Bünde. Im Stadtgebiet, zwischen Lübbecker Straße und Lettow-Vorbeck-Straße, hat sich mein schöner Fluss nur wenig verändert. Außerhalb prägen jetzt Radwege und Naturschutzgebiete das Landschaftsbild. Oftmals sah ich Angler entspannt am Wasser sitzen. Und während mein etwas älterer Freund S. gerade seinen Führerschein machte, wollte ich einen Fischereischein erwerben. Dazu traf man sich einmal die Woche im alten Sportlerheim am Erich-Martens-Stadion, büffelte sehr viel Theorie und übte von der Terrasse aus das Auswerfen der Ruten Richtung Rasen.
Eines Tages war es dann soweit. S. und ich fuhren mit dem Auto seines Vaters, seinem neuen Führerschein und meinem neuen Angelschein zur Else. Zwischen Lübbecker Straße und der Elsemühle suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen am Wasser. Ich überließ ihm eine der zwei Handangeln und zeigte ihm, wie man ein anständiges Vorfach zusammenmontiert. Die Maden flogen ins Wasser und wir lehnten uns ein wenig zurück und genossen den angenehmen Sommertag.
Angler erzählen mehr, als man hören will
Wer glaubt, mit einer Angel am Fluss könne man keine Abenteuer erleben, der täuscht sich gewaltig. Ein Mann kam vorbei, der sich ebenfalls dem Geschäft der Sportfischerei widmete. Ungefragt, also völlig typisch für einen Angler, gab er seine Geschichten zum Besten. Zwischen der Bismarck- und der Bahnhofstraße habe er einmal einen Hecht gefangen. Er hatte ihn einige Tage zuvor springen sehen und war entschlossen, ihn fangen zu müssen. Innerhalb von nur drei Minuten wurde der Raubfisch etwa einen Meter größer, das Blinkern anstrengender als olympisches Geräteturnen und der Drill dauerte ungefähr eine Woche ohne Schlaf. Mein Tipp: Die ganze Zeit so gucken, als ob man es glauben würde. Desto schneller hat man wieder seine Ruhe. Also zurück zum Nickerchen und angenehm unaufgeregten Gesprächen über Schule, Musik und Mädchen.
Die Pose zuckte plötzlich. Jetzt mit einem kurzen Ruck an der Rute anschlagen. „Da knabbert was", sagte ich zu S., der sein Nickerchen unterbrach und sofort neugierig bei der Sache war. Zack! Da zappelte er. Mein erster Fisch hing an der Angel. Vieles hat man uns in der Ausbildung beigebracht. Fische, die zu klein sind und die man einfach nicht für den Eigenbedarf benötigt, macht man vorsichtig wieder vom Haken los und wirft sie zurück ins Wasser. Aber auch: Man sollte nie einen Zackenbarsch mit bloßen Händen anfassen, sondern immer Handschuhe verwenden. Tausendmal hat man uns das gesagt. Also war das erste, was ich bei meinem ersten selbstgefangenen Fisch tat, einen Zackenbarsch ohne Handschuhe anzufassen. Heidewitzka! Das war nicht schön.
Und noch etwas hat man uns in der Ausbildung beigebracht: Der Angler kümmert sich in erster Linie auch um die Umwelt. Hierin besteht seine vornehmste Aufgabe. Er reinigt das Ufer, wenn er Verschmutzungen bemerkt. Er nimmt seinen und fremden Unrat mit, damit Wasservögel sich nicht in alten Schnüren verheddern und so weiter. Er hegt und pflegt das Gewässer und seine Biotope.
Der Sinn von Naturschutzgebieten
Dieses für alle Bürger sittliche Verhalten scheint bei den Menschen in Vergessenheit geraten zu sein, die noch cleverer sind als diejenigen, die mit blanken Händen an einen Zackenbarsch greifen. Was ist der Sinn von Naturschutzgebieten? Ganz klar! Alte Möbel gehören in den Doberg und Abwässer in die Else. Vor 30 Jahren war die Else sehr sauber und hatte eine hohe Wasserqualität. Mich würde interessieren, ob das heute noch genauso ist.
Als der Abend dämmerte, fuhren S. und ich mit zwei Fischen als Beute zurück, die ich für Rotaugen hielt. Wir warfen den Grill an und aßen die Tiere, die mehr aus Gräten bestanden als aus allem anderen. Doch jeder Angler wird mir bestätigen können: Kein Fisch schmeckt so gut wie einer, den man selbst gefangen hat.
Meine erste Angelausrüstung steht noch bei mir im Keller. Immer, wenn ich heutzutage Angler an der Else sehe, denke ich, dass man ja mal wieder angeln gehen könnte. Vermutlich geht es fast allen Sportfischern so, denen immer wieder der Alltag in die Entspannung störfunkt. Ich denke fast mit Vergnügen an den Schmerz zurück, den mir mein erster Fisch zufügte und daran, wie lecker ein selbstgefangener Fisch auf dem Grill schmeckt. Und zeitgleich fühle ich den Schmerz im Magen, wenn ich Kühlschränke im Doberg und leere Plastikflaschen in meinem geliebten Fluss sehe.