Lehren aus grausamen Krieg

Gedenken an den folgenreichsten und tödlichsten Bombenangriff im Kreis Höxter

Der Bahnhof Ottbergen sollte am 22. Februar 1945 zerstört werden. Am Ende sterben in dem Höxteraner Ortsteil 90 Menschen. Eine Gedenkstunde ist geplant.

Das Foto zeigt zwei durch den Bombenangriff beschädigte Häuser in der Hindenburgstraße. Im Vordergrund liegen Trümmer des Hauses Scheideler. | © Polizist Gnuse

13.02.2025 | 18.02.2025, 13:42

Ottbergen. Beim Bombenangriff am 22. Februar 1945 kamen in Ottbergen 90 Menschen zu Tode, viele wurden verletzt, Häuser zerstört. Eine Gedenkstunde erinnert am 80. Jahrestag an die Opfer. Die Veranstaltung findet am Samstag, 22. Februar, statt.

Sie beginnt um 14 Uhr am Tunneleingang am Lintrott/Ladestraße. Allein dort kamen 44 Menschen ums Leben, die Schutz vor der Bombardierung gesucht hatten.

„Sie dachten, sie seien an einem sicheren Ort“, lautet demnach auch der thematische Schwerpunkt der Gedenkveranstaltung, die Barbara Rüstemeier, Ortsausschussvorsitzende und Bernhard Föckel, Ortsheimatpfleger, mit Unterstützung des „Team Ottbergen“, gemeinsam konzipiert haben. Bevents Veranstaltungstechnik wird für Ton und Licht sorgen.

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Bewegender Bericht aus Höxter an den Sohn an der Front

An der ersten Station soll der bewegende Brief eines Ottbergers, der seinem Sohn an der Front von dem Angriff und den schrecklichen Verlusten berichtet, verlesen werden. Dann werden die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung weiter zum Friedhof ziehen. Hier erinnert ein Kreuz an die Opfer des Bombenangriffs. Mit der Niederlegung eines Kranzes werden sie gewürdigt.

Passend dazu: Ottbergen erinnert an die Opfer des Bombenangriffs von 1945

Während die Namen der Opfer verlesen werden, werden Jugendliche Blumen an den Grabsteinen ablegen. Minuten des Gedenkens und der Andacht werden von den Geistlichen Gunnar Wirth und Hans-Bernd Krismanek begleitet und vom Kirchenchor musikalisch umrahmt.

Platz für Gespräche und Gedanken

Auch Bürgermeister Daniel Hartmann ist bei der Gedenkstunde an einen der schrecklichsten Angriffe im Zweiten Weltkrieg im Kreis Höxter dabei. Er wird zu den Anwesenden sprechen. Abschließend ist eine Zusammenkunft im Bürgerhaus/Wiemers-Meyerschen Hof geplant. „Hier ist Platz für Gespräche und Gedanken. Zudem wird eine Ausstellung mit Bildern, Texten und anderen Exponaten an den Bombenangriff erinnern und zum Austausch anregen“, sagt Barbara Rüstemeier.

Auf dem Ottberger Friedhof trafen sich Barbara Rüstemeier (Ortsausschussvorsitzende, v. l.), Christin Güth, Katja Rikus, Katrin Schlüter, Simona Schlüter-Stockmeier ("Team Ottbergen") und Bernhard Föckel (Ortsheimatpfleger). Das Kreuz im Hintergrund erinnert an die Opfer des Zweiten Weltkrieges. - © Iris Spieker-Siebrecht
Auf dem Ottberger Friedhof trafen sich Barbara Rüstemeier (Ortsausschussvorsitzende, v. l.), Christin Güth, Katja Rikus, Katrin Schlüter, Simona Schlüter-Stockmeier ("Team Ottbergen") und Bernhard Föckel (Ortsheimatpfleger). Das Kreuz im Hintergrund erinnert an die Opfer des Zweiten Weltkrieges. | © Iris Spieker-Siebrecht

„Die Menschen, die im Tunnel auf so entsetzliche Weise ums Leben gekommen sind, wähnten sich an einem sicheren Ort“, sagt sie. Eine solche Zuflucht brauchten und suchten alle Menschen, auch heute. Das könne ein Haus, aber auch ein Mensch sein. „Wir laden alle zu dieser Gedenkveranstaltung ein und wünschen uns, dass viele den Weg der Erinnerung vom Unglücksort über den Friedhof bis zur Zusammenkunft im Bürgerhaus mit uns gehen“, sagte die Ortsausschussvorsitzende.

27 Kinder kamen binnen weniger Minuten ums Leben

Die Bombardierung auf Ottbergen gilt als einer der folgenreichsten Angriffe im Kreis Höxter während des Zweiten Weltkrieges. Als am 22. Februar 1945 gegen 14.10 die Sirenen vor der Luftwaffe warnten, flohen Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser am Sprung, der Hindenburgstraße und der Mittelstraße (die damals „Adolf-Hitler-Straße“ hieß), in die Bachunterführung, den „Tunnel“, der als sicher galt.

Genaue Details des Luftangriffs, die dem damals sehr wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Ottbergen galt, haben Zeitzeugen und Dokumente überliefert, in die Ortsheimatpfleger Bernhard Föckel Einblick gewährt.

Die Opfer des Bombenangriffs wurden in der Aula der Schule aufgebahrt. - © privat
Die Opfer des Bombenangriffs wurden in der Aula der Schule aufgebahrt. | © privat

40 B24-Bomber „Liberator“ und Tiefflieger der US-Amerikaner haben die Steinäckernsiedlung südlich der Bahnanlagen schwer beschädigt. 90 Menschen, darunter 27 Kinder, kamen binnen weniger Minuten ums Leben. Im Tunnel starben 44 Menschen, die Zuflucht gesucht hatten, als eine Bombe direkt am Eingang detonierte. Zehn Häuser in der Siedlung lagen in Schutt und Asche, etliche waren nicht mehr bewohnbar. Zwischen den Trümmern lagen Tote und Verletzte.

Menschen, die Dresden überlebten, starben in Höxter

Es brauchte Tage und die Hilfe Hunderter, um die Opfer zu suchen und zu bergen. Ein bekanntes Foto zeigt die aufgereihten Särge in der Turnhalle der Schule und macht die schreckliche Tatsache beklemmend deutlich, dass der Bombenteppich das „Ziel Bahnhof“ um 200 Meter verfehlte.

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Menschen, die den Bombenangriff auf Dresden überlebten, starben in Ottbergen. Heimkehrer aus der Gefangenschaft fanden weder Angehörige noch Haus wieder, ganze Familien wurden ausgelöscht, fast alle Dorfbewohner verloren Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn.

Erinnerung als Warnung vor Hass, Gewalt und Krieg

In Vergessenheit geraten ist dieser 22. Februar, dieser Schicksalstag, in Ottbergen nie. Gedenkveranstaltungen fanden zuerst jährlich, dann in etwas größeren zeitlichen Abständen statt.

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„Mit dem Krieg in der Ukraine und dem Erstarken der AfD ist es heute umso wichtiger, auf die Erinnerung als Warnung und Mahnung aufrechtzuerhalten. Hass, Gewalt und Krieg bedeuten am Ende unendliches Leid für alle Menschen“, macht Barbara Rüstemeier deutlich.