So viel Geld haben Geldautomatensprenger 2023 in Petershagen erbeutet

Petershagen. In den frühen Morgenstunden des 17. Oktober vergangenen Jahres wurden die Anwohner der Bahnhofstraße in Petershagen durch eine heftige Explosion aus dem Schlaf gerissen. Unbekannte Täter hatten die Geldautomaten der Hauptgeschäftsstelle der Volksbank gesprengt. Nur wenige Wochen später, am 10. November, erschütterte eine weitere Detonation die ländliche Gemeinde: Diesmal war die SB-Filiale am Brückenweg im Ortsteil Wasserstraße das Ziel. Ein Jahr nach den spektakulären Taten wurden nun erstmals die genauen Beträge bekannt, die die Täter erbeuteten oder zu erbeuten versuchten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld erklärt auf Anfrage des Mindener Tageblatts (MT), dass die Ermittlungen in beiden Fällen eingestellt wurden, da die Täter nicht ermittelt werden konnten. In beiden Fällen flüchteten die Unbekannten nach der Tat mit einem Fahrzeug in unbekannte Richtung. Staatsanwältin Kim Beatrix Simon teilt mit, dass bei der Sprengung an der Bahnhofstraße die Kriminellen Bargeld in Höhe von 141.470 Euro erbeuten konnten. &bdquo;Der durch die Sprengung entstandene Sachschaden wird auf ca. 450.000 Euro geschätzt.“ In Wasserstraße hatten die Täter weniger Erfolg: Obwohl sie den Geldautomaten zerstörten und einen Sachschaden von etwa 180.000 Euro anrichteten, konnten sie kein Geld erbeuten. Die Geldkassetten hatten sich verkantet und waren nicht zugänglich, heißt es von Simon. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen den beiden Taten gebe es nicht. Ein Standort wurde in einen sicheren Pavillon verlegt Die Sprengungen hatten erhebliche Auswirkungen auf die Bank und die Bargeldversorgung. Im Zuge der Instandsetzung hatten die Kunden aufgrund einer Vereinbarung mit der Sparkasse die Möglichkeit, dort gebührenfrei Geld abzuheben. Die Volksbank entschied, die SB-Filiale am Brückenweg in Wasserstraße nicht wiederzueröffnen. Stattdessen wurde auf dem Gelände der Raiffeisen-Tankstelle ein massiver Beton-Pavillon errichtet. Dieser neue Standort bietet einen Geldautomaten und ein SB-Terminal für Überweisungen und Kontoauszüge. Doppelt ärgerlich für die Bank und ihre Kunden war, dass der Umzug des Automaten in den besonders gesicherten Pavillon unter anderem aus Sicherheitsgründen längst beschlossene Sache war, als die SB-Filiale attackiert wurde, und der Umzug kurze Zeit später hätte passieren sollen. Mehr zum Thema: Geldautomat in gesprengt - Volksbank zieht in sicheren Pavillon &bdquo;Die zentrale Frage ist für uns, wie es möglich ist, einen Geldautomaten kundennah und gleichzeitig möglichst sicher aufzustellen“, erläutert Dennis Will, Pressesprecher der Volksbank in Ostwestfalen. &bdquo;Mit dem Pavillon sehen wir uns gut aufgestellt.“ Das kleine Gebäude aus Stahlbeton soll potenziellen Tätern das Eindringen erschweren und gleichzeitig die wichtige Bargeldversorgung für die Bewohner der Region sicherstellen. &bdquo;Die Kriminellen gehen bei diesen Taten immer rücksichtsloser vor und nehmen die Gefährdung von Menschenleben billigend in Kauf“, so Will. Alle Sprengungen verursachen massive Schäden an den Gebäuden und richten dabei einen hohen Schaden an, erklärt der Sprecher. &bdquo;Schwerer noch als der wirtschaftliche Aspekt wiegt die Sorge um Menschenleben: Gerade in Gebäuden mit Miet- bzw. Wohneinheiten kommt zusätzlich die Gefahr der Personenschäden hinzu“, sagt Will. Auch angesichts solcher Erwägungen habe sich die Bank entschieden, auf Pavillons zu setzen. So viel Geld befindet sich in einem Geldautomaten Die Hauptgeschäftsstelle an der Bahnhofstraße in Lahde, die bei der ersten Sprengung schwer beschädigt wurde, nahm nach umfangreichen Reparaturarbeiten im März 2024 wieder ihren Betrieb auf. Die Sicherheitsstandards der Geschäftsstelle seien nun im Zuge der Bauarbeiten weiter erhöht worden, teilte die Bank bei der Wiedereröffnung mit. Kunden stehen seitdem wieder zwei Geldautomaten mit zusätzlicher Einzahlfunktion sowie ein SB-Terminal zur Verfügung. Von der Sprengung in Lahde zeigte sich der damalige Pressespecher Andreas Kelch überrascht. Er berichtete, dass die Volksbank eng mit der Minden-Lübbecker Polizei und dem LKA zusammenarbeite. &bdquo;Für die Filiale in Lahde sahen die Experten eher eine niedrige Gefahr“, so der Sprecher. Kelch wollte sich damals auch nicht dazu äußern, ob in den Automaten bereits Farbpatronen installiert waren. Bei dieser Technik wird das Bargeld bei einer Sprengung eingefärbt und damit unbrauchbar gemacht. Die Sparkasse Minden-Lübbecke hat sämtliche Automaten schon damit ausgerüstet. Lesen Sie auch: Geldautomaten im Kreis Minden-Lübbecke gesprengt Die jetzt veröffentlichte Höhe der Beute beim Angriff auf die Hauptgeschäftsstelle wirft Fragen auf. Zwar mag die gestohlene Summe von über 140.000 Euro hoch erscheinen, doch hängt die im Automaten befindliche Geldmenge von verschiedenen Faktoren ab. Je nach Stückelung der Banknoten und Standort kann die Summe variieren. Sind die Geldkassetten mit 200-Euro-Scheinen bestückt, fällt die Beute für Diebe entsprechend höher aus. Grundsätzlich können Geldautomaten bis zu 2.800 Scheine fassen, wodurch theoretisch bis zu 500.000 Euro in einem Gerät stecken können. Experten zufolge liegt die realistische durchschnittliche Summe in einem Automaten jedoch zwischen 50.000 und 100.000 Euro. Da sich in der Filiale zwei Automaten befinden, bewegt sich die gestohlene Höhe also im Rahmen. Will möchte zu der gestohlenen Summe und ob diese versichert gewesen sei, keine Angaben machen. Volksbank mehrfach Ziel von Sprengungen Auffällig ist, dass es in der Region immer wieder die Volksbank traf. Bereits im Januar 2023 wurde die Mindener Filiale der Volksbank an der Königstraße Ziel von Automatensprengern. Hier entstand ein Sachschaden von 500.000 Euro. Die Täter wurden nicht gefasst, und die Polizei hat auch in diesem Fall die Ermittlungen eingestellt. Ob daraus der Rückschluss gezogen werden kann, dass die Sicherheitsmaßnahmen der Volksbank nicht so hoch sind wie die der Sparkasse, bleibt offen. Dennis Will von der Volksbank betont nun: &bdquo;Wir haben eine Reihe von Präventionsmaßnahmen wie Videoüberwachungssysteme, Einfärbesysteme für Geldscheine, Einbruchmeldeanlagen und Gas-Safe-Systeme oder Schließ-Stahlkonstruktionen.“ In den vergangenen Monaten und Jahren seien diese Sicherheitsmaßnahmen massiv verstärkt worden, auch in Zusammenarbeit mit dem LKA, versichert Will. Wichtig sei die Sicherheit der Kundschaft, Mitarbeitenden und Anwohnern, gleichzeitig aber auch, dass eine Bargeldversorgung in der Region gewährleistet sei. &bdquo;Wir stellen jedoch ebenfalls fest: Die Anzahl der Geldautomaten könnte in den nächsten Jahren perspektivisch kleiner werden, denn die Kunden setzen verstärkt auf digitale und mobile Lösungen für ihre Bankgeschäfte“, teilt Will mit. Die Sparkasse hingegen blieb in jüngster Zeit von erfolgreichen Sprengungen verschont. Es gab zwar im Oktober 2023 einen Sprengversuch im Werre-Park in Bad Oeynhausen, doch funktionierten dort die Sicherheitsmaßnahmen, und die Täter mussten ohne Beute flüchten. Lesen Sie auch: So sehen die Banknoten nach der Geldautomatensprenung aus Rückgang der Geldautomatensprengungen in NRW Während Petershagen vor einem Jahr im Fokus der Kriminellen stand, verzeichnet Nordrhein-Westfalen insgesamt einen deutlichen Rückgang bei Geldautomatensprengungen. Laut dem Landeskriminalamt wurden im Jahr 2024 bis zum 31. Oktober landesweit 32 Geldautomaten angegriffen, davon 19 erfolglose Versuche. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2015. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2023 im gleichen Zeitraum 134 Fälle, 2022 im gesamten Jahr sogar 182. In diesem Jahr kam es noch zu keiner Sprengung im Kreis Minden-Lübbecke. Insgesamt ist NRW am stärksten von den Sprengungen betroffen. Das liegt laut LKA NRW unter anderem an der Nähe zu den Niederlanden und an der Vielzahl von Tatgelegenheiten mit insgesamt mehr als 10.000 Geldautomaten. Laut BKA werden circa zwei Drittel der Angriffe auf Geldautomaten durch niederländische Tätergruppierungen verübt. Aufgrund der Grenznähe und der Länge der nordrhein-westfälischen Grenze zu den Niederlanden dürfte der Anteil in NRW laut LKA NRW eher höher sein. Während die Täter in den Jahren 2015 bis 2018 Geldautomaten fast ausschließlich mit Gas sprengten, stellt die Polizei seit 2019 vermehrt den Einsatz von Festsprengstoff fest, erklärt die Sprecherin. Im Jahr 2022 wurden laut LKA NRW bei circa 90 Prozent der Taten in NRW diese Explosivstoffe verwendet. Diese neue Vorgehensweise der Täter ist darauf zurückzuführen, dass nun nahezu alle Geldautomaten in Nordrhein-Westfalen gegen Gasangriffe gesichert sind, erklärt Sonja Rehmert, die Leiterin der Pressestelle der Polizei Bielefeld, bereits 2023. &bdquo;Daher änderten die Täter ihren Modus Operandi.“ Innenminister Reul freut sich über Entwicklung Die Polizei NRW hat die Angriffe auf Geldautomaten als &bdquo;strategisches Schwerpunktthema“ festgelegt und die Kompetenzen gebündelt. Seit Juni 2023 ist die Zuständigkeit bei den Ermittlungen auf die sechs Großbehörden der Polizei in Köln, Düsseldorf, Essen, Dortmund, Münster und Bielefeld gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen konzentriert. Durch die Bündelung von Kompetenzen und Spezialwissen soll eine &bdquo;Ermittlungsführung auf hohem Niveau“ in diesen &bdquo;komplexen Ermittlungsverfahren“ ermöglicht werden, erläutert Rehmert. In OWL ist also ausschließlich die Polizei Bielefeld für die Ermittlungen inklusive Spurensuche und -sicherung an den Tatorten nach Geldautomatensprengungen zuständig. Innenminister Herbert Reul führt die positive Entwicklung auf die verstärkte Polizeiarbeit und präventive Maßnahmen zurück. &bdquo;Dass die Sprenger immer öfter einen großen Bogen um NRW machen, ist keine glückliche Fügung, sondern auf die gute Arbeit der Polizei zurückzuführen“, erklärte Reul bezüglich der gesunkenen Zahlen. &bdquo;Mit kluger Analyse und noch klügeren Maßnahmen haben wir es geschafft, unsere Geldautomaten besser vor Angriffen zu schützen.“

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