Paderborn

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Ensemble kritisiert Führungsstil der Paderborner Theaterchefin

Der Intendantin Katharina Kreuzhage wird in einem Brief unter anderem autokratisches Verhalten vorgeworfen.

Im Theater Paderborn läuft es derzeit nicht rund. Zwischen den Schauspielern und dem Chefin tobt ein Streit. | © Viktoria Bartsch

17.12.2020 | 17.12.2020, 16:14

Paderborn. Der Streit hinter den Kulissen des Paderborner Theaters geht weiter. In einem Brief kritisiert das Schauspielensemble den Führungsstil der Intendantin und Geschäftsführerin Katharina Kreuzhage aufs Schärfste. In dem der NW vorliegenden Schreiben wird Kreuzhage autokratisches Verhalten vorgeworfen. Zuvor hatte bereits Adil Laraki, NRW-Vorsitzende der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA), das Vorgehen der Theaterchefin und unter anderem die Nichtverlängerung der Verträge von drei Ensemblemitgliedern kritisiert sowie dass im Theater ein Klima der Angst herrsche. Laraki hatte auch eine externe Moderation/Mediation vorgeschlagen, die es nun geben wird.

Intendantin Katharina Kreuzhage setzt jetzt auf eine Mediation, um den Konflikt zu entschärfen. - © Theater Paderborn/Christoph Meinschäfer
Intendantin Katharina Kreuzhage setzt jetzt auf eine Mediation, um den Konflikt zu entschärfen. | © Theater Paderborn/Christoph Meinschäfer

"Die kommunikative Situation zwischen dem Ensemble des Theaters Paderborn und mir ist gerade sehr verfahren", erklärte Kreuzhage zu dem für alle Beschäftigten des Theaters offenen, internen Brief auf Anfrage. Sie werde deshalb eine Mediatorin beziehungsweise einen Mediator hinzuziehen, um die Verwerfung innerbetrieblich aufzuarbeiten. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich bis zum Ende des Mediationsprozesses zu diesbezüglichen Pressefragen nicht äußern werde." Für den Prozess der Mediation - die Vermittlung in einem Konflikt - wird nun eine geeignete Person gesucht.

Im Raum stehen Verstöße gegen den Verhaltenskodex

Das Ziel des Ensembles sei es "ein vertrauensvolles Arbeitsklima" zu schaffen. Dazu gehöre, Kritik äußern zu können und den Diskurs miteinander zu suchen. "Aus diesem Grund hat das Schauspielensemble mit großer Mehrheit beschlossen, auf diesem Wege den demokratischen Prozess mit Ihnen erneut und mit Nachdruck in Gang zu setzen", heißt es in dem Schreiben an Kreuzhage.

Die von Laraki in dem offenen Brief der GDBA thematisierten Nichtverlängerungen beträfen etwa ein Drittel des Ensembles (Daniel Minetti, Ogün Derendeli und Lea Gerstenkorn). "Sie geben uns Anlass zu großem Bedauern und verursachen ein starkes Gefühl der Unsicherheit, das sich auf unsere Arbeit und unser Leben auswirkt." Da Personen betroffen sind, "die wiederholt darum bemüht waren, innerbetriebliche Missstände anzusprechen und Arbeitsbedingungen am Hause zu verbessern", vermittele Kreuzhage die Botschaft: Wer konstruktive Kritik äußert, der muss mit negativen Folgen rechnen. Zudem sieht das Ensemble klare Verstöße gegen den auch von Kreuzhage initiierten und unterschriebenen Verhaltenskodex. Im Ensemble entstehe daher seit längerer Zeit der Eindruck, dass sie ihren Leitungsstil dem Credo "Ich gehe verantwortungsvoll mit der mir übertragenen Macht um" nicht unterordne.

Es geht auch um Verstöße gegen das Arbeitsrecht

Detailliert kritisiert wird die Kommunikation im Theater. Die Fortführung der Gespräche zwischen Ensemble und Geschäftsleitung sei von Kreuzhage in der letzten Spielzeit einseitig und ohne ausreichenden Ersatz abgebrochen worden. Auch die Entscheidung, nur noch Einzelgespräche auf Einladung zu führen, sei für das Ensemble nicht akzeptabel. "Es handelt sich bei unseren Anliegen, um strukturelle Probleme, die das gesamte Ensemble betreffen und die nur gemeinschaftlich gelöst werden können."

Ganz konkret geht es in dem Brief auch um offenbare arbeitsrechtliche Verstöße: die Abrechnung von Dreifachvorstellungen lediglich als Doppelvorstellungen, die Ankündigung weiterer Vertragsbrüche, wie vereinbarte Überspielhonorare von 50 Euro ab der 71. Vorstellung nicht zu zahlen, die Verwehrung bereits genehmigter Nebentätigkeiten, kurzfristige Dienstplanänderungen und die Erweiterung des Arbeitszeitkorridors auf annähernd 10 Stunden am Tag ohne die Zustimmung beziehungsweise Abstimmung mit dem Betriebsrat und ohne Rücksichtnahme auf den ohnehin schon hohen Belastungsgrad einzelner Ensemblemitglieder sowie Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz durch das Überschreiten der maximalen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden.

Der Bürgermeister sagt nichts

Wie das Ensemble an Kreuzhage schreibt, sei es in Sorge, "dass der sicherzustellende Betriebsablauf des Theaters durch Ihren autokratischen Leitungsstil nachhaltig geschädigt wird". Zudem seien Personen in Einzelgesprächen und innerhalb der Probenarbeit in ihrer Person angegriffen und vorgeführt worden, so dass das daraus folgende "Klima der Angst" zu einer hohen psychischen Belastung führe, durch die das professionelle, künstlerische Arbeiten stark negativ beeinflusst werden könne.

Laut Brief ringe der Betriebsrat darum, in Abstimmung mit dem gesamten Haus und in zähen Verhandlungen mit Kreuzhage als Geschäftsleitung über einen von ihm eingereichten Entwurf einer Betriebsvereinbarung zu beraten. Abschließend fordert das Ensemble, Vertreter aus der Belegschaft in den Aufsichtsrat aufzunehmen, so wie es an vergleichbaren Theatern längst der Fall sei.

Auf eine Anfrage an Paderborns Stadtoberhaupt als Vorsitzenden des Aufsichtsrats hieß es von der Stadt Paderborn lediglich: "Bürgermeister Michael Dreier wird zu diesem Brief keine Stellungnahme abgeben."