
Höxter. Politiker aus Stadt und Kreis haben vor weiteren Verzögerungen beim Bau der neuen Bundesstraße 64/83 gewarnt. Grund ist die Ablehnung der Trassenführung durch die drei Naturschutzverbände BUND, NABU und Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LNU). Beim jüngsten nicht-öffentlichen Erörterungstermin in Godelheim hatten die Umweltverbände ihre Ablehnung des Straßenbauprojekts deutlich gemacht. Jetzt befürchten einige Politiker, dass die Naturschützer gegen das Straßenbauprojekt klagen könnten, wenn ihre Einwendungen bei den Planungen nicht berücksichtigt werden. Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, könnte sich der Bau erneut um Jahre verzögern.
Die drei Naturschutzverbände lehnen in ihrer Stellungnahme das Projekt in der derzeitigen Form ab. Die vorgelegten Planänderungen zum landschaftspflegerischen Begleitplan und zur artenschutzrechtlichen Prüfung bezeichnen sie als unzureichend. Zudem sehen die Naturschützer keinen Bedarf für einen Neubau. So seien im Jahr 2015 zwischen Brakel und Ottbergen 6.700 Fahrzeuge pro Tag gezählt worden, zwischen Ottbergen und der B 83 7.700 Fahrzeuge und zwischen Beverungen und Höxter 5.800 Fahrzeuge. Weder von der Verkehrsbelastung noch von der Entwicklung her sei ein Neubau begründet.
Gegen "optimierte Bahntrasse"
Die Verbände lehnen die sogenannte „optimierte Bahntrasse" ab, da die Trassenführung dieser Variante einschließlich der Neubautrasse der B 83 durch das Nethetal zu „massiven, nicht ausgleichbaren Beeinträchtigungen eines hoch schutzwürdigen Landschaftsraums führt." Betroffen seien insbesondere die FFH-Gebiete „Grundlose-Taubenborn" und „Netheaue", Flächen des regionalen und landesweiten Biotopverbundes sowie Lebensräume von Schlingnatter und Zauneidechse.
Die Naturschutzverbände befürworten stattdessen die sogenannte „modifizierte Bahntrasse" unter weitestgehender Nutzung der bestehenden B 64-Trasse. Ein Straßenneubau sei dann nur kleinräumig für die Ortsumgehungen von Godelheim und Ottbergen erforderlich. Ebenso könnte die B 83 weitgehend im Bestand geführt und erst nach der bestehenden Nethequerung in einem deutlich kürzeren Neubauabschnitt östlich an Godelheim vorbeigeführt werden.
"Wichtige Lebensader"
Landrat Friedhelm Spieker bezeichnete die B 64 als „wichtige Lebensader für unsere gesamte Wirtschaftsregion." Noch nie seien die Planungen so weit gewesen wie heute. Dabei seien auch die natur- und artenschutzfachlichen Belange umfänglich berücksichtigt worden. „Genau so wichtig sind mir die Belange der Menschen", betonte Spieker. „Deshalb darf der Lückenschluss nicht erneut ausgebremst werden, sondern muss schnellstmöglich umgesetzt werden." Eine gute Verkehrsanbindung sei für den Kreis Höxter ebenso existenziell wie der Breitbandausbau. Spieker korrigierte auch die Zahlen, die die Naturschutzverbände zu den Verkehrsbelastungen vorgelegt hatten. Statt 5.800 bis 7.770 Fahrzeuge am Tag seien bei der Verkehrszählung 2015 zwischen Godelheim und Höxter fast 13.000 Fahrzeuge gezählt worden. „Die Verkehrsbelastung ist also deutlich höher, als es die zitierten Zahlen nahelegen", so der Landrat.
„Bei allem Verständnis für die Belange der Naturschutzverbände halte ich es dringend für erforderlich, dass die Planungen für den Bau der Umgehungsstraße zügig fortgesetzt werden, um die notwendige Entlastung für die Anliegerinnen und Anlieger herbeiführen zu können", meinte Höxters Bürgermeister Alexander Fischer. Mit den Bemühungen, die Straßen NRW zum Beispiel für die Umsiedlung der Schlingnatter unternommen habe, seien bereits wichtige Zugeständnisse im Bereich Naturschutz gemacht worden.
"Mit falschen Zahlen gearbeitet"
Ähnlich wie der Landrat wirft der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase den Umweltverbänden vor, mit falschen Zahlen gearbeitet zu haben, um das Problem zu verharmlosen. „Nicht 5.000 oder 6.000 Fahrzeuge fahren jeden Tag durch Godelheim, sondern 12.800." Ihm fehle „langsam wirklich jegliches Verständnis", meinte er zu der Kritik der drei Verbände. „Bei noch keiner anderen Planung wurden die Wünsche von Naturschutzverbänden so stark einbezogen wie in dieser. Ich brauche nur das Stichwort Schlingnatter/Kammmolche zu sagen." Die B 64/83 als Hauptverkehrsachse müsse endlich ausgebaut werden, sie sei eine „wichtige Lebensader für unsere gesamte Wirtschaftsregion" und sei für Pendler und Lieferverkehr unerlässlich. Haase: „Es kann doch nicht sein, dass wir seit bald 60 Jahren auf 12,8 Kilometer Straße warten."
Auch der Landtagsabgeordnete Matthias Goeken (CDU) fordert, dass „Planung und Durchführung zügig vorangebracht" werden, damit die Situation für alle Verkehrsteilnehmer entschärft werde. Für den gesamten Kreis Höxter sei der Aus- und Umbau der B 64/83 besonders wichtig. Goeken: „Im Kreis Höxter habe wir keine Autobahnverbindung, die quer durch den Kreis Höxter führt. Somit ist die Bundesstraße die einzige direkte Verbindung zwischen den Städten Bad Driburg, Brakel und Höxter."
Delegation beim Verkehrsminister
Unterdessen hat die Bürgerinitiative „Pro B 64" mit einer neunköpfigen Delegation um ihren neuen Vorsitzenden Klaus-Dieter Leßmann beim nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Hendrik Wüst in Düsseldorf für einen baldigen Bau der B 64 geworben. In dem Gespräch mit dem Minister verwies Leßmann darauf, dass viele Bürger bereits den Glauben an den Bau der Straße verloren hätten. Der Verkehrsminister habe, so die Bürgerinitiative, dafür Verständnis gezeigt, aber auch deutlich gemacht, dass die Einwände von Bürgern ernst genommen werden müssten. In einer Demokratie gehöre dies dazu. Nach jetzigem Stand sei es aber möglich, dass alle Einwände gut abgearbeitet werden könnten, habe der Minister laut Pressemitteilung der Bürgerinitiative versichert.