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Klimawandel: Zustand der Herforder Bäume bleibt kritisch

Die Hitzesommer vergangener Jahre haben weiterhin Auswirkungen. Von manch einer Baumart wird man sich verabschieden müssen. Ein städtisches Umfeld verursacht weiteren Stress.

Im Wald am Homberg mussten dieses Jahr bereits mehr als 3.000 Bäume gefällt werden. Doch insbesondere die Pflanzen in der Stadt sind zahlreichen Stressfaktoren ausgesetzt. | © Angelina Kuhlmann

David Knapp
29.08.2020 | 29.08.2020, 18:00

Herford. Die Hitze der vergangenen Tage rückt die Sorge um die heimischen Bäume wieder stärker ins Bewusstsein. Als ob der Klimawandel eine Auszeit genommen hätte, waren die Dürre geplagten Bäume, Borkenkäferbefall und Rußrindenkrankheit zuletzt wenig präsent. Doch wie ist es momentan um den Zustand der Herforder Bäume bestellt? nw.de hat bei der Fachabteilung Landschaftspflege, städtische Wälder, Grünflächen nachgefragt und Antworten erhalten.

"Die Bäume im Stadtgebiet kämpfen nach wie vor insbesondere mit den hitze- und trockenheitsbedingten Folgen der Jahre 2018 und 2019", heißt es. Es gebe Baumarten, die stünden momentan "besser" da, weil mehr Bodenfeuchte vorhanden sei. Das durch die Trockenheit bedingte Abwerfen von Blättern wie in den vergangenen beiden Jahren sei bisher nicht im gleichen Maße zu beobachten.

Bei den Nadelbäumen sieht es anders aus

Ein anderes Bild ergibt ein Blick auf die Nadelbäume. Das Aus der Fichte ist in Herford allem Anschein nach nur noch eine Frage der Zeit. Selbst bei den noch grünen Fichten würde ein Prozess des Absterbens zu sehen sein. In Herford könnte das beispielsweise am Schlingkamp beobachtet werden. "Dort ist die Straße mit einem Nadelteppich absterbender Bäume ausgelegt."

Selbst die Buchen, "seit Jahrtausenden standortdominierend" seien infolge der Trockenheit geschädigt oder bereits abgestorben. Ist der Baum bereits geschwächt, können Pilze, Bakterien und Insekten ihm weiter zusetzen. Der Borkenkäfer ist da nur das berühmteste Beispiel. Der Ahorn im Wald am Homberg etwa zeige punktuell wieder Rußrindenbefall.

Häufig bleibt dann nichts anderes übrig, als die Bäume zu fällen. Die Ursache für das Absterben wird seitens der Stadt nicht protokolliert – doch die Zahlen der vergangenen Jahre deuten möglicherweise eine Entwicklung an. Wurden 2018 etwas mehr als 800 Bäume gefällt, waren es 2019 knapp mehr als 1.300. Im laufenden Jahr fielen bislang 565 Einzelbäume und 3.000 im Hombergwald der Säge zum Opfer. Dabei werden die Zahlen im Laufe des Jahres weiter steigen.

Städtische Bäume unterliegen weiteren Stressfaktoren

Insbesondere in der Stadt unterliegen die Bäume weiteren Stressfaktoren. Die städtische Fachabteilung zählt dazu größere Hitze, Beeinträchtigungen durch Bodenverdichtungen und Bauarbeiten. Ebenso stressen Streusalz, der Baumschnitt für den Verkehr oder Gebäude und weitere Faktoren die Pflanzen. Das Paradoxe daran: Aufgrund ihres kühlenden Einflusses als Sauerstoff- und Schattenspender könnten gerade dort Bäume sinnvoll sein.

Was kann also für die Zukunftsfähigkeit der Bäume getan werden? Der städtischen Fachabteilung zufolge sind neben der Minderung von Stressfaktoren weitere Maßnahmen sinnvoll. Und die sind relativ leicht umzusetzen. Weißgestrichene Stämme bei Neupflanzungen könnten beispielsweise eine Aufhitzung verhindern. Mit der Zeit verliere sich die Farbe und der Baum beginne, sich durch anderes Rindengewebe an die Hitze zu gewöhnen. Ferner können bei den Jungpflanzen Wassersäcke um den Stamm gegen die Dürre helfen. Diese kamen in Herford bereits im vergangenen Jahr zum Einsatz.

Auch resistentere Bäume lösen das Problem nicht

Am Sommerweg und um den Bereich Im Weizenfeld seien bei Neupflanzungen "wasserhaltende Substrate in den Pflanzstandorten eingebaut" worden. Auch kleinteilige Entsiegelungen hätte es bereits gegeben, so etwa an der Mindener Straße und der Eimter Straße. Wo Bäume gefällt werden müssen, werde neugepflanzt. Im Fokus stehen dabei Baumarten, die mit den veränderten Bedingungen besser zurechtkommen. Eine Grundlage liefert der Stadt die Straßenbaumliste der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz – kurz GALK. Die wird fortlaufend aktualisiert und gibt Aufschluss über die "Verwendbarkeit" der Arten im innerstädtischen Raum. Amerikanische Stadtlinde: "gut geeignet", Bergahorn: "nicht geeignet" - lässt sich dort beispielsweise herausfinden.

Doch selbst diese GALK-Liste mir ihren Empfehlungen löst nicht das zugrunde liegende Problem der Bäume, wie es von der städtischen Fachabteilung heißt: "Gut geeignete Bäume tolerieren zwar stärkere Hitze und Trockenheit als einen der wesentlichen Faktoren schon heute. Jedoch werden sich die jetzt schon heißen innerstädtischen Bedingungen auch dort verschärfen und auf das Umland ausweiten." Kurzum: Im Angesicht des Klimawandels wird das Pflanzen von Bäumen nicht ausreichen.