Paderborn

Wie sich die Pandemie auf die Paderborner Wirtschaft auswirkt

Bürgermeister Michael Dreier spricht mit Vertretern verschiedener betroffener Branchen. Es geht unter anderem um sinkende Umsätze und Rückgänge bei den Auszubildenden.

In dem Gespräch mit dem Paderborner Bürgermeister Michael Dreier geht es unter anderem um die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen auf die Gastronomie. | © Matthias Groppe

12.11.2020 | 12.11.2020, 18:30

Paderborn. Die Schließung der Gastronomie, deutliche Umsatzrückgänge im stationären Einzelhandel, die Flaute im Hotelgewerbe sowie die Forderung nach Planungssicherheit in der Corona-Pandemie: Das waren laut einer Mitteilung der Stadt Paderborn die beherrschenden Themen bei der jüngsten Telefonkonferenz, zu der Bürgermeister Michael Dreier Vertreter der örtlichen Wirtschaft, der Gewerkschaften und den Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann eingeladen hatte.

Zwei Drittel der Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie seien in Kurzarbeit, berichtete Melanie Cramer, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Paderborn, über die Ergebnisse einer Blitzumfrage. Es seien bis zu 80 Prozent Umsatzrückgänge zu beklagen, allerdings gehe etwa die Hälfte der befragten Betriebe davon aus, dass die Beschäftigtenzahl stabil gehalten werden könne.

Kritisch sah Kai Buhrke, Geschäftsführer des Handelsverbandes OWL der Kreise Paderborn und Höxter, die Situation in den Fußgängerzonen. Er hoffe auf eine bessere Entwicklung im Weihnachtsgeschäft.

Außer-Haus-Verkauf

Ähnlich schwierig beschrieb Andreas Büscher, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Ostwestfalen die Lage bei den Mitgliedsbetrieben in der Region. Der Außer-Haus-Verkauf der Gastronomie sei nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Die Hotels seien nur auf Geschäftsreisende angewiesen und müssten um das touristische Weihnachtsgeschäft fürchten. Im Hinblick auf die durch die Pandemie betroffenen Berufsgruppen der Einzelhändler, Gastronomen, Schausteller stellte Büscher fest, dass alle in einem Boot säßen und man gemeinsam für das Lebensgefühl der Menschen arbeite. Gerade die Gastronomie habe in Hygienekonzepte viel investiert und müsse nun geschlossen bleiben, ergänzte Miriam Hannibal, Dehoga-Kreisgeschäftsführerin Paderborn-Höxter.

Auf die fast um die Hälfte nachgelassene Frequenz in der Fußgängerzone machte Uwe Seibel, Vorsitzender der Paderborner Werbegemeinschaft aufmerksam. Die Umsätze im Textileinzelhandel in der City seien auf 40 Prozent, der anderen Branchen auf 60 Prozent des vergleichbaren Vorjahreswertes zurückgegangen.

Dramatische Lage im Einzelhandel

Dramatisch nannte Carsten Linnemann die Situation im Einzelhandel. Die Innenstädte hätten nur eine Chance als Erlebnisstandort, der unter der Pandemie derzeit natürlich leide. Linnemann ging auf die außerordentliche Wirtschaftshilfe für November 2020 für besonders betroffene Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen des Finanzministeriums ein. Neben direkt betroffenen Unternehmen könnten auch indirekt betroffene Firmen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Betrieben erzielten, Hilfen erhalten. Als äußerst notwendig sähe Linnemann auch die Langfriststrategie an, wie das Leben mit Corona in Zukunft funktionieren soll.

Das Handwerk, so Peter Gödde, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, sei bisher mit einem blauen Auge durch die Pandemie gekommen, allerdings litten etwa das Nahrungsmittelgewerbe und die Unternehmen mit eigenem gastronomischen Angebot auch unter den aktuellen Schließungen. Er betonte, dass trotz aller Schwierigkeiten die Berufswahl für das kommende Ausbildungsjahr wichtig sei und daher die Berufsausbildungsmesse „Connect" als digitale Variante laufen soll.

Längerfristige Strategie

Heinz Thiele, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Paderborn, informierte darüber, dass 18 Prozent weniger Bewerber für Ausbildungsplätze sowie ein Fünftel weniger Ausbildungsstellen registriert worden seien. Optimistisch stimme jedoch, dass die Arbeitslosenzahlen seit drei Monaten zurück gingen. Über die Öffnung der Grundsicherung für Soloselbstständige berichtete Horst-Hermann Müller, Geschäftsführer des Jobcenters des Kreises Paderborn. Das Existenzminimum werde zwar gesichert, aber nicht immer der Lebensstandard, weil zur Prüfung der Bedürftigkeit auch Einkommen von Mitgliedern in der Bedarfsgemeinschaft in die Berechnung einbezogen werde.

Dass eine längerfristige Strategie auch für die Ausbildung nötig sei, stellte Anke Unger, Regionalgeschäftsführerin der DGB-Region OWL, fest. Wie auch die anderen Gewerkschaftsvertreter Konrad Jablonski, Geschäftsführer der IG-Metall Paderborn, und Martina Schu, Bezirksgeschäftsführerin Verdi OWL, mahnte Unger, dass die Corona-Pandemie nicht zur Armutsfalle von Menschen in Kurzarbeit, Soloselbstständigen, Minijobbern oder auch zum Beispiel Studierenden werden dürfe, deren Jobs und Arbeitsstellen pandemiebedingt weggebrochen seien. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Paderborn wies auf das aktuell eingerichtete Krisennetzwerk hin. Bei dem Netzwerk von Vertretern aus Handwerk, Industrie und Sozialverbänden stehe die Fortführung der Unternehmen im Fokus, es ermögliche aber auch eine Begleitung bei bevorstehenden Betriebseinstellungen.