Paderborner Lily-Gruppe: Gemeinsamer Kampf gegen Lipödem und Vorurteile

Paderborn-Elsen. Beim Abendtermin der Lily-Gruppe ist der Raum in der Evangelischen Gemeinde Elsen gut gefüllt. Bis kurz vor Beginn der Veranstaltung müssen noch neue Tische und Stühle an die große Tischgruppe geschoben werden, um den bekannten und neuen Besucherinnen einen Platz zu geben. 23 Paderborner Frauen sind an diesem Abend anwesend. Die Altersspanne reicht von Anfang 30 bis Ende 60. Die Fettverteilungsstörung Lipödem betrifft fast jede zehnte Frau in Deutschland. Lipödeme und Lymphödeme bedeuten für viele Frauen einen langen Leidensweg mit ständigen Schmerzen, Gewichtszunahme und fehlender Anerkennung. Viele der Teilnehmerinnen blicken auf eine &bdquo;Ärzte-Odyssee“ zurück. Die Diagnose kommt oft spät, danach ist es für die Patientinnen noch lange nicht getan. Lesen Sie auch: Verbreitet und oft unerkannt: Schweres Leid durch Lipödem So war es auch für die Gruppenteilnehmerin Marie Therese Ernst. Lange wurden ihre Beschwerden von Ärzten und ihrem Umfeld nicht ernst genommen und als schlichtes Übergewicht abgetan, sagt die 67-Jährige. Auch nach der Diagnose habe sich das teilweise nicht gebessert. Seitdem gehört das aufwändige Anziehen der Kompressionswäsche, Physiotherapie und Lymphdrainage, Facharztbesuche und Schmerztherapie zu ihrem Alltag. Lipödem-Betroffene in Paderborn machen sich Mut Über die Möglichkeit, sich in der Gruppe auszutauschen ist sie froh, lange sei Lipödem ein Tabu-Thema gewesen. &bdquo;Ich finde es gut, dass es in der Selbsthilfe zum Thema gemacht wird und wir offen untereinander sprechen können“, sagt Marie Therese Ernst. Angela Gockel und Manuela Temmerman sind seit dem ersten Treffen der Selbsthilfgruppe dabei. Die beiden sehen sich als Mutmacherinnen. Sobald man etwas mehr auf den Rippen habe, sei man einfach &bdquo;dick“. Viele Hausärzte wüssten gar nicht weiter, sagt Temmerman. Aber auch das eigene Umfeld kann für Betroffene eine weitere Belastung sein. &bdquo;Alltagsaufgaben wie Haare föhnen können belastend und schmerzhaft sein. Das wird dann oft nicht ernst genommen und als Faulheit abgetan.“ Dank des Zusammenhalts und des Austauschs habe sie miterlebt wie viele Teilnehmerinnen sich öffnen und Selbstvertrauen gewinnen, sagt Gockel. Spezielle Lipödem-Sportgruppe in Paderborn Inzwischen hat die Selbsthilfe-Gruppe, die Sendler vor über zwei Jahren gründete, 55 Mitglieder. An vielen der Termine stoßen neue Frauen zur Gruppe, dabei stehen manche Frauen ganz am Anfang oder noch vor ihrer Diagnose, andere haben schon viel Erfahrung mit Therapien und Behandlungen gemacht. Neben der Selbsthilfegruppe, die einmal im Monat stattfindet, leitet Sandra Sendler auch eine Sportgruppe, die speziell auf Lip- und Lymphödem Betroffene ausgerichtet ist. Viele der Selbsthilfeteilnehmerinnen engagieren sich auch dort regelmäßig beim Tanzen, Turnen und Schwimmen in einem geschützten und lockeren Umfeld. Lesen Sie auch: Lipödem-Sportgruppe für Frauen: &bdquo;Wir sind mehr als dicke Arme und Beine“ Engagement der Lily-Gruppe soll ausgezeichnet werden Das Engagement der Ehrenamtlichen wird nun auch noch auf andere Weise honoriert: Die von Sandra Sendler gegründete Lily-Gruppe wurde als eine von zwölf Initiativen für den Selbsthilfepreis NRW nominiert. Bei der Preisverleihung am Samstagabend im Wartesaal am Kölner Dom wird Gesundheitsminister Karl Lauterbach vier der Gruppen auszeichnen. Die Sieger wurden durch eine öffentliche Online-Abstimmung bestimmt. Die Paderborner Lily-Gruppe will mit vier Mitgliedern bei der Preisverleihung anwesend sein. &bdquo;Ich bin gespannt und freue mich auf den Abend“, sagt Sendler. Auch ein Outfit für den Anlass hätte sie sich bereits parat gelegt: &bdquo;Es ist aber nicht so einfach, mit den Kompressionsstrümpfen etwas Schickes zu finden.“

Meistgelesen