Espelkamp. Fahrradfahren in Espelkamp – das Thema brennt in Espelkamp vielen Menschen unter den Nägeln. Gut 30 Leute hatten jetzt den Weg in das Bürgerhaus gefunden, wo der ADFC (Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club) zu einem Diskussionsabend eingeladen hatte. Viel mehr hätten unter Corona-Bedingungen auch gar nicht Platz gefunden.
In Zeiten von Klimawandel und Pedelecs sei das Radfahren immer beliebter geworden. „Das Radfahren hat den angenehmen Nebeneffekt, etwas für die eigene Gesundheit und den Schutz von Natur und Umwelt zu tun", sagte Andreas Sültrup vom ADFC.
Leider seien die Bedingungen für Radfahrer in Espelkamp nicht gerade optimal. Seit Monaten würde immer wieder geklagt, dass sie ohne Schutz zusammen mit dem Autoverkehr auf der Straße fahren müssen und die Autos viel zu eng an ihnen vorbeifahren. So manches Mal wüssten sie überhaupt nicht, wo sie herfahren können und dürfen.
"Ein neues Denken für den Stadtverkehr ist nötig"
„Wir haben lange Zeit die Städte für den Autoverkehr gemacht. Dabei tragen wir mit dem Autoverkehr zum Klimawandel bei und die Bewegungsfaulheit in Deutschland nimmt laufend zu. Wir müssen die Mobilität anpassen an die Bedürfnisse der Menschen", forderte Burkhard Witte, Vorsitzender des ADFC Minden-Lübbecke, in seinem Begrüßungswort. Anschließend zeigte ein kurzer Film, produziert von der Arbeitsgemeinschaft fußgängerfreundlicher Städte (AGS), wie sehr der heutige alltägliche Autoverkehr in der Stadt mit seinen Staus, Stress und Abgasen die Lebensqualität der Menschen beeinträchtigt.
Die Übermacht der Autos erdrücke förmlich die anderen Verkehrsteilnehmer. Es sei ein neues Denken für den Stadtverkehr nötig. Eine gesunde urbane Mobilität sei umweltschonend, fördere die Gesundheit sowie die Wohn- und Lebensqualität. Das Fazit des Trailers: „Die Verkehrsinfrastruktur von gestern kann nicht die Mobilität von morgen gestalten."
In der anschließenden „Meckerrunde" hatten die Besucher die Gelegenheit neuralgische Punkte für Radler in der Stadt zu benennen.
Autofahrer halten oft nicht den erforderlichen Abstand
Peter Snethlage wies auf die Fritz-Steding-Brücke und die Koloniestraße hin, wo Autofahrer die Radler überholen, obwohl Gegenverkehr herrsche. Florian Craig klagte, dass man als Radfahrer nicht ernst genommen wird. Oftmals hielten die Autofahrer nicht den erforderlichen Abstand von 1,50 Meter zu den Radfahrern ein, pflichtete ihm Karl-Heinz Tiemeyer bei.
Klare Markierungen wurden gefordert und bemängelt, dass es solche gerade auf der Koloniestraße nicht geben würde, die Andreas Sültrup aufgrund der Verschwenkungen als sehr problematisch bezeichnete. Viele Autofahrer seien es noch nicht gewohnt, dass die Radfahrer auf der Straße fahren, meinte Willy Hübert. Die Autofahrer müssten sich ändern. Hartmut Rüter meinte, dass die gegenseitige Rücksichtnahme besser geworden sei, aber längst noch nicht optimal.
Dass in Espelkamp einiges in Sachen Mobilität in Bewegung kommt, zeigte anschließend Thorsten Blauert auf. Der Fachbereichsleiter „Stadtentwicklung" erläuterte die Ausschreibung für ein neues Mobilitätskonzept. Dazu zählt, dass der Radverkehr auf die Straßen geführt wird – mit den Ausnahmen Isenstedter Straße, Beuthener Straße und General-Bishop-Straße in westlicher Richtung ab der Brücke.
ÖPNV soll lokales und regionales Rückgrat der Mobilität werden
Höchste Priorität genießen die Anbindung der Ortschaften mit Bürgerbus und Radwege sowie der Ausbau des ÖPNV mit Anschluss an überörtliche Ziele wie Minden und Osnabrück. Zusätzliche Angebote sollen den Menschen helfen, ihr Mobilitätsverhalten umweltschonender zu gestalten. Dazu gehören Ausbau und Verbesserung des Radwegenetzes sowie mehr Radabstellmöglichkeiten und eine möglichst große Sicherheit für Fahrradfahrer und Fußgänger.
Auch wenn auf dem Land für viele Menschen das Auto unverzichtbar bleiben werde, soll der ÖPNV das lokale und regionale Rückgrat der Mobilität werden, erläuterte Thorsten Blauert.
"Espelkamp soll Vorreiter vernetzter Mobilität werden"
Ziel des Konzeptes sei, dass sich Espelkamp zu einem Vorreiter der vernetzten Mobilität entwickele. Dazu gehöre auch der Mut zu neuen Lösungen, unterstrich er. Das Konzept soll eine Orientierung für die Mobilitätsausrichtung der kommenden 15 Jahre geben. Unabdingbar dabei sei, die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und an den Prozessen zu beteiligen.
Jan Weidner von der Lübbecker Initiative „Pro Fahrrad" berichtete anschließend über seine Erfahrungen mit dem „Rudelradeln". Bei der Aktion hat eine große Gruppe Radfahrer zusammen die Schwachstellen für Radler im Lübbecker Straßenverkehr aufgezeigt haben. „Wir arbeiten daran, das Radfahren zu stärken und den Radlern mehr Gewicht zu verleihen", unterstrich er und schlug eine Zusammenarbeit der aktiven Radfahrer beider Städte vor.