Osnabrück/Hannover (dpa/kthi). Nach einem Millionenschaden durch bundesweit 15 Geldautomatensprengungen haben Behörden aus Deutschland und den Niederlanden 23 mutmaßliche Täter ermittelt. Neun Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft, wie die Polizeidirektion Osnabrück am Donnerstag mitteilte. Die Geldautomaten wurden demnach allesamt im vergangenen Jahr gesprengt, betroffen waren Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Bayern.
Am Dienstag wurden drei Tatverdächtige bei Durchsuchungen in den Niederlanden festgenommen. Sie sitzen im Nachbarland in Untersuchungshaft, sollen nach Deutschland ausgeliefert werden. Sichergestellt wurden dabei über 20 elektronische Kommunikationsgeräte, zahlreiche Datenträger und Speichermedien, Täterbekleidung, Tatwerkzeug und Tatmittel, darunter ein Fahrzeug und Sprengutensilien.

"Wir bleiben dran und lassen nicht locker", sagte Michael Maßmann, Präsident der Polizeidirektion Osnabrück. "Wir müssen den Tätern generell die Anreize zu solchen Taten nehmen. Das kann neben intensiver Präventions- und Ermittlungsarbeit nur gelingen, wenn die Banken ihre Sicherheitsvorkehrungen und Standards optimieren – und zwar flächendeckend."
Vor rund eineinhalb Jahren begannen die Ermittlungen der Osnabrücker Strafverfolgungsbehörde gegen eine Gruppe aus Utrecht (Niederlande) wegen des Verdachts der Vorbereitung einer Sprengstoffexplosion sowie Verabredung zum Verbrechen. Ein 29 Jahre alter mutmaßlicher Täter bestellte unter dem Vorwand der künstlicheren Nutzung Geldautomaten in die Niederlande. Diese soll der Mann mit einem Komplizen genutzt haben, um die Sprengung zu trainieren. Deutsche und niederländische Behörden ermittelten daraufhin gemeinsam. Die Polizei in Osnabrück ermittelt unter anderem schwerpunktmäßig gegen besondere Diebstahl- und Betrugsdelikte.
Tatverdächtige meist aus den Niederlanden
Den Angaben zufolge wurden im vergangenen Jahr 414 Geldautomatensprengungen in Deutschland begangen - 19 Prozent mehr als noch 2019. Ein Großteil der Tatverdächtigen stamme aus den Niederlanden.
"Die Explosionen haben zum Teil eine solche Wucht, dass Leib und Leben von Anwohnern gefährdet werden. Die Täter, die oft aus den Niederlanden einreisen, werden immer skrupelloser", sagte Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU).
Dieser Fall belegt für Innenminister Boris Pistorius (SPD), "dass der europäische Ermittlungsansatz mit vernetzten Behörden, einheitlichen Standards beim Austausch relevanter Informationen und der starken EU-Agentur Europol ein wichtiger Weg der Kriminalitätsbekämpfung ist."
Der Minister betonte: "Ein Hauptgrund dafür, dass diese Taten vornehmlich in Deutschland von Tätern aus dem Ausland begangen werden, ist, dass die Geldautomaten in Deutschland im internationalen Vergleich schlechter geschützt sind. Hier Verbesserungen zu erreichen, wäre sehr lohnenswert." Die bislang eingesetzten Maßnahmen an den Geldautomaten seien nicht ausreichend, um Gas- oder Sprengangriffe zu verhindern oder zumindest zu erschweren.
Sprengungen auch in OWL
Erst am Mittwoch war in Löhne der Geldautomat einer Bankfiliale in der Innenstadt gesprengt worden. Der Geldautomat sowie der Kontoauszugdrucker wurden dabei beschädigt, ebenso das Gebäude selbst. Zwei bislang unbekannte Personen sollen laut einer Polizeisprecherin dafür verantwortlich sein. Der Kreis Herford ist aktuell von einer ganzen Serie von Sprengungen betroffen. Unter anderem in Bad Oeynhausen hatten Unbekannte im Sommer einen Geldautomat gesprengt. Anderer Kreis, ähnliches Bild: In Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh wurde ebenfalls ein Automat gesprengt. Diese beiden Taten stehen womöglich im Zusammenhang.
Mit den jetzt in den Niederlanden ermittelten mutmaßlichen Tätern haben die Sprengungen in OWL jedoch augenscheinlich nichts zu tun. Wie die Polizei mitteilte, waren in Nordrhein-Westfalen die Städte Selfkant, Köln, Aachen, Düsseldorf, Herzogenrath, Wachtendonk, Geldern und Alpen betroffen.