Gedenken an Schicksalstag

Luftangriff auf Höxter vor 80 Jahren: Schutzraum wird zur Todesfalle

Ottergen erinnert an den Bombenangriff vom 22. Februar 1945. Dabei starben 90 Menschen. Das Trauma sitzt noch immer tief.

Bürgermeister Daniel Hartmann, Ortsausschussvorsitzende Barbara Rüstemeier und Ortsheimatpfleger Bernhard Föckel eröffnen die Gedenkfeier. | © Burkhard Battran

Burkhard Battran
23.02.2025 | 23.02.2025, 13:46

Höxter-Ottbergen. Die 90 Opfer des verheerenden Bombenangriffs auf Ottbergen sind auch 80 Jahre nach dem Inferno nicht vergessen. Dafür legten mehr als 250 Besucher bei einer würdevoll gestalteten Gedenkfeier ein eindrucksvolles Bekenntnis ab. Sogar aus Hannover und Schleswig-Holstein.

Um 14 Uhr, zur selben Stunde, als vor 80 Jahren auch die Fliegerangriffe begonnen hatten, eröffnete jetzt die Ottberger Ortsausschussvorsitzende Barbara Rüstemeier die Gedenkstunde. „Der 22. Februar 1945 war ein ähnlich milder Tag wie heute, sogar noch etwas frühlingshafter“, sagte Ortsheimatpfleger Bernhard Föckel. Er hatte ein langes und ausführliches Zeitzeugendokument aus dem Ortsarchiv ausgesucht. Darin schildert der Überlebende Heinrich Billerbeck seinem an der Front befindlichen Sohn Josef in einem Brief die Einzelheiten des Bombenangriffs. Der Brief wurde von Maren Göllner aus dem Vorbereitungsteam verlesen.

Lesen Sie auch: Gedenken an den folgenreichsten und tödlichsten Bombenangriff im Kreis Höxter

Newsletter
Update zum Abend
Informiert bleiben mit täglichen News aus dem Kreis Höxter, OWL und der Welt.

„Es ist wichtig, dieses Datum lebendig zu halten“, sagte Föckel. Die Ortschaft Ottbergen hält das Datum nicht nur an Jahrestagen, sondern auch im Alltag lebendig. So gibt es auf dem Ottberger historischen Stadtspaziergang entlang der ehemaligen Ladestraße hinter dem Bahnhof auch eine Infotafel, die in Höhe des Mittelstellwerks auf den kleinen Tunnel hinweist – und auf das, was dort seinerzeit geschehen war.

Einer der folgenreichsten Angriffe im Kreis Höxter

40 B24-Bomber „Liberator“ und Tiefflieger der US-Amerikaner beschädigten damals die Steinäckernsiedlung südlich der Bahnanlagen schwer. 90 Menschen, darunter 27 Kinder, kamen binnen weniger Minuten ums Leben. Die Bombardierung auf Ottbergen gilt als einer der folgenreichsten Angriffe im Kreis Höxter während des Zweiten Weltkrieges.

Das könnte Sie interessieren: Zeitzeugin aus Höxter berichtet, wie ihre Kindheit im Bombenhagel unterging

Als am 22. Februar 1945 gegen 14.10 die Sirenen vor der Luftwaffe warnten, flohen Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser am Sprung, der Hindenburgstraße und der Mittelstraße (die damals „Adolf-Hitler-Straße“ hieß), in die Bachunterführung, den „Tunnel“, der als sicher galt.

Ein Schutztunnel unter den Gleisen wurde für 44 Menschen zur Todesfalle. Heute erinnert daran eine Tafel. - © Burkhard Battran
Ein Schutztunnel unter den Gleisen wurde für 44 Menschen zur Todesfalle. Heute erinnert daran eine Tafel. | © Burkhard Battran

Der Tunnel dient heute nur noch als kleine Gewässerunterquerung der Bahngleise. Damals hatten dort 44 Menschen Schutz vor dem Bombenhagel gesucht. Sie wurden alle getötet. Der Schutzraum wurde zur Todesfalle, denn das hauptsächlich Angriffsziel war der Eisenbahnknotenpunkt. Es war der schwerste Bombenangriff im gesamten Höxteraner Stadtgebiet.

Bürgermeister Daniel Hartmann schlug in seiner Ansprache eine Brücke zur Gegenwart. „Es ist unsere Pflicht, die Erinnerung an den Bombenangriff wachzuhalten, um zu verdeutlichen, was Krieg bedeutet“, sagte Hartmann. Nie wieder dürfe Hass die Oberhand gewinnen. Hartmann rief dazu auf, für Demokratie und Solidarität einzutreten. „Das Leid der Menschen in Ottbergen verpflichtet uns zur Wachsamkeit“, betonte Hartmann.

Gedenkstunde mit Verlesen der Namen der 90 Getöteten

Der 22. Februar 1945 ist bis heute ein Trauma der Ottberger Ortsgeschichte. Damals war Ottbergen so groß wie heute. Auf einen Schlag wurden 90 Menschen getötet, Hunderte verletzt und ein Großteil der Ortschaft dem Erdboden gleichgemacht. Auch die Papierfabrik war damals zerstört worden. Auch diesmal wurden beim Gedenken alle 90 Namen der damals getöteten Zivilbevölkerung von Schülerinnen und Schülern des Ortes verlesen.