Kolumne

Erwin Grosches Gedanken: Frühlingsgefühle oder die Erde ist eine Pflanze

Der Kabarettist, Autor und Kleinkünstler Erwin Grosche schreibt in seiner wöchentlichen Kolumne über seine Heimat Paderborn.

NW-Kolumnist Erwin Grosche macht sich Gedanken. | © Harald Morsch

27.02.2021 | 27.02.2021, 19:00

Wenn die ersten warmen Tage uns besuchen, blühen wir auf. Die Erde ist eine Pflanze. Alles, was unter dem Schnee des Winters verborgen lag, reckt sich nach oben und schaut vorbei. Es ist die Zeit der Veränderungen und wer keinen Rasen hat, sucht in der Garage nach seinem Grill und fegt die Spinnenweben vom Rost.

Das Erwachen der Frühlingsgefühle ist keine ungefährliche Zeit. Viele Paderborner trauen sich andere mit einem freundlichen Gesicht zu begrüßen und dabei sind in Dörenhagen noch nicht mal die letzten Schneemänner geschmolzen. Zum Glück schaffen die Behörden einen Ausgleich und erden uns mit stimmungsvollen Briefen.

Auch unser neuer Landrat nutzte das Auftauchen der Frühlingsgefühle, um mich daran zu erinnern, dass ich noch einen Papierführerschein habe und man ihn unbedingt in einen neuen EU-Kartenführerschein verwandeln sollte. Gleich stieg ich von meiner Wolke 7 und war wieder geerdet. Warum will denn keiner meinen Papierführerschein sehen? Auf einem neuen EU-Kartenführerschein darf ich noch nicht mal lachen und dass, obwohl es draußen so schön ist.

Da muss ich doch nur lachen

„Einen Paderborner erkennt man gar nicht, wenn er sich lachend zeigt", hat man mir gesagt, aber da muss ich doch nur lachen. Ich fahre doch nicht in der EU herum und zeige mein schlechtes Laune-Gesicht. Da vermisse ich unseren Landrat Müller. Der hätte gesagt, das tun wir Herrn Grosche nicht an. Der darf seinen alten Papierführerschein behalten, dann nervt er nicht rum.

Ich bekam jetzt sogar einen Brief von der DAK, die mich aufforderte, für eine neue elektronische Gesundheitskarte (EGK) ein neues Passbild einzureichen. Sie erinnerten mich in dem Schreiben daran, dass mein altes Foto schon über 10 Jahre alt sei und ich mich doch verändert habe. Mir erschien es eher so, dass mein mausgrauer Pullover, den ich auf dem Bild trage, ihnen nicht mehr gefallen hat und ein moderneres Outfit dem Pflegepersonal den Umgang mit mir erleichtern würde.

Ich habe mich doch nicht verändert

Ich war ein wenig erstaunt. Was sind denn 10 Jahre? Ich habe mich doch in der Zeit gar nicht verändert. Echte Veränderungen traten vielleicht im Zeitraum von 1967 bis 1980 auf, wo sich meine Grübchen gebildet haben. Danach sah ich immer gleich gut und erkennbar aus. Wenn sich jemand verändert hat, dann ist es doch die DAK, oder wer kennt noch seinen Sachbearbeiter, der sich immer Sorgen um einen machen soll?

Sind denn Wiedererkennungs-Fotos im Pflegedienst so wichtig? Man hat doch gar keine Zeit mehr den Patienten anzuschauen. Ich glaube, mein Zahnarzt weiß gar nicht, wie ich aussehe, außer wenn ich lache und mein Zahnstein mich verrät.

Wussten Sie, dass der Frühlingsanfang dieses Jahr auf den Samstag, 20. März, fällt? Ich hoffe, dass ich ihn mit einem zünftigen Frühstück bei Weyhers mit meinem Freund Niko begrüßen kann. Niko und mir ist es egal wie wir aussehen, Hauptsache es gibt Wurst.