
Bielefeld/Herford. Möbelhersteller leiden zunehmend unter Engpässen bei der Versorgung mit Materialien und Zulieferprodukten. Die Produktionsplanung werde dadurch stark beeinträchtigt, stellt der Möbelindustrieverband VDM unter Berufung auf eine aktuelle Umfrage fest: „Diese Engpässe führen zu einer erheblichen Störung der Wertschöpfungs- und Logistikprozesse", erklärte VDM-Geschäftsführer Jan Kurth. Auch verlängerte Lieferzeiten sind demnach eine Folge.
Knapp seien zum Beispiel Spanplatten: „Von den Lieferanten werden vereinbarte Mengen kurzfristig gekürzt, verschoben oder ganz abgesagt", beklagt Kurth. Ostwestfälische Unternehmen bestätigen die Probleme. Nolte Küchen in Löhne etwa, einer der großen deutschen Küchenhersteller, beobachtet seit Wochen eine Verknappung bei Holzwerkstoffen.
Für die Endverbraucher steigen die Preise derzeit nicht
Weil die Nachfrage das Angebot derzeit übersteige, gebe es bei diesen Vorprodukten deutliche Preissteigerungen, so Nolte-Geschäftsführer Manfred Wippermann. Bei den Endverbrauchern komme der Preisauftrieb allerdings kaum an, weil die Preise mittelfristig vereinbart würden und Steigerungen angesichts des Lockdowns nicht durchsetzbar seien.
Wie VDM-Geschäftsführer Kurth betont, gibt es auch bei Metallteilen, Beschlägen und Funktionselementen sowie bei Polstermaterialien wie Schäumen, Stoffen oder Leder akute Lieferschwierigkeiten. Selbst Verpackungsmaterialien und Transportkapazitäten seien knapp.
Ein großer ostwestfälischer Möbelzulieferer bestätigt das Umfrageergebnis etwa im Hinblick auf Stahlprodukte: Trotz der globalen Pandemie gebe es einen verschärften Wettbewerb um Stahl, „die Preise gehen hoch".
Fichtenholz mangels Qualität nicht beliebig einsetzbar
Die Frage, warum es mitten in der coronabedingten Wirtschaftsflaute zu Knappheiten bei Rohstoffen und Vorprodukten kommt, scheint hingegen nicht so einfach zu beantworten zu sein. Bei den Holzwerkstoffen kommt hinzu, dass es durch die Borkenkäferplage eigentlich ein Überangebot an Fichtenholz gibt – Holz, das auch in Spanplatten Verwendung findet.
Für die in der Branche kursierenden Spekulationen, dass Lieferanten ihre Produktion herunterfahren, um die Preise zu stützen, gibt es andererseits keine klaren Anhaltspunkte.
Frank Müller vom Verband der Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung (VHK) in Herford macht das Zusammenwirken verschiedener Faktoren für die Lage verantwortlich: So sei das angebotene Fichtenholz mangels Qualität oft nicht universell einsetzbar. Durch Umstellungen in der Produktion der Spanplattenhersteller soll es zudem auch an Kapazitäten für die Weiterverarbeitung mangeln.
Lieferketten durch Produktionsausfälle und Verunsicherung gestört
Generell seien die Lieferketten durch örtliche Produktionsausfälle und die Verunsicherung durch die Corona-Pandemie gestört. Gerate einmal Sand ins Getriebe, könne das System zum Stehen kommen, so Müller.
Lieferkettenprobleme gebe es nicht nur im Metallbereich, sondern auch bei Leimen oder Leder, wo viele Rohstoffe aus amerikanischer Produktion stammten. Für Ungleichgewichte auf den Märkten sorge auch die Tatsache, dass die Krise in Europa anhalte, während die Wirtschaft in den USA und vor allem China längst wieder laufe.