Politik

Wahl-Countdown: Instagram-User finden eine Wahlrechtsreform wichtig

Was sind die Pläne der Politik bei diesem Thema? Wir stellen die Positionen auf Basis der Informationen von Parteien und Spitzenkandidaten vor.

Dies war eine der Fragen, die unsere Instagram-Follower besonders beschäftigt. | © Pixabay (Symbolbild) / Montage NW

Talin Dilsizyan
07.09.2021 | 24.09.2021, 16:29

Bielefeld. Es sind weniger als drei Wochen bis zum Wahlsonntag. Das erste Triell hat stattgefunden. Aber viele Themen, die Wähler beschäftigen, sind von Parteien und Spitzenkandidaten teils nur kurz skizziert oder gar nicht angesprochen worden. "Welche Frage zur künftigen Politik beschäftigt Euch am meisten?" Zahlreiche Rückmeldungen haben wir dazu auf dem NW-Instagram-Kanal @nw.de erhalten. Hier fassen wir die Informationen zum Thema Wahlrechtsreform zusammen.

"Wie ist die Position der Parteien zur Wahlrechtsreform?"

CDU/CSU
Zur Reform der Wahlen zum deutschen Bundestag äußert sich die Union im "Programm für Stabilität und Erneuerung" nicht. Stattdessen beschäftigt sich das Programm mit der Europawahl: "Wir setzen uns für die Einführung eines europäischen Wahlrechts mit einer Sperrklausel zur nächsten Europawahl ein. Für ein arbeitsfähiges Parlament darf es keine Zersplitterung des Parlaments durch Kleinstparteien geben." Union und SPD hatten sich im Zuge der beschlossenen Wahlrechtsreform auch darauf verständigt, dass für die zweite Stufe eine Reformkommission zusammenkommen soll, die bis 30. Juni 2023 nicht nur Vorschläge zur stärkeren Begrenzung der Abgeordnetenzahl sondern auch zur Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre und zur gleichberechtigten Verteilung von Sitzen zwischen Frauen und Männern machen sollte. Diese Kommission ist bisher nicht zusammengetreten.

SPD

Im "Zukunftsprogramm" finden sich keine Hinweise mit einer Lösung, um die Sitze des Bundestages nach Wahlen zu reduzieren. Im Parteiorgan Vorwärts stellt die Partei nach dem Scheitern des Eilantrags der Oppositionsparteien gegen die Wahlrechtsreform fest, dass sie sich bestätigt sieht,  "die nicht auszugleichenden Überhangmandate auf drei zu beschränken." Wie die Abgeordnete und Justiziarin Sonja Steffen erläutert, habe "die SPD während des Reformprozesses immer wieder betont und dafür gesorgt, dass die nicht auszugleichenden Überhangmandate sich auf die Anzahl 'drei' beschränken und nicht höher liegen, wie von der Union gefordert."

Die bisherigen Regelungen seien nur ein Zwischenschritt. "Mit einer umfassenden Reform wird sich die eingesetzte Kommission zur Reform des Bundeswahlrechts und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit befassen, um ein Wahlrecht zu schaffen, dass den Anforderungen an die Normenklarkeit, der Chancengleichheit der Parteien und vor allem dem Willen der Wähler*innen gebührend Rechnung trägt."

Grüne
Im Bundestagswahlprogramm der Grünen - das mit 258 Seiten ausführlichste - gibt es auch Hinweise zur Reform des Wahlrechts. Die Partei setzt sich "für eine Wahlrechtsreform ein, die das Parlament deutlich verkleinert, unter anderem durch die Reduzierung von Wahlkreisen, die außerdem fair und verfassungsgemäß ist, und bei der jede Stimme gleich viel wert ist". Die Grünen setzen sich dabei unter anderem ebenso "für eine Verlängerung der Legislaturperiode" ein.

Es solle geprüft werden, ob die Amtszeit einer Bundeskanzlerin oder eines -kanzlers begrenzt werden könne. Ideen für eine Verbesserung der Arbeit der Legislative sind etwa, dass "die Sitzungen der Fachausschüsse in der Regel öffentlich stattfinden und gestreamt werden" sollen und die Abgeordneten über ein Akteneinsichtsrecht ihre Kontrollfunktion gegenüber der Regierung besser wahrnehmen können. "Komplexe Gesetzgebungsverfahren wollen wir verständlicher machen, indem Textgegenüberstellungen der Gesetzesänderungen öffentlich gemacht werden."

Die Bielefelder Bundestagsabgeordnete und Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Britta Haßelmann,  erläutert Anfang September auf ihrer Facebook-Seite, dass der nächste Bundestag wahrscheinlich über 900 Abgeordnete haben könne, und bezeichnet die von der GroKo beschlossene Wahlrechtsreform als "absolutes Armutszeugnis" und "Debakel" mit Ansage.

FDP

Im Dokument unter dem Motto "Nie gab es mehr zu tun." erklärt die FDP, dass sie "einen immer weiter wachsenden Deutschen Bundestag verhindern" will. Die Liberalen schlagen vor, "die Anzahl der Wahlkreise und damit der Direktmandate auf 250 zu beschränken." So werde die Wahrscheinlichkeit von Überhangmandaten verhindert. "Außerdem wollen wir das sogenannte Mindestsitzzahlverfahren abschaffen, weil es zu einer erheblichen Vergrößerung des Deutschen Bundestags führen kann." Keinesfalls angetastet werden solle "der Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel zählt."

Aus Sicht der Partei und ihres Spitzenkandidaten Christian Lindner sind "Teile des neuen Wahlrechts verfassungswidrig". Es schanze def Union durch "unausgeglichene Überhangmandate" einen Mandatsbonus zu. Zudem sei es so schlecht formuliert, dass nicht klar sei, wie aus einem konkreten Wahlergebnis eine konkrete Zusammensetzung des Bundestages abzuleiten sei. "Wir brauchen ein Wahlrecht, das fair und verfassungsfest ist", fordert Lindner.

Linke
Die Linke sieht in ihrem Programm Handlungsbedarf, was das Alter angeht, das die politische Partizipation in Deutschland erlaubt. Sie setzt sich "für eine Absenkung des Wahlalters in allen demokratischen Entscheidungsprozessen auf europäischer, Bundes-, Länder- und Kommunalebene auf 14 Jahre ein. Das schließt das Wahlrecht für langfristig hier lebende Migrant*innen ein." Zur Frage, ob der Bundestag verkleinert werden müsse, äußert sich die Partei in dem Dokument nicht. Anfang Februar hatte die Linke zusammen mit FDP und Grünen eine abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht gegen die von CDU/CSU und SPD beschlossene Wahlrechtsreform eingereicht.

Aus Sicht der Linken "schaffen sich CDU und CSU einen Sonderbonus". Friedrich Straetmanns führt aus: „Bisher wurde das Wahlrecht stets mit einer breiten Mehrheit beschlossen. Beim ersten Bruch mit dieser Tradition schaffen sich CDU und CSU einen Bonus, indem drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden sollen. Im schlimmsten Fall entscheidet das über eine Regierungsmehrheit."

AfD

Die AfD kritisiert in ihrem Programm unter dem Motto "Deutschland. Aber normal." die im Oktober 2020 umgesetzte Wahlrechtsreform der Regierungsparteien. Sie entspreche "nicht der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Reform der Wahl zum Bundestag". Ziel der Partei ist "eine demokratischere Gestaltung des Wahlsystems", die "dem Wähler die Entscheidung über die personelle Zusammensetzung der Parlamente" zurückgibt. "Deshalb treten wir für die 'freie Listenwahl' ein, mit der Möglichkeit des Kumulierens, Panaschierens und Streichens von Kandidaten." Die AfD strebt an, "den Bundestag um etwa die Hälfte zu verkleinern".

INFORMATION


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