Kreis Paderborn. Sie fühlen sich im Stich gelassen: Die Städte und Gemeinden im Kreis Paderborn sowie die Kreisverwaltung fordern vom Land NRW eine neue Verteilung der Steuergelder zwischen Kommunen und der Landesverwaltung. Das Problem: Die Volumen der Haushalte nehmen immer mehr zu, Kosten steigen eklatant. Und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Ihre Forderungen haben Landrat und Bürgermeister am 19. September persönlich an Ina Scharrenbach (CDU), NRW-Kommunalministerin, bei einem Treffen am Flughafen Paderborn/Lippstadt übergeben. Das Treffen hat die Kreisverwaltung in einer Mitteilung nun öffentlich gemacht.
Der Kreis Paderborn und seine zehn angehörigen Städte und Gemeinden fordern finanzielle Entlastung beim Land NRW und formulieren in einem Positionspapier konkreten Handlungsbedarf. „Die Kosten für den Kreis Paderborn sind in den vergangenen Jahren eklatant gestiegen. So geht das nicht weiter. Die Kommunen sind durch die Kreisumlage enorm betroffen. Daher ist es den zehn Bürgermeistern und mir ein wichtiges Anliegen, hier das Land aktiv aufzufordern, für Entlastung zu sorgen“, erklärt Landrat Christoph Rüther(CDU).
Bürgermeistersprecher Michael Berens (Hövelhof, CDU) pflichtet ihm bei: „Die Kommunen im Kreis Paderborn tun alles dafür, finanziell gut dazustehen. Uns wird das Leben allerdings durch bürokratische Hürden und Aushöhlung des Selbstverwaltungsrechts schwer gemacht.“
Umlagen sorgen für immer höhere Belastung bei Kommunen
Zu vielen Zahlungen, die im Kreishaushalt und entsprechend in der Kreisumlage verankert sind, ist der Kreis Paderborn gesetzlich verpflichtet. So zum Beispiel zur Zahlung der Landschaftsumlage an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Die LWL-Umlage habe sich in den vergangenen 13 Jahren mehr als verdoppelt (von 52 Millionen Euro 2011 auf 111,4 Millionen 2024). Ein Kostentreiber sei die Eingliederungshilfe, die in der Regel im Zuständigkeitsbereich der Landschaftsverbände liegt, an den Kosten beteiligt werden jedoch Kreis und Kommunen. Ein regelmäßiges Ausweiten des Leistungskataloges und der Standards führt zu großen Belastungen. In anderen Bundesländern sei die Eingliederungshilfe beim Land verortet.
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Des Weiteren belasteten Zuschussleistungen die Kreiskasse enorm. Größte Kostentreiber seien das Sozialwesen und der Jugendbereich. Im Falle einer Pflegebedürftigkeit deckt die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten. Der verbleibende Eigenanteil muss von Betroffenen selbst getragen werden. Reichen diese Mittel nicht aus, ist der Kreis als örtlicher Sozialhilfeträger in der Pflicht, Geld zuzusteuern.
Dies passiere „mit stetig steigender Tendenz“. Diese Aufwendungen seien von rund 9 Millionen Euro 2022 auf rund 11 Millionen Euro 2023 gestiegen. Für 2024 wird ein Anstieg auf knapp 14 Millionen Euro erwartet. Hier sei eine Unterstützung des Landes gefragt, so die Forderung aus dem Kreis Paderborn.
Auch Teilhabegesetz und Kita-Anspruch erhöhen Kostenbelastung
Der Zuschussbedarf im Bereich des Jugendamtes begründe sich etwa mit Standarderhöhungen durch die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Dadurch seien die Träger der Eingliederungshilfe verpflichtet, neue Leistungsverträge mit höheren Standards kostenwirksam abzuschließen. Auch die Kinderbetreuung führe in den vergangenen Jahren zu einer großen Kostenbelastung durch dynamisierte Kindspauschalen und eine stetig steigende Zahl der Kita-Plätze aufgrund des Rechtsanspruchs.
Zudem werden im Positionspapier der Abbau zu hoher, nicht mehr finanzierbarer Standards gefordert sowie die Gewährung von Pauschalen anstelle von kleingliedriger Förderungen. Kommunen wenden viel Zeit und Personal auf, um finanzielle Mittel aus kleinteiligen und komplizierten Förderprogrammen des Landes abzurufen und deren ordnungsgemäße Verwendung nachzuweisen.
Hier pocht der Kreis Paderborn darauf, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, wie es im Landesgesetz vorzuweisen ist und regt eine pauschale Mittelbereitstellung an. So könnten beim Land Bürokratie und Personalkosten abgebaut werden.
Bürgermeister nennt mögliches Vorbild für NRW
Bürgermeister-Sprecher Berens: „Das Land NRW ist nun aufgefordert, konkrete Maßnahmen zu entwickeln, um uns Kommunen entgegen zu kommen. Dazu gehört, insbesondere überörtliche Leistungen wie die Eingliederungshilfe selbst zu tragen und nicht auf die Gemeinden abzuwälzen. Bayern könnte hier ein Vorbild sein.“