Reportage mit Video

Wenn Tresore „verheiratet werden“: Das passiert im Paderborner Diebold Nixdorf Werk

Am Heinz-Nixdorf-Ring werden Kassensysteme und Bankentechnik gebaut. Bei einer Tour durch das Werk erfährt man nicht nur, wie das vonstattengeht, sondern auch einige Anekdoten über Heinz Nixdorf.

Der Hauptsitz von Diebold Nixdorf ist in Paderborn. | © Jemima Wittig

Jemima Wittig
06.04.2025 | 06.04.2025, 20:51

Paderborn. An seinen früheren Arbeitgeber, Heinz Nixdorf, kann sich Michael Liedke noch gut erinnern. Drei Jahre vor dessen plötzlichem Tod hat er im Jahr 1983 bei der Nixdorf Computer AG angefangen. „Er kam abends immer die Feuertreppe hoch, hat uns nach Problemen gefragt und die wurden dann behoben“, sagt er. „Einmal hatte er sich mit seinem Wagen festgefahren und uns gefragt, ob wir ihn rausschieben können“, berichtet der Mann aus Schloß Neuhaus von seiner liebsten Erinnerung. „Als das erledigt war, hat er gefragt, wie lange wir noch da sind. Nach den angegebenen zwei Stunden kam er mit einem Bierwagen wieder.“

Mitarbeitern wie Liedke begegnet man im Werk von Diebold Nixdorf am Heinz-Nixdorf-Ring 1 in Paderborn immer wieder. Sie sind dem Unternehmen auch nach Nixdorfs Tod treu geblieben - von der Übernahme durch Siemens 1990, über die Gesellschaftsgründung Wincor Nixdorf 1999 bis zur Übernahme durch die Diebold Holding Germany Inc. & Co. KGaA im Jahr 2016.

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In dem Gebäudekomplex aus den 1970er Jahren arbeiten heute knapp 2.000 Mitarbeitende daran, dass die drei Hauptlinien „Kassen“, „Self Check Out“ und „Geldautomaten“ gefertigt und in die ganze Welt verkauft werden. Hinter dem Eingang gelangt man nach dem Passieren von Schleusen, die sich nur mit Eingangskarten öffnen lassen, in einen Showroom mit den angebotenen Systemen. Nach rechts geht es unter anderem in Büros und eine helle Kantine. Nach links geht es ins Werk mit gut 41.000 Quadratmetern Fläche.

Erinnerungen an Nixdorf als „sympathischen Kerl“

Von der Anlieferung der Blechtafeln über ihre Verarbeitung bis zum fertigen Kopf, der auf einen Tresor gesetzt wird, kann man hier jeden Arbeitsschritt nachverfolgen. Dafür folgt man einem 400 Meter langen Flur. Begrüßt wird man von einer Tafel, auf der die Zahl der Tage ohne Arbeitsunfall stehen. Aktuell sind es 63 Tage. Immer mal wieder kreuzt auf dem Flur ein Gabelstapler, um ihn herum für den Sicherheitsabstand ein rotes Laserlicht. Es riecht metallisch. Gearbeitet wird fast nur nach Kundenaufträgen - so braucht man weniger Lagerfläche.

Die angelieferten Blechtafeln durchlaufen im ersten Schritt eine Qualitätskontrolle. Dann werden sie mit Stanzen bearbeitet. In dem Raum ist es sehr laut. Nur die Qualitätskontrolle erfolgt hier durch Menschen, alles Weitere machen Maschinen. Im Jahr gehen hier 8.000 Tonnen Stahl durch.

Dirk Philipp ist heute Vorarbeiter. Bei Nixdorf hat er 1985 angefangen. - © Jemima Wittig
Dirk Philipp ist heute Vorarbeiter. Bei Nixdorf hat er 1985 angefangen. | © Jemima Wittig

Im nächsten Schritt werden die gestanzten Tafeln abgekantet. In dem dafür genutzten Raum rumpelt und zischt es. Das meiste wird wieder durch Maschinen erledigt. Hier arbeitet Dirk Philipp als Vorarbeiter. Er hat 1985 bei Nixdorf angefangen. „Er war ein sympathischer Kerl“, sagt er.

Tresor und Kopf werden „verheiratet“

Ein paar Meter weiter sitzt Jörg Becker. Er hat seine Ausbildung bei Nixdorf 1983 gemacht. Als er seine Ausbildung zum Feinmechaniker damals angefangen hat, sind mit ihm deutschlandweit 2.000 Auszubildende in dem Unternehmen gestartet. „Nach meiner Ausbildung bin ich an der Wiegepresse gelandet und seitdem da geblieben“, sagt der Paderborner. „Nixdorf hat schon mal dem ein oder anderen Mitarbeiter plötzlich über die Schulter geschaut“, erinnert er sich.

Jörg Becker arbeitet seit 1983 in dem Unternehmen. - © Jemima Wittig
Jörg Becker arbeitet seit 1983 in dem Unternehmen. | © Jemima Wittig

Im nächsten Raum findet die Oberflächenbehandlung statt. Dann folgt die Lackiererei. Die verarbeiteten Teile werden hier langsam, damit sich keine Blasen bilden, in ein 75.000 Liter fassendes Tauchbad gegeben und getrocknet - wieder alles mechanisch. Je nach Kundenwunsch kann auch noch eine Pulverbeschichtung mit einer anderen Farbe als schwarz oder grau aufgetragen werden. Nach der Trocknung werden Tresor und Kopf „verheiratet“, wie man hier sagt.

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Das findet in einem weiteren Raum statt, in dem auf einer festgelegten Strecke mehrere Wagen von Arbeitsschritt zu Arbeitsschritt fahren. Der Mitarbeiter sieht an jeder Station, wie lange er Zeit hat für seinen Arbeitsschritt, bis sich der Wagen zur nächsten Station bewegt. An der ersten Station steigt ein Mitarbeiter auf, als ihm 3,5 Minuten angezeigt werden. Er führt die Verkabelung in den Tresor ein und verschraubt schon einen Teil. Dann geht es für das Bauteil weiter, er bleibt stehen.

Die Anzahl der Geldkassetten variiert je nach Kundenwunsch. Für jede Geldnote gibt es eine Kassette ab dem Fünfeuroschein aufwärts. Das fertige Produkt wird am Ende einmal geprüft: Fährt das System hoch, reagiert es auf die Testnoten und so weiter. Dann werden die fertigen Produkte auch schon abgeholt. Je nachdem, was gebaut wurde, ist ein Gewicht von bis zu 800 Kilogramm zu bewegen.

An einem geheimen Ort wird mit echtem Geld gearbeitet

Tanja Werres wurde 2022 die erste Werksleiterin. - © Jemima Wittig
Tanja Werres wurde 2022 die erste Werksleiterin. | © Jemima Wittig

An einem geheimen Ort wird auch mit echtem Geld aus der ganzen Welt getestet, verrät Werksleiterin Tanja Werres. „Wenn jemand einen Schein aus dem Urlaub in Indien mitbringt, bei dem eine Ecke abgerissen ist oder der zusammengeklebt ist, testen wir auch, wie es damit funktioniert.“

Werres ist seit fast drei Jahren Werksleiterin am Standort in Paderborn und die erste Frau in der Position. Sie ist auch schon lange in dem Unternehmen, hat ihre Ausbildung vor 32 Jahren bei Siemens Nixdorf gemacht. Heinz Nixdorf hat sie selbst nicht mehr miterlebt.

Einblicke in die Fertigung von Diebold Nixdorf im Video:

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