Bad Lippspringe. Rolle rückwärts: In einer Sondersitzung hat der Stadtrat von Bad Lippspringe am Donnerstagabend seine Anfang Juli getroffene Entscheidung einkassiert und den Klimanotstand aufgehoben. Nach einer hitzigen Diskussion setzten sich die „Notstandsgegner" mit 19 zu 16 Stimmen und einer Enthaltung durch.
Bürgermeister Andreas Bee erklärte seine Bereitschaft, an einem gemeinsamen „Klima-Beschluss" mitzuwirken. Am gleichen Tag kletterte das Thermometer in Bad Lippspringe auf 37,9 Grad und der Hitzerekord von 2015 wurde punktgenau eingestellt.
Wie berichtet, hatte die Stadt als erste und bis heute einzige Kommune im Kreis Paderborn den Klimanotstand ausgerufen. Dieser mit 19 zu 18 Stimmen gefasste Beschluss wurde von Bürgermeister Andreas Bee postwendend beanstandet. Bee sah durch die Entscheidung den Ruf Bad Lippspringes als heilklimatischer Kurort der Premium Class ernsthaft gefährdet.
Die Sonderratssitzung hatte gerade erst begonnen und es sah so aus, als würde sie schon wieder enden. Der Grund war ein Antrag von Martin Koke (FDP). Er schlug vor, die erneute Entscheidung auf die Zeit nach der Sommerpause zu vertagen. Er selbst hoffte trotz kontroverser Diskussion weiterhin auf ein einvernehmliches Vorgehen der sechs im Stadtrat vertretenen Fraktionen. Die FDP wolle dazu ihren konstruktiven Beitrag leisten. Koke präsentierte eine erste konkrete Überlegung: „Wir schlagen vor, einen Klimabeirat einzusetzen." Der könne dann geeignete Vorschläge entwickeln. Weiter stellte er klar, dass er einen Alleingang Bad Lippspringes ablehne. Es sei nicht Aufgabe der Gemeinden, den Klimanotstand auszurufen, sondern Sache der einzelnen Staaten.
»Ausschließlich die Interessen der Stadt im Auge gehabt«
Beispielhaft nannte er England und Irland. Grundlegende Veränderungen ließen sich nur auf nationaler oder internationaler Ebene erreichen. Bee sprach sich gegen eine Vertagung aus. Da er den Ratsbeschluss fristgerecht beanstandet habe, sei er noch nicht rechtswirksam. Seine Position wurde bei zwei Gegenstimmen aus der FDP vom Rat unterstützt. Es folgte eine teilweise heftige Diskussion. Bei seiner Entscheidung zur Beanstandung habe er ausschließlich die Interessen der Stadt im Auge gehabt, so Bee.
Gleichzeitig betonte er: „Es ist der erste Widerspruch gegen eine Ratsentscheidung in meiner zehnjährigen Amtszeit." Unterstützung erhielt das Stadtoberhaupt von der CDU-Fraktion. Der Fraktionsvorsitzende Walter Strop bezeichnete die Forderung als reines Lippenbekenntnis. Er verwies auf die Stadt Köln: „Da wurde am 9. Juli der Klimanotstand erklärt. Vier Tage später fand die Großveranstaltung Rhein in Flammen statt, bei der tonnenweise Raketen in die Luft geschossen wurden." Dieses Verhalten sei unglaubwürdig. An die Grünen gerichtet fragte Strop: „Soll unsere Parkbeleuchtung mit Feuerwerk im August ausfallen?"
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Gerda Werth konnte den Streit nicht nachvollziehen: „Die Wissenschaft mahnt seit Jahren, dass gehandelt werden muss. Wofür gehen jeden Freitag die Schüler auf die Straße?" Der Begriff Klimanotstand sei nach ihrer Auffassung zwar hochdramatisch, aber berechtigt. Allein die Hoffnung auf die Bundesregierung zu setzen, wertete ihre Fraktionskollegin Norika Creuzmann als nicht ausreichend: „Globales Denken setzt lokales Handeln voraus."
Etwas frustriert kommentierte Markus Wille (FSG): „Wir drehen uns hier im Kreis." Den Menschen, die freitags demonstrieren, attestierte er: „Sie haben erkannt, dass wir am Ast sägen, auf dem wir sitzen."
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