Bielefeld

Anti-Nazi-Demonstranten: Einsatz gegen Rechts hat sich gelohnt

Das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld befragte mehr als 1.000 Menschen 
zu den Ereignissen am 9. November mit einer Demo von Rechtsextremisten und der großen Gegenwehr

Am 9. November demonstrierten rund 14.000 Menschen gegen eine zeitgleiche Neonazi-Demo. Die Polizei trennte beide Gruppen wie hier am Niederwall, damit es nicht zu Zusammenstößen kommt. | © Barbara Franke (Archiv)

14.12.2019 | 15.12.2019, 14:34

Bielefeld. Eine Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld untersuchte die Wahrnehmungen und Erfahrungen von Demonstranten am 9. November.

Am Pogrom-Gedenktag hatte die Partei „Die Rechte NRW" zu einer Demo durch Bielefeld anlässlich des Geburtstags der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck aufgerufen. Etwa 230 Personen folgten diesem Aufruf und zogen auf einer von der Polizei genehmigten Strecke durch die Innenstadt.

"Ein Zeichen gegen Rechtsextremismus"

Den Rechtsextremisten stellten sich rund 14.000 Gegendemonstranten entgegen. Das IKG hat 1.025 Menschen dazu befragt, darunter 841 Gegendemo-Teilnehmer.

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Bielefeld: 14.000 Demonstranten pfeifen Neonazis aus der Stadt

Nahezu alle Befragten (97,2 Prozent) berichten, dass sie mit ihrer Teilnahme „ein Zeichen gegen Rechtsextremismus" setzen wollten. In dieser Signalwirkung bewerten sie die Demonstrationen als ebenso erfolgreich (87,7 Prozent) wie als starkes Zeichen „für ein buntes und weltoffenes Bielefeld" (90,3 Prozent).

Teilnehmer: Polizei-Einsatz weiterhin unangemessen

Für ihren Einsatz sah die Bielefelder Polizei sich im vergangenen Jahr teils heftiger Kritik ausgesetzt. Das Einsatzkonzept der Polizei anlässlich des Demonstrationsgeschehens am 9. November 2019 bewerten die Befragten zwar positiver als den Einsatz im Jahr 2018, üben aber weiterhin differenzierte Kritik.

Die Ergebnisse, darunter auch die systematische Auswertung offener Erfahrungsberichte, verdeutlichen, dass die Demonstranten sich durch das Auftreten der Polizei zwar insgesamt weniger stark eingeschüchtert fühlten (42,5 Prozent) als im vergangenen Jahr (64,6 Prozent), sie die Anzahl der eingesetzten Beamten (53,9 Prozent) und die von der Polizei verwendete Ausrüstung (72,4 Prozent) aber weiterhin als unangemessen beurteilen und viele die Polizei deshalb als nicht neutral erlebt haben.

9. November als Tag mit besonderer Bedeutung

Der öffentliche Diskurs im Vorfeld und am Tag des rechten Aufmarsches drehte sich auch um die Bedeutung des 9. Novembers als einen Tag des Gedenkens sowie die Entscheidung des Mindener Verwaltungsgerichts, die durch die Bielefelder Polizei erlassene Verbotsverfügung aufzuheben.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass für einen Großteil der Befragten (85,9 Prozent) der 9. November ein Tag von besonderer Bedeutung ist, den sie insbesondere mit dem Gedenken an den Beginn der Novemberpogrome 1938 und die Opfer des Nationalsozialismus verbinden.

Beim Gedenken eingeschränkt

In ihrer Möglichkeit eines angemessenen Gedenkens haben sich zwei Drittel der Demonstranten (66,9 Prozent) durch die Rechtsextremisten eingeschränkt gefühlt. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anlass des Aufmarsches und dem 9. November als Gedenktag sehen 95,1 Prozent der Befragten – ähnlich viele (90,5 Prozent) halten das Urteil des Mindener Verwaltungsgerichts, die Verbotsverfügung aufzuheben, für falsch.