Grundstückspreise in OWL rasant gestiegen - aber Trendwende droht

Bielefeld. Wohngrundstücke und Bauland haben sich im vergangenen Jahr in OWL erheblich verteuert - zum Teil in atemberaubendem Tempo mit zweistelligen prozentualen Zuwachsraten. Der "Gutachterausschuss für Bodenrichtwerte im Kreis Paderborn" zum Beispiel berichtet in seinem aktuellen Grundstücksmarktbericht, dass die Preise für Wohnbauland im Mittel um 20 bis 25 Prozent gestiegen seien. Dabei seien "Bodenrichtwerterhöhungen von über 50 Prozent sowohl im südlichen als auch im nördlichen Kreisgebiet" beobachtet worden. Die für jedermann online auf www.boris.nrw.de nachvollziehbare Entwicklung war nicht in allen Städten, Gemeinden und Wohngebieten gleichförmig, aber fast überall stark positiv: Im Kreis Herford, wo die Baulandpreise im Schnitt um 21 Prozent auf 160 Euro je Quadratmeter stiegen, ist von der "höchsten Steigerung, die wir bisher hatten" die Rede. In der Kreisstadt Herford sind die Quadratmeterpreise erwartungsgemäß am höchsten, besonders in Citylagen - allerdings blieben sie unverändert. Preise zwischen 1.400 (Gehrenberg) und 1.100 Euro (Alter Markt) waren auch schon im Vorjahr so registriert worden. Krasse Preissprünge in City von Minden - Bielefeld am teuersten Besonders krasse Preissprünge gab es hingegen im Stadtkern von Minden, wo etwa rund um Ritter- und Königsstraße eine Steigerung des Bodenrichtwertes um 88 Prozent von 160 auf 300 Euro festgestellt wurde - fast eine Verdoppelung. Aber auch in den Citylagen von Markt (plus 33 Prozent auf 600 Euro) und Scharn (plus 55 Prozent auf 850 Euro) gab es markante Erhöhungen des Bodenwerts. Ein Plus von durchschnittlich 14,7 Prozent meldete der Gutachterausschuss des Kreises Gütersloh für Wohngrundstücke. Die Stadt Gütersloh bietet dabei einige der teuersten Wohnlagen der Region: Am Stadtpark zwischen Parkstraße und Emilienstraße etwa kletterten die Bodenrichtwerte um 17 Prozent von 600 auf 700 Euro pro Quadratmeter. Vergleichbare Preise werden sonst nur noch in Bielefeld aufgerufen, etwa im Musikerviertel am Hang des Teutoburger Waldes mit seiner gediegenen Villenbebauung: Hier stiegen die Quadratmeterpreise um gut 7 Prozent von 650 auf 700 Euro. Bielefeld dürfte im City-Bereich auch das teuerste Pflaster von Ostwestfalen-Lippe überhaupt bieten: Der Grund und Boden rund um Bahnhofsstraße, Jahnplatz und Niedernstraße wird mit Bodenrichtwerten von 7.100 bis 7.700 Euro pro Quadratmeter taxiert. Sinkende Bodenpreise bisher nur in Einzelfällen In vielen der kleineren Städte und Gemeinden etwa in den Kreisen Lippe und Höxter blieb es gebietsweise bei stabilen Preisen oder nur moderaten Preissteigerungen im einstelligen prozentualen Bereich. Aber auch hier wurden mancherorts kräftige Ausreißer notiert: In Blomberg zum Beispiel - in dem großen Wohnviertel rund um die Reinickendorfer Straße - stiegen die Bodenpreise um markante 30 Prozent von 100 auf 130 Euro im Schnitt. Vergleichbare Steigerungen wurden rund um den Kurpark von Bad Salzuflen notiert. Mit der Größe der Städte steigt aber in allen Kreisen in der Regel das Preisniveau. Stolze Preise werden etwa in der Langen Straße der Detmolder City aufgerufen, der Boden-Richtwert stieg hier um 22,5 Prozent von 1.550 auf 1.900 Euro. Aber auch in "normalen" Wohnlagen gab es deutliche Steigerungen - zwischen Gretchen- und Siegfriedstraße in Detmold etwa um 21 Prozent von 240 auf 290 Euro pro Quadratmeter. Sinkende Bodenpreise werden nur in Einzelfällen registriert und dürften von speziellen örtlichen oder individuellen Gegebenheiten abhängen. Beispiel Greitelerweg in Paderborn: Im westlichen Teil der Straße ist der Richtwert um mehr als zehn Prozent von 600 Euro auf stolze 670 Euro gestiegen - ähnlich wie in vielen anderen Bereichen der Großstadt, deren teuerste Immobilien in der City (Westernstraße) inzwischen Richtwerte von 2.000 Euro erreichen. Im östlichen Teil des Greitelerweges aber ist der Quadratmeterpreis leicht von 590 auf 580 Euro gesunken. Ein Ausreißer? Rainer Ahmann vom Gutachterausschuss der Stadt Paderborn verweist auf einen einzelnen Kaufvorgang mit niedrigerem Preis, der hier berücksichtigt werden musste. Experten warnen vor grundlegender Wende durch Zinssteigerungen Grundsätzlich können die Richtwerte auch auf Zufälligkeiten beruhen. Denn die zehn Gutachterausschüsse der Region OWL - neben den sechs Kreisen und der kreisfreien Stadt Bielefeld haben auch die Städte Paderborn, Gütersloh und Minden eigene Gutachterausschüsse - ermitteln die Bodenrichtwerte durch eine Analyse aller in einem Jahr abgeschlossenen Immobilienverkäufe. Es ist naheliegend, dass hier und dort Einflüsse zum Tragen kommen, die das Marktgeschehen überlagern. Das dürfte erst Recht dann gelten, wenn in einem bestimmten Jahr in einem Gebiet nur wenige Verkäufe registriert wurden. Gab es gar keine Verkaufsfälle, müssen die Richtwerte anhand benachbarter oder ähnlich strukturierter Gebiete geschätzt werden. Unterdessen warnen Experten davor, dass sich das Marktgeschehen in naher Zukunft grundlegend umkehren könnte: Es stehe eine "Zeitenwende" bevor, bei der die Preise im ungünstigen Fall sogar um bis zu 25 Prozent einbrechen könnten, warnt die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zum Beispiel. Ein Grund sei der dramatische Anstieg der Baukredite auf 2,5 bis über 3,0 Prozent. Dies "bedeutet eine massive Verteuerung der Finanzierung und führt zu kräftigem Gegenwind für die Preise", sagt LBBW-Immobilienexperte Martin Güth. 2022 könnten die Preise noch etwas zulegen - im ersten Quartal hätten sich Wohnimmobilien in Deutschland bereits um 10,7 Prozent verteuert. Ab 2023 seien dann Rückgänge um zwei bis vier Prozent möglich. "Das Risiko einer kräftigen Preiskorrektur sehe ich vor allem für den Fall, dass die Zinsen weiter kräftig steigen, während die Wirtschaft nicht vom Fleck kommt", so Güth. Dann dürften Preisrückgänge von 20 bis 25 Prozent möglich sein.

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