
Paderborn. Die Situation beim Paderborner Auto-Zulieferer Benteler Automotive hat etwas vom Tag nach dem Domino-Day. Der erste Stein ist gekippt, hat im berühmt-berüchtigten Domino-Effekt sämtliche anderen mitgerissen. Jetzt liegt alles am Boden – und Robin Delius ist derjenige, der alles wieder aufstellen muss.
Als „Vice President Supply Chain Management" ist er zuständig für die Logistik – derzeit wohl einer der schwierigsten Jobs. Im Moment geht es hier eher um „Krisenmanagement", erklärt er. Benteler Automotive beliefert 80 Automobilhersteller und greift selbst auf rund 4.000 Lieferanten zurück. „Die Schwierigkeit liegt in den verschiedenen Länderregularien", erklärt Delius. „Man muss herausfinden, welche Lieferanten ab wann theoretisch wieder liefern könnten und so die Kette rückwärts wieder bis zum Kunden hochspielen."
Die Situation ist noch immer ziemlich wacklig
Seit Ende April fährt Benteler Automotive seine Werke Zug um Zug wieder hoch, die Kunden seien inzwischen wieder so weit, dass sie „zumindest für die nächsten zwei bis drei Wochen" abschätzen könnten, wie sie produzieren wollen. In den USA sieht das ganz anders aus. Hier ist man stark abhängig von den Zulieferern aus Mexiko. Und dort ist die Produktion gerade erst vollständig heruntergefahren worden.
Ohnehin ist die derzeitige Situation nach wie vor wacklig. „Auch bei uns kann es jederzeit bei steigenden Infizierten-Zahlen wieder zu strengeren Maßnahmen kommen, von Grenzschließungen bis zur vorübergehenden Schließung von Produktionsstätten."
Stabile Situation erst im Juni, aber nicht auf Vor-Corona-Niveau
Auch deshalb ist er vorsichtig, was die Fortschritte in den kommenden Wochen angeht. Viele Automobilhersteller gingen davon aus, dass sie im Sommer wieder auf einem Vor-Corona-Niveau produzierten. „Ich bin skeptisch", sagt Delius. Durch das Herunterfahren des öffentlichen Lebens sei die Nachfrage zurückgegangen.
Die meisten Analysten gingen von einer Abkühlung von zehn bis 20 Prozent aus. „Zudem können auch die Automobilhersteller die Produktion nicht so hochfahren, wie sie diese vor ein paar Wochen runtergefahren haben, denn es müssen sämtliche Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter gewährleistet werden."
Delius rechnet damit, dass Ende Juni ein stabiles Niveau erreicht ist. „Aber nicht auf Vor-Corona-Niveau."