SCP-Fankolumne

Drei-Hasen-Grätsche: "Wie Westfalenpokal ohne Ultras"

Unser Kolumnist Andreas Ludwig schildert seine Eindrücke vom SCP-Heimspiel gegen Hannover und erklärt, warum auch ein Stadionbesuch in Corona-Zeiten Spaß machen kann.

Andreas Ludwig (l.) und Stephan Simann sind leidenschaftliche SCP-Fans und schreiben für nw.de über ihren Verein. | © Uwe Müller

22.10.2020 | 22.10.2020, 16:43

Kolumnist Andreas Ludwig, auch bekannt als PaderOptimist, bloggt regelmäßig und ist Teil der PaderCast-Crew. Wenn es mal richtig schlecht läuft, ist er der Mann, um die Stimmung wieder zu heben. Er sieht den SCP irgendwann in der Champions League und tippt gerne 4:0. Für nw.de schreibt er zusammen mit Stephan Simann regelmäßig die Kolumne "Drei-Hasen-Grätsche".

Ein bisschen wie früher

Es ist ein schöner Tag, dieser 18. Oktober 2020. Ich ziehe mich warm an, streife mein SCP-Trikot über und lege mir den Schal um den Hals. Ab ins Auto und auf ins Stadion. Das Heimspiel gegen Hannover 96 wartet. Es ist ein bisschen wie früher. Und doch ganz anders.

Erstmals ist mein Sohn mit dabei. Denn während ich sonst im Stehplatzbereich zu finden bin, konnten diesmal wegen des Hygienekonzeptes nur Sitzplätze gebucht werden. Und da bietet es sich an, den Kleinen mit in die Benteler-Arena zu nehmen. Er freut sich tierisch und hat trotz Maske einen Heidenspaß im Stadion.

Andreas Ludwig, auch bekannt als Pader-Optimist, bloggt regelmäßig und ist Teil der PaderCast-Crew. - © Uwe Müller
Andreas Ludwig, auch bekannt als Pader-Optimist, bloggt regelmäßig und ist Teil der PaderCast-Crew. | © Uwe Müller

Da unsere Sitzplätze in Block L sind, gelangen wir durch Eingang 1 ins Stadion. Der Einlass geht zügig, die Personenkontrolle am Eingang verläuft reibungslos. Hier fallen gleich die markierten Zonen auf. Geradeaus gibt es den Raucherbereich, links an der Würstchenbude den Anstehbereich, rechts befindet sich die Verzehrzone. Alles ist deutlich ausgeschildert und durch Markierungen auf dem Boden zu erkennen. Dass auf den Rängen nicht geraucht werden darf, war ein weiteres Argument dafür, das Kind mitzunehmen.

Es fehlen die Sprechchöre

So finden wir uns entspannte 40 Minuten vor dem Anpfiff auf unseren Plätzen ein. Voller Vorfreude aufs Spiel. Aufstellungen checken, während der Puls steigt. Und dann merkt man doch so langsam, dass es eben doch nicht so ist wie noch Anfang März, als man in einer ausverkauften Benteler-Arena den SCP im Heimspiel gegen Köln nach vorne trieb. Der Applaus für die Mannschaft ist zwar angesichts der nur 2.200 Zuschauer recht laut. Doch es fehlen die Anfeuerungen von der Süd, die "Paderborn"-Rufe, die Sprechchöre und Lieder.

Es fühlt sich an wie bei einem Westfalenpokal-Spiel ohne Ultras. Es gibt ein bisschen seichte Stimmung, aber eben nicht diese Energie, die sich entwickelt, wenn gemeinsam mit dem Capo und unter Trommelbegleitung von der Süd gesungen wird. So stehen wir zur Hymne alle auf, halten die Schals hoch, dürfen aber nicht singen. Hmmm. Kann man machen, fühlt sich nur nicht richtig an. Aber trotzdem: Endlich wieder Stadion, live dabei sein. Was gibt es Schöneres?

Das Spiel beginnt, es gibt zarte Versuche von den Rängen, Gesänge anzustimmen, was zum Teil auch ganz gut funktioniert hat. Highlight zwischendurch: Wechselgesänge von Ost zu West. Das hat manchmal sogar im vollen Stadion nur holprig geklappt. Die Mannschaft nimmt das offenbar mit Freude zur Kenntnis. Der SCP geht aggressiv zu Werke. Das Kombinationsspiel ist deutlich flüssiger als vor der Länderspielpause. Zahlreiche Chancen werden auf sehenswerte Art und Weise herausgespielt. Und das trotz der vielen Wechsel in der Startelf. Allein die Trefferquote lässt zu wünschen übrig.

Herzinfarkt-Gefahr in der Schlussphase

Als Johannes Dörfler dann seinen wunderschönen Premierentreffer erzielt, macht sich wieder der Unterschied zum „Vor-Corona-Stadionbesuch" bemerkbar. Wo es vorher Bierduschen von allen Seiten gehagelt hätte, gibt es jetzt ein distanziertes Jubeln ohne Getränke. Freude und Erleichterung sind dennoch groß. Mein Sohn freut sich ausgelassen über das Tor und über das Hermann-Löns Lied, zu dem wir alle die Schals kreisen lassen. Und was hätte ich auch gern noch einen zweiten Treffer bejubelt…

Denn bevor wir den ersten Heimsieg des Jahres feiern können, macht der SCP exakt das, was er so gut kann: Er bringt so manchen Fan in Herzinfarkt-Gefahr. Als Ingelsson direkt vor uns den Hannoveraner Keeper umspielt und schießt, glaube ich fest an die Entscheidung. Doch der Ball geht knapp am Tor vorbei. Das Zittern geht weiter. Der Blutdruck hat längst kritische Werte erreicht. So ziehen sich die letzten Minuten ins Unendliche. In der Nachspielzeit unterläuft unserem starken Kapitän Sebastian Schonlau fast noch ein Eigentor, ehe unser ehemaliger Stürmer Marvin Ducksch die letzte Großchance für Hannover versemmelt. Dann pfeift ein souveräner Manuel Gräfe die Partie an. Es ist vollbracht! Der ersehnte Sieg ist da! Und das gegen den Aufstiegsfavoriten Hannover.

Hoffen auf weitere Stadionbesuche

Allen fällt ein Stein vom Herzen - vom Trainer bis zum letzten Fan. Es hat so gut getan, endlich wieder die Spieler anfeuern zu können, ihnen Energie zu spenden und mit ihnen am Ende feiern zu können. Unser Team, das wir in der Endphase der vergangenen Bundesliga-Saison nicht unterstützen konnten, hat sich das verdient. Und es dürfte auch den Spielern gut getan haben. Nach den Jubelszenen schlägt die Corona-Realität zurück. Kein Catering mehr nach Abpfiff. Alle sollen bitte sofort nach Hause. Zehn Minuten, nachdem sich die Mannschaft verabschiedet hat, ist die Arena fast wieder komplett leer.

Es war ein Stadionbesuch light mit Westfalenpokal-Feeling. Aber es war wieder richtig schön, dabei zu sein, und nicht nur vor dem Fernseher zu sitzen. Ich würde wieder hingehen, wenn es die Situation erlaubt. Dann vielleicht auch wieder mit ein paar Freunden um mich herum. Das würde einem noch mehr von dem zurückgeben, was man so vermisst hat. Die steigenden Corona-Zahlen können diese Hoffnungen schnell wieder zerstören. Aber man ist ja Optimist.

INFORMATION


Auch sonst präsentieren sich die Kolumnisten im Netz: Mit ihrem Podcast zum SCP. Sie twittern unter @PaderOptimist, sind unter diesem Alias auch bei Facebook vertreten und ganz klassisch auf ihrer Website PaderOptimist.


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