Kreis Paderborn. Impfen, testen, Kontakte vermeiden – das sind derzeit die Säulen der Pandemiebekämpfung. Welche Rolle kommt dabei Unternehmen und Arbeitgebern etwa in der Verwaltung zu? So will beispielsweise Bertelsmann für seine Beschäftigten in Gütersloh ein Impfzentrum einrichten. Eine Pflicht für Unternehmen ab 19 Mitarbeitern, diesen regelmäßig Schnelltests anzubieten, wurde ebenso diskutiert.
Schnelltests
Bei der Bremer AG wird seit Januar einmal im Monat die gesamte Belegschaft auf freiwilliger Basis getestet, zudem Reiserückkehrer und in konkreten Verdachtsfällen. Dafür arbeitet das Unternehmen mit den Johannitern zusammen. "Wir nutzen eigene Räumlichkeiten", sagt Sprecherin Julia Tegethoff. 1.500 Tests seien bisher durchgeführt worden. Auch in den Niederlassungen und auf den Baustellen fänden regelmäßige Testungen statt, außerdem sollen bald Selbsttests verteilt werden.
Diebold Nixdorf bietet am Standort Paderborn seit Dezember freiwillige Antigen-Schnelltests an. Diese würden durch geschultes Fachpersonal in eigens eingerichteten Testzentren durchgeführt. Auch Besucher würden getestet. Mit dem Konzept habe man gute Erfahrungen gemacht, sagt Geschäftsführer Jörn Förster und ergänzt: "Bisher hatten wir keine Schwierigkeiten bei der Beschaffung von geeignetem Testmaterial."
Beim Möbelhaus Höffner würden die Mitarbeiter unternehmensweit zwei Mal pro Woche getestet, je nach Situation ist dies bei einigen Personen sogar täglich der Fall. "Diese Entscheidung haben wir bereits vor einem dreiviertel Jahr getroffen", sagt Edda Metz, Geschäftsführerin der Krieger-Gruppe, zu der Höffner gehört. Sie ist überzeugt: "Eine Testpflicht sollte es überall geben."
Von dSPACE heißt es, man wolle besonders den Mitarbeitern, die nicht im Homeoffice arbeiten können, regelmäßige Tests anbieten. Bei Benteler werden bei Bedarf bereits solche Tests durchgeführt, insbesondere bei Verdachtsfällen und für Risikogruppen. Paragon in Delbrück setzt sie ein, wenn in einer Abteilung oder Schicht ein Corona-Fall aufgetreten sei. Von einer Verpflichtung zu regelmäßigen Tests ohne Anlass allerdings halte man nichts; dazu sei die Anzahl der Fälle verschwindend gering.
Die Universität Paderborn, die mehr als 2.600 Menschen beschäftigt, will dem Personal und den Studierenden in Präsenzveranstaltungen Schnelltests anbieten, sobald die Schulen ausreichend versorgt sind.
Auch die öffentliche Verwaltung beschäftigt das Thema: Die Stadt Paderborn, Arbeitgeber für mehr als 2.800 Personen, will für ihre Beschäftigten Selbsttests beschaffen. Beim Kreis Paderborn haben Außendienstler die Möglichkeit, einen Test zu machen.
Impfungen
Schwieriger gestalten sich die Planungen beim Impfen. Sobald ausreichend Vakzin vorhanden ist, sollte es schnell gehen. Deshalb hat Diebold-Nixdorf nach eigenen Angaben eine Impf-Taskforce eingerichtet. Mitarbeiter würden für die Impfung freigestellt. Infrastruktur und Ressourcen der betriebsärztlichen Versorgung stehen zur Verfügung. "Wir suchen derzeit aktiv den Dialog mit den Behörden", sagt Förster.
Höffner würde seine Mitarbeiter gerne impfen. "Wir haben alles vorbereitet - was fehlt, ist der Impfstoff", berichtet die Geschäftsführerin. Sobald der da wäre, könnte es umgehend losgehen. Auch bei der Bremer AG gibt es dazu Überlegungen: „Wir prüfen die Möglichkeit, ein internes Impfzentrum einzurichten", sagt Tegethoff. Alternativ wäre es möglich, mit anderen Unternehmen, die eigene Betriebsärzte haben, zu kooperieren. "Wir evaluieren verschiedene Möglichkeiten", heißt es bei Benteler. Die Universität bereitet sich darauf vor, durch die Betriebsärztin zu impfen. dSPACE will seinen Mitarbeitern ebenfalls ein Impfangebot machen. "Stand heute zeichnet sich ab, dass dies personell und organisatorisch machbar wäre", sagt Personalchef Harald Wilde.
Das schätzt man bei der Stadtverwaltung anders ein: "Der Aufbau eines eigenen Impfzentrums ist bisher aus Kapazitätsgründen nicht geplant", heißt es auf Anfrage. Die Voraussetzungen, die es zu erfüllen gilt, seien enorm und eigenes medizinisches Personal nicht vorhanden. Der Kreis Paderborn, Arbeitgeber für mehr als 1.300 Personen, kündigt hingegen an, seine Mitarbeitenden intern im Gesundheitsamt zu impfen, sobald genügend Impfdosen zur Verfügung stehen und dies rechtlich möglich sei.
Kontaktvermeidung
Bis es soweit ist, dass auch Menschen außerhalb der Priorisierungsgruppen geimpft werden können, bleibt die Kontaktreduzierung das oberste Gebot. Die angefragten Unternehmen und Verwaltungen versichern deshalb, dass die Möglichkeit zum Homeoffice weiterhin ein wesentlicher Bestandteil in der Pandemiebekämpfung bleibe.
INFORMATION
Deutliche Kritik am Inzidenzwert
Das Bürener Unternehmen Aerosoft hat in der vergangenen Woche auch mit den Selbsttests begonnen. Geschäftsführer Winfried Diekmann verbindet dies mit einer deutlichen Forderung an Gesundheitsminister Jens Spahn, ab jetzt den Inzidenzwert aus allen Überlegungen zu streichen. "Durch das massive Testen in Unternehmen vervielfacht sich die Testmenge, ohne dass dies vom RKI erfasst wird, wodurch eine Vergleichbarkeit der Inzidenzwerte nicht mehr gegeben ist", schreibt Diekmann. Betriebe würden natürlich nur die positiv getesteten Personen zum PCR-Test schicken, was zu einem dramatischen Anstieg der positiv Getesteten führen werde, ohne dass sich an der prozentualen Verteilung der Corona-Positiven in der Gesamtbevölkerung etwas geändert habe. "Mit dem Einsatz der Selbsttests hat der Inzidenzwert keinerlei Aussagekraft mehr", folgert Diekmann. (ber)