Kreis Paderborn. Der Kreis Paderborn ist – gemeinsam mit der Stadt Paderborn – in NRW eine sogenannte Modellregion, wo gezielte Lockerungen während der Pandemie (bei einer stabilen Inzidenz unter 100) wissenschaftlich begleitet werden. Die Grüne Kreistagsfraktion kritisiert jetzt den Bewerbungsprozess. „Die Entscheidung des Kreises Paderborn, sich als Modellregion zu bewerben, ist nicht politisch diskutiert worden." Das habe man erst aus der Presse erfahren.
„Entscheidungen zur Bewältigung der Pandemie ohne Beteiligung der Parlamente zu fällen geht gar nicht", monieren die Grünen Kreis-Fraktionsvorsitzenden Norika Creuzmann und Carsten Birkelbach. Erst eine Abstimmung könne die Verwaltung für eine solche Bewerbung autorisieren, heißt es einer Pressemitteilung.

„Der fehlende Diskurs in den Ausschüssen, die zurzeit nur digital stattfinden, trägt aus unserer Sicht dazu bei, dass Bürgerinnen und Bürger sich nicht mitgenommen fühlen bei Fragen rund um die Pandemiebewältigung", stellten Norika Creuzmann und Carsten Birkelbach klar. Das öffentliche Leben erliege zum Teil vollständig, der Wunsch nach mehr Normalität sei mehr als verständlich und alle Anstrengungen dafür unterstützenswert. Die Grünen-Fraktion wendet sich nun mit vielen Fragen an Landrat Christoph Rüther (CDU).
"Worauf basiert die Entscheidung zur Bewerbung als Modellkommune?" wollen die Grünen wissen, welche anderen Bereiche (neben Sport) seien angedacht? Seien Bereiche bewusst ausgeklammert worden und wenn ja, warum? Eine Antwort möchten sie auch darauf, warum die Politik nicht in das Netzwerk aus Wissenschaft, Sport und Verwaltung eingebunden sei und in welcher Form eine künftige Einbindung von Kreistagsabgeordneten geplant ist.
Auch die Festlegung der Kreisverwaltung auf die umstrittene Luca-App, die eine Rückverfolgung von Kontakten erleichtern soll, sehe man ohne politische Zustimmung kritisch, so die Grünen. „Wir haben erhebliche Bedenken bezüglich des Datenschutzes", so die Grünen, „und auch die Einbindung in die bestehenden Datenverarbeitungsprogramme des Gesundheitsamtes bleiben unklar".
Prüfauftrag der FDP
Zwar habe es Ende März einen Prüfauftrag der FDP gegeben, der einstimmig angenommen wurde. „Doch schon im Vorfeld gab es eine Festlegung des Kreises auf die Luca-App", so die Grünen. „Auf welcher Grundlage hat sich die Verwaltung schließlich für die Luca-App entschieden?", haken Creuzmann und Birkelbach nach. Sie möchten unter anderem Auskunft zu datenschutzrechtlichen Bedenken und Kosten für den Kreis haben.
Mit der Skepsis gegenüber der App sind die Grünen nicht allein. Zu den 70 Sicherheitsforschern, die kürzlich eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht haben, in der sie der Luca-App weder Nutzen noch Sicherheit zusprechen, gehören auch die beiden Paderborner Professoren Eric Bodden (Heinz Nixdorf Institut der Uni und Fraunhofer IEM) und Juraj Somorovsky (Universität Paderborn).