schlafen konnte und es zudem auch nachts taghell war, bin ich um Mitternacht losgefahren. Es war nebelig, zum Glück nicht so windig, doch der Regen ging allmählich in Schnee über. Gegen zwei Uhr nachts war ich am Nordkap. Ich machte einige Selfies und war gegen vier Uhr morgens wieder im Hotel.“ Die Rückreise durch Lappland verlief durch einsame Wälder und karge Tundra. Große Teile entlang der schwedisch-finnischen Grenze. &bdquo;Eher langweilige Wege gegenüber der norwegischen Küste, aber Schwärme von Insekten“, meint er. &bdquo;Die Luft war schwarz von Mücken, die einen überfielen, wenn man rastete. Man musste in Bewegung bleiben“, sagt er. Eigentlich war eine Bahnfahrt bis zur finnischen Stadt Oulu an der Ostsee geplant, doch knapp verpasst er den Zug. So blieb als Alternative der Überlandbus. Die Großstadt Oulo begeisterte Hartmut Ortstadt. &bdquo;Das ist eine tolle Stadt, mit einer der größten Universitäten Finnlands. Im Jahre 2026 soll sie Kulturhauptstadt Europas werden.“ Zwei Tage blieb er dort und erkundete die Gegend. Weiter ging es mit Fähren nach Helsinki und nach Estland. Von dort fuhr er mit dem Rad weiter nach Lettland. Das Wetter war immer noch grottenschlecht. &bdquo;Den heftigsten Gegenwind hatte ich südlich von Tallin, es war megaanstrengend“, denkt er zurück. Schließlich war nach einigen Hundert Radkilometern die lettische Hauptstadt Riga erreicht. Und noch einmal lag eine Strecke bis zum lettischen Fährhafen Liepaja vor ihm, bevor er endgültig das Baltikum verließ und mit dem Fährschiff über die Ostsee nach Travemünde zurückkehrte. &bdquo;Es war ein einmaliges Erlebnis“, fasste er seine gigantische Reise zusammen. &bdquo;Unvergesslich werden mir die Begegnungen mit den vielen außergewöhnlichen und sympathischen Menschen bleiben.“

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