Bielefeld. Eine Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld untersuchte die Wahrnehmungen und Erfahrungen von Demonstranten am 9. November.
Am Pogrom-Gedenktag hatte die Partei „Die Rechte NRW" zu einer Demo durch Bielefeld anlässlich des Geburtstags der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck aufgerufen. Etwa 230 Personen folgten diesem Aufruf und zogen auf einer von der Polizei genehmigten Strecke durch die Innenstadt.
"Ein Zeichen gegen Rechtsextremismus"
Den Rechtsextremisten stellten sich rund 14.000 Gegendemonstranten entgegen. Das IKG hat 1.025 Menschen dazu befragt, darunter 841 Gegendemo-Teilnehmer.
Nahezu alle Befragten (97,2 Prozent) berichten, dass sie mit ihrer Teilnahme „ein Zeichen gegen Rechtsextremismus" setzen wollten. In dieser Signalwirkung bewerten sie die Demonstrationen als ebenso erfolgreich (87,7 Prozent) wie als starkes Zeichen „für ein buntes und weltoffenes Bielefeld" (90,3 Prozent).
Teilnehmer: Polizei-Einsatz weiterhin unangemessen
Die Ergebnisse, darunter auch die systematische Auswertung offener Erfahrungsberichte, verdeutlichen, dass die Demonstranten sich durch das Auftreten der Polizei zwar insgesamt weniger stark eingeschüchtert fühlten (42,5 Prozent) als im vergangenen Jahr (64,6 Prozent), sie die Anzahl der eingesetzten Beamten (53,9 Prozent) und die von der Polizei verwendete Ausrüstung (72,4 Prozent) aber weiterhin als unangemessen beurteilen und viele die Polizei deshalb als nicht neutral erlebt haben.
9. November als Tag mit besonderer Bedeutung
Der öffentliche Diskurs im Vorfeld und am Tag des rechten Aufmarsches drehte sich auch um die Bedeutung des 9. Novembers als einen Tag des Gedenkens sowie die Entscheidung des Mindener Verwaltungsgerichts, die durch die Bielefelder Polizei erlassene Verbotsverfügung aufzuheben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass für einen Großteil der Befragten (85,9 Prozent) der 9. November ein Tag von besonderer Bedeutung ist, den sie insbesondere mit dem Gedenken an den Beginn der Novemberpogrome 1938 und die Opfer des Nationalsozialismus verbinden.
Beim Gedenken eingeschränkt
In ihrer Möglichkeit eines angemessenen Gedenkens haben sich zwei Drittel der Demonstranten (66,9 Prozent) durch die Rechtsextremisten eingeschränkt gefühlt. Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Anlass des Aufmarsches und dem 9. November als Gedenktag sehen 95,1 Prozent der Befragten – ähnlich viele (90,5 Prozent) halten das Urteil des Mindener Verwaltungsgerichts, die Verbotsverfügung aufzuheben, für falsch.