Tödlicher Brandanschlag vor 30 Jahren: Paderborner Politiker fordern Gedenkort

Paderborn. Bald jährt sich zum 30. Mal der Todestag von Alexandra Rousi. Die 62-jährige Griechin kam am 14. Oktober 1994 in Paderborn durch ein Feuer ums Leben. Sie starb, nachdem ein Nachbar mit zwei Eimern Benzin die Wohnung ihrer Familie stürmte - und dann ein Streichholz anzündete. Auch der Täter kam in den Flammen um. Zum baldigen Jahrestag des Mordes fordern die Grünen im Paderborner Stadtrat ein angemessenes Gedenken an die Tat, die mittlerweile als mindestens rassistisch eingeordnet wird. Dies entfachte im Stadtrat eine Debatte um Gedenk- und Erinnerungskultur. Die Grünen wünschen in Paderborn einen öffentlichen Gedenkort mit einem würdigen Rahmen. Sie möchten, dass der Griechin stellvertretend für Opfer rassistischer Gewalt gedacht wird. Die genaue Inschrift und der Platz einer Gedenktafel sollten gut gewählt sein. &bdquo;Die Erinnerung muss verknüpft sein mit einer Aufforderung, für Menschenwürde und gegen Hetze und Gewalt aktiv einzutreten“, sagte Grünen-Ratsherr Johannes Menze. Bürgermeister Michael Dreier schlug dagegen eine Gedenkstätte für alle zivilen Opfer von Gewalt vor. So werde ein Zeichen gesetzt &bdquo;gegen die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft“. In Paderborn soll Erinnerungslücke geschlossen werden Zurückblickend nannte Menzel es &bdquo;eine abscheuliche Tat, die wir nicht mehr ungeschehen machen können“. Mit dem Antrag solle bei den Menschen ein Bewusstsein für Rassismus und Diskriminierung geschaffen werden. Zugleich müsse in Paderborn eine Erinnerungslücke geschlossen werden. Bisher findet sich in Paderborn kein Hinweis auf Rousi. Damals wurde der Tod aufgrund einer spärlichen Aktenlage vom Landeskriminalamt (LKA) als tragischer Unglücksfall beurteilt. Später hätten &bdquo;Tagesspiegel“ und &bdquo;Radio Hochstift“ recherchiert, dass es sich um einen Mord aus rassistischen Motiven handelte. Auch die &bdquo;NW“ hatte über den Fall berichtet. Der Tat waren monatelang - auch rassistische - Beschimpfungen und Drohungen vorausgegangen. &bdquo;Ich zünde euch alle an“, habe der Täter im Vorfeld durchs Treppenhaus gerufen, so Menze. Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung bewerte die Tat als rassistischen Mord und führe die Stadt Paderborn in der Liste von Orten mit rassistischen Verbrechen auf. Bei Prüfung des Paderborner Falls: Kein eindeutig rechtes Motiv erkannt Doch anders als in Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen – Orte, die in den 1990er Jahren für rechte Gewalttaten stehen – wurde die Tat in Paderborn nicht als konkret rechtsextrem eingeordnet. Wie aus den Daten des LKA nach einer kürzlich erfolgten Prüfung hervorgeht, erkennen die Behörden in dem Mord an Rousi auch heute noch kein eindeutiges rechtes Motiv – jedoch sei dieses auch nicht eindeutig &bdquo;abwesend“. Lesen Sie auch: Behörden prüfen zwei Morde in Ostwestfalen auf rechtsextremes Motiv Dennoch erforderten die neuen Erkenntnisse eine Neubewertung, so die Grünen. Die damalige Einschätzung, der Mordanschlag auf die Familie Rousi sei nicht rassistisch und rechtsextrem motiviert gewesen, lasse sich nicht mehr halten. Die SPD habe selbst einen solchen Antrag stellen wollen, sagte Beate Röttger-Liepmann. Da die Familie Rousi jedoch zuerst selbst nicht an den schrecklichen Tod erinnert werden wollte, habe man darauf verzichtet. Mittlerweile liege der Familie aber viel am Gedenken, so Röttger-Liepmann. Ratsherr sieht den Rassismus auch in Paderborn angekommen Es gebe viele Gründe, den Antrag der Grünen zu unterstützen, sagte Elke Süsselbeck (Linke). Die rechtsmotivierte Gewalt nehme laut einer Studie zu, Rassismus werde immer gesellschaftsfähiger. Und Rassismus habe - im schlimmsten Fall - tödliche Folgen. Dabei tauche der Paderborner Fall in der offiziellen Statistik nicht einmal auf. &bdquo;Aus vollem Herzen“ kommt die Unterstützung der FDP. Elke Zinn nannte den Antrag &bdquo;sehr angemessen“, dass ein Gedenken, eine Mahnung entstehen kann. Auch Verani Kartum (fraktionslos) befürwortet einen Gedenkort an Rousi als Stellvertreterin für alle Opfer. &bdquo;Eine Stadt wird dadurch nicht gebrandmarkt“, so Kartum. Sie werde gestärkt. Man solle die Chance nutzen, so ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Denn Rassismus sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auf Sportplätzen werde zu ausländischen Spielern immer wieder das Wort &bdquo;Messerstecher“ gerufen. Fraktion möchte einen Ort für ein allgemeines Gedenken in Paderborn Dem LKA hätten vor 30 Jahren nur wenige Informationen vorgelegen, meinte Florian Rittmeier (Grüne). Heute sei dagegen eine eindeutige Wertung des Falls möglich. Die Familie Rousi wünsche sich einen Gedenkort, sagte Güven Erkurt (ebenfalls Grüne). Wer ein allgemeines Gedenken prüfe, der drücke sich vor dem Thema, meinte ihr Fraktionskollege Klaus Schröder: &bdquo;Mit Verlaub, ich finde das feige.“ Karsten Grabenstroer (CDU) dankte der journalistischen Aufklärung. Er unterstütze jedoch Dreiers Haltung für ein allgemeines Gedenken und keinen Erinnerungsort für einen Einzelfall. Bei drei Gegenstimmen von der AfD wurde der Grünen-Antrag angenommen. Die Stadtverwaltung wird nun prüfen, in welcher angemessenen Form an den Mord an Alexandra Rousi erinnert werden kann.

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