„Hohes Maß an krimineller Energie“: Warum Amokdrohungen nicht mit Klingelstreichen vergleichbar sind

Bünde/Rödinghausen. An Schulen in Bünde, Rödinghausen und auch im benachbarten niedersächsischen Melle tauchten in den vergangenen Wochen Amokdrohungen auf. Aber was bringt junge Menschen dazu, eine solche Nachricht an eine Schulwand zu schreiben? Ein Psychotherapeut erklärt mögliche Motive und die Gefahr, die von diesen Schülern ausgeht. An den Schulen tauchten kurz hintereinander Amokdrohungen an Schulwänden oder in Toilettenkabinen auf. Versehen mit einem präzisen Datum wurden dort vermeintlich Taten angekündigt. So beispielsweise an der Gesamtschule Rödinghausen. Hier war in Toiletten-Räumen der Schülerinnen im A-Trakt &bdquo;Amok 27.02.2025“ geschrieben worden. An der Erich-Kästner-Gesamtschule in Bünde waren am Donnerstag, 20. März, Androhungen eines Bombenanschlags als Kritzelei auf einer Toilette entdeckt worden. In beiden Fällen hatte die Polizei nach einer Gefährdungsanalyse Entwarnung gegeben. Regulärer Unterricht fand statt, in Rödinghausen war es Eltern aber freigestellt, ob sie ihre Kinder zur Schule schicken wollen oder nicht. Es könnte sich ei den Fällen um die Teilnahme an einer sogenannten TikTok-Challenge handeln, eine Art Mutprobe, die sich über die sozialen Medien verbreitet. Diese Aktion sorgt derzeit bundesweit für Aufsehen und verbreitet auch Angst. Die Schulen kontaktieren Polizei und Eltern bei jeder Drohung. Zudem hat es Auswirkungen auf den Unterricht. Der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Christian Gottfried Halm aus Enger erklärt, welche Motive bei der Ankündigung von Gewalttaten eine Rolle spielen und warum man jede Drohung ernst nehmen muss. Lesen Sie auch: Anschlagswarnungen im Bünder Land: Welche Konsequenzen drohen Tätern? &bdquo;Eine im Nachhinein leere Drohung kann trotzdem bedeuten, dass jemand es doch tut“, sagt Christian Gottfried Halm. Ob aus Spaß oder Rücksichtslosigkeit: Der Therapeut stellt nicht nur mit Blick auf die jüngsten Amokdrohungen eine wachsende Gewaltbereitschaft und Werteverlust unter Kindern und Jugendlichen fest: &bdquo;Ich finde das erschreckend.“ &bdquo;Die Gewalt im Schulkontext nimmt in jeder Form zu“ Gewaltandrohungen unter Schülern seien nämlich nicht neu, so der Psychotherapeut. &bdquo;Das sind Entwicklungen, die schon länger andauern. Die Gewalt im Schulkontext nimmt in jeder Form zu.“ Es wird in Form von Mobbing, steigender Gewaltbereitschaft gegenüber Lehrkräften oder eben Drohungen gegenüber der Schule sichtbar. &bdquo;Oftmals handelt es sich um junge Menschen, die sozial zurückgeblieben sind und sich innerhalb von Schule oder Elternhaus gedemütigt fühlen. Sie wollen sich rächen und projizieren diese Faktoren in den Schulkontext hinein“, erklärt Halm. Gewalt-Erfahrungen im medialen Bereich würden diesen Prozess zusätzlich triggern. &bdquo;Soziale Netzwerke spielen bei dem Austausch über Gewaltandrohungen bei Jugendlichen ebenfalls eine große Rolle“, betont der Experte. Mit Blick auf die TikTok-Challenge meint Halm: &bdquo;Eine Amokdrohung als sogenannte Mutprobe unterscheidet sich erheblich von der früher beliebten Klingeljagd, bei der es ein hohes Potenzial an Mut brauchte, um wegzulaufen.“ Bei den Amok- oder Bombendrohungen geht es um Wut gegen das System allgemein, Ungerechtigkeiten sowie Frustration. Diese Schüler wollen sehen, wie das ganze schulische System in Aufruhr kommt, riesige Mechanismen mit Polizei und Staatsanwaltschaft samt Evakuierung in Gang gesetzt werden, erklärt der Psychotherapeut. &bdquo;Das erfordert ein hohes Maß an krimineller Energie.“ Fälle sollten nicht unter den Teppich gekehrt werden Die genauen Hintergründe dieser einzelnen Aktionen seien aber schwer zu deuten, es könnten auch &bdquo;Mobbing-Geschichten“ im Vorfeld stattgefunden haben, vermutet Christian Gottfried Halm. Er warnt davor, die Fälle unter den Teppich zu kehren und als harmlose Streiche abzutun: &bdquo;Auch stille Ankündigungen müssen wir sehr ernst nehmen.“ Ermittlungsergebnisse nach vollendeten Amokläufen in den USA hätten demnach oftmals gezeigt, dass Andeutungen zu geplanten Gewalttaten im Umfeld oftmals nicht ernst genommen wurden. Viele Schulen sind durch Erfahrungen in der Vergangenheit auf Amoklagen vorbereitet, weiß der Therapeut. Aber auch die Schüler müssten genauer unter die Lupe genommen werden: &bdquo;Gewalt an Schulen hat ganz viel mit dem Gefühl von Ohnmacht zu tun. Diesen Schülern geht es nicht gut und sie haben oft seelische Nöte“, sagt Christian Gottfried Halm. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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