
Bielefeld. Vernachlässigung, körperliche und seelische Gewalt in Kindheit und Jugend haben zumeist dramatische Folgen für die Betroffenen, unter denen diese oft ein Leben lang leiden. Ein neues Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nimmt sich nun dieses Themas an, will Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die in Pflege- und Adoptivfamilien oder in Jugendhilfeeinrichtungen leben, stärken. An dem Forschungsprojekt mit dem Namen „Empoweryou – Kinder und Jugendliche in Pflege- und Adoptivfamilien stärken und Reviktimisierung verhindern" ist auch die Universität Bielefeld mit einem Teilprojekt beteiligt. Für die Studie werden noch Teilnehmer gesucht.
„Bei vielen Kindern, die bereits Gewalt erlebt haben, ist das Risiko höher, in anderen Kontexten Gewalt oder Mobbing zu erfahren", sagt Ann-Katrin Wiemann. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin ist zusammen mit ihrer Kollegin Anika Werner die Ansprechpartnerin für das Teilprojekt an der Universität Bielefeld. In diesem soll in einem ersten Schritt ermittelt werden, welche Faktoren Kinder und Jugendliche vor Mobbing oder Gewalt schützen. Welche Ressourcen und Stärken Kinder und Jugendliche haben können, um damit umzugehen.
Familiäres oder schulisches Umfeld
Dazu können interessierte Kinder und Jugendliche zwischen acht und 21 Jahren an einer Onlineumfrage teilnehmen, ebenso wie ein Elternteil aus der Adoptiv- oder Pflegefamilie. Gefragt wird etwa nach den Stärken der Kinder, der Beziehung zwischen ihnen und den Eltern oder nach möglichen Gewalterfahrungen. „Es geht bei dem Projekt um vorangegangene Gewalterfahrungen. Dabei kann es sich sowohl um Gewalt im familiären als auch zum Beispiel im schulischen Umfeld handeln", sagt Werner. Dennoch sind vorangegangene Gewalterfahrungen keine Voraussetzung für eine Teilnahme an dem Forschungsprojekt.
Ist die erste Onlinebefragung absolviert, findet ein halbes Jahr später eine zweite Onlinebefragung statt. Die Ergebnisse sollen dazu genutzt werden, um Strategien zu entwickeln, die weitere Gewalterfahrungen bei Kindern und Jugendlichen verhindern sollen.
Über Gewalt wird wenig gesprochen
In einem zweiten Teilprojekt, das an der Uniklinik der RWTH Aachen durchgeführt wird, liegt der Schwerpunkt auf den alltäglichen Erfahrungen von Gewalt. Dafür werden Kindern ab zehn Jahren Smartphones ausgehändigt, über die mehrmals am Tag Fragen zum Alltag gestellt werden.
Nach wie vor werde über das Thema Gewalt wenig gesprochen. „Seit ein paar Jahren findet aber ein Umdenken statt", sagt Wiemann. Dennoch sei die Situation oftmals belastend, vor allem für Adoptiv- und Pflegefamilien.
„Vorangegangene Gewalterfahrungen können auch langfristig bei betroffenen Kindern und Jugendlichen die psychische Gesundheit beeinträchtigen."
INFORMATION
Gesucht werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen acht und 21 Jahren, die bei ihren biologischen, Pflege- oder Adoptiveltern leben, sowie ihre Pflege- oder Adoptiveltern. Außerdem können sich auch Jugendliche und junge Erwachsene zwischen elf und 21 Jahren, die nicht bei ihren Eltern leben (z.B. in einer Wohngruppe oder in eigener Wohnung) melden unter Tel.: 05 21/10 64 500 oder per E-Mail: empoweryou@uni-bielefeld.de.