Berlin (epd/AFP/rtr). Bund und Länder wollen die Priorisierungen für Covid-19-Impfungen spätestens im Juni aufheben. Sie gehe davon aus, dass Personen aus der Priorisierungsgruppe 3 im Laufe des Monats Mai eine Erstimpfung erhalten, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin nach Beratungen mit den Regierungschefs der Länder. Das ist die letzte Gruppe, die bei den Impfungen vorgezogen wird. Spätestens im Juni könne sich dann jeder um einen Impftermin bemühen, sagte Merkel. Auch Betriebsärzte sollen dann einbezogen werden. Von welchen Beschränkungen vollständig Geimpfte künftig ausgenommen werden, entschieden Bund und Länder noch nicht.
In Deutschland hat nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bis einschließlich Sonntag fast jeder vierte Einwohner (23,4 Prozent) eine erste Corona-Impfung erhalten, insgesamt sind das rund 19,5 Millionen Menschen. Knapp sechs Millionen Menschen (7,2 Prozent der Bevölkerung) haben auch bereits die Zweitimpfung bekommen und sind damit vollständig immunisiert. Im Mai soll ein Drittel der Bevölkerung laut Bundesgesundheitsministerium mindestens einmal geimpft worden sein.
Vonseiten der Impfstoff-Hersteller wurden für das zweite Quartal insgesamt 80 Millionen Impfdosen zugesagt, davon 50 Millionen von Biontech/Pfizer, wie Merkel sagte. Die Kanzlerin stellte auch in Aussicht, dass sich die Bundesrepublik gegebenenfalls um den russischen Impfstoff Sputnik V bemühen werde, da es dafür keine europaweite Bestellung geben werde. Voraussetzung dafür sei aber die Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Die Unterlagen vonseiten des Herstellern seien dafür noch nicht vollständig, sagte Merkel. Eine Bestellung von Sputnik V hat nach ihren Worten nur dann Sinn, wenn sie bald erfolgen könne. Später sei genügend Impfstoff anderer Hersteller vorhanden.
Keine Quarantäne mehr für Geimpfte
Mit der steigenden Zahl der Impfungen wurden in den vergangenen Tagen Forderungen lauter, Geimpfte von den Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auszunehmen. Merkel verwies auf Erkenntnisse des RKI, wonach zwei Wochen nach der zweiten Impfung kaum noch Ansteckungsgefahr von Immunisierten ausgeht. Das gleiche gelte für Genesene, deren Corona-Infektion nicht länger als ein halbes Jahr zurückliegt oder die zumindest eine erste Impfung erhalten haben.
Klar sei, dass diese Personen nicht mehr in Quarantäne müssten, wenn sie zu Infizierten Kontakt hatten, sagte Merkel. Zudem müssten sie sich nicht testen lassen für bestimmte Bereiche, in denen das erforderlich ist, beispielsweise beim Friseur oder Einkauf, sagte Merkel.
Laschet: NRW-Impftempo jetzt wie in den USA
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende Armin Laschet äußerte sich vorsichtig optimistisch zum weiteren Verlauf der Corona-Pandemie. "Das Licht am Ende des Tunnels wird heller", sagte Laschet. Dies sei etwas, worauf viele, viele Wochen hingearbeitet worden sei.
Laschet nannte es "sachgerecht", wie nun geplant im Juni die Priorisierung bei den Impfungen aufzugeben. Dann könnten auch viele derjenigen geimpft werden, die in den vergangenen Monaten große Opfer gebracht haben. Dabei nannte Laschet etwa Verkäufer in Supermärkten, die sich einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt hätten.
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Das Impftempo im bevölkerungsreichsten Bundesland erreicht seinen Angaben zufolge inzwischen das der USA. An diesem Mittwoch werde aller Voraussicht nach an nur einem einzigen Tag rund ein Prozent der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen geimpft. „Das ist ein Tempo wie in den USA." Das zeige, die Organisation und Infrastruktur in NRW funktionierten bestens. „Wir brauchen bloß genug Impfstoff und der wird in den nächsten Wochen weiter in großem Umfang zur Verfügung stehen, so dass wir bis zum Sommer dieses Tempo beibehalten können".
Spahn: "Bundesrat entscheidet am 28. Mai"
Offen blieb beim Meinungsaustausch zwischen Bund und Ländern die Frage, welche weiteren Grundrechte Geimpfte gegenüber Nichtgeimpften wieder genießen können. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), verwies etwa auf die Ausgangssperre. Sie sei ein erheblicher Eingriff in Grundrechte, sagte er. Merkel zufolge soll die Diskussion zunächst weitergehen, die konkreten Regelungen sollten sich dann in einer Verordnung zum Infektionsschutzgesetz niederschlagen, über die Bundestag und Bundesrat entscheiden müssten.
In der ARD sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montagabend, dass die Bundesregierung kommende Woche einen Vorschlag darüber vorlegen werde, welche Rechte Geimpfte künftig haben sollen. "Der Bundesrat wird dazu am 28. Mai final entscheiden", fügt der CDU-Politiker mit Hinweis auf die Verordnung an, der Bundestag und Länderkammer zustimmen müssen.
Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) sprach sich für mehr Freiheiten für Geimpfte aus, betonte aber auch, daraus leiteten sich keine Anspruchsrechte ab. Das Schwimmbad müsse nicht eigens für Geimpfte öffnen, sagte er. Merkel mahnte, es werde noch einen relevanten Teil nicht geimpfter Menschen geben. „Wir werden in eine Übergangsphase kommen, die nicht einfach wird", sagte sie.