Paderborn. Wie beim Sturm auf die Bastille in Paris ging es am Sonntag in Paderborn zwar nicht zu, dennoch lockte der Tag der offenen Tür viele Neugierige auf das weitläufige Gelände der Alanbrooke-Kaserne. Von Stunde zu Stunde wurden es mehr. Am Ende des Tages waren es rund 11.000 Besucher.
„120 Jahre Militärgeschichte gehen in Paderborn zu Ende", sagte der stellvertretende Bürgermeister Dieter Honervogt (CDU), bevor er zusammen mit der Technischen Beigeordneten Claudia Warnecke die Kasernentore öffnete. Die Entwicklung des Geländes mit 800 Wohnungen tue dem Paderborner Westen gut, ist sich Honervogt sicher.
Bevor das gesamte Areal zu einem urbanen Wohnquartier mit unter anderem einer Kreativwerkstatt, kleineren Büroeinheiten einer sechsgruppigen Kindertagesstätte und zwei Spielplätzen umgebaut wird, ging es vorbei an vier Leibwächtern der Queen (Schauspieler des Walk-Acts Queensguard) gleich geradeaus in das Gebäude, wo die Gefängniszellen untergebracht waren.
Leichte Beklemmungen wurden gleich wieder zerstreut. Denn angelockt unter anderem von den Klängen der heimischen Highland-Dragon-Pipe-Band ging es auf dem zentralen Kasernenplatz, bestückt mit einer Bühne und reichlich Gelegenheit zum Picknick, deutlich lockerer zu. Schnell bildeten sich Menschenschlangen, um von einem Ballon aus einen Überblick über das Gelände zu erhaschen oder um mit einer Bimmelbahn nicht zugängliche Bereiche des Areals zu entdecken.
Graffiti-Künstler verschönern die Fassade
Vor dem Abriss der Turnhalle zeigten seit Freitag Graffiti-Künstler an der Fassade ihr Können. Henning Marten Feil aus Brilon, der sich als Sprayer Norbert 3.000 nennt, sprühte zum ersten Mal in einer Kaserne. Sein Motiv. ein in einer Schnapsflasche eingeschlossener Nautilus. „Das wird die letzte Schnapsflasche in der Kaserne sein", scherzte Feil.
Vor der Turnhalle hatten es sich Ulrich Buschmeier, Dorothee Auffenberg und Heike Eckel gemütlich gemacht. Buschmeier hat von den Plänen der Stadt einen positiven Eindruck. „Ich finde es gut, dass hier auch etwas für den sozialen Wohnungsbau entsteht, man jedoch die historischen Teile belässt. Begrüßenswert ist auch die Einrichtung einer Kreativwerkstatt", sagt der 56-Jährige aus Salzkotten. „Man bekommt heute eine Idee davon, wie das alles aussehen könnte", ergänzt Dorothee Auffenberg.
Einen ziemlich trockenen Mund dürfte gestern Alexandra Haine vom Stadtplanungsamt bekommen haben. Immer wieder löcherten Interessierte sie mit Fragen beispielsweise zur Geschossigkeit, zur verkehrlichen Erschließung oder zur Wohnnutzung. Laut Haine beginnen im August Kanalbauarbeiten in der Straße mit den denkmalgeschützten rötlich-weißen Gebäuden. Diese bleiben bestehen, während ab November die anderen Gebäude abgerissen werden.
In einem der beiden gestern geöffneten denkmalgeschützten Gebäude schauten sich Neugierige dunkle Flure und leere Räume an. Die oberen Stockwerke waren für den Besucherstrom gesperrt. Viele interessierten sich auch für die Ausstellung „Von der preußischen Kaserne zum Wohn- und Kreativquartier".
"Wichtige Jahre der Paderborner Geschichte"
„Ich bin geschichtlich interessiert. Hier geht um wichtige Jahre Paderborner Geschichte", sagt Brigitte Lutz. Die Delbrückerin findet die geplante Mischung aus Wohnen, Kreativwerkstatt und Gewerbe „interessant". Auch die Familie Kieneke schaute gestern auf dem Kasernengelände vorbei. „Ich finde es gut, dass nicht alles verkommt", meint Sebastian Kieneke. Das Schaffen von Wohnraum hält der 38-Jährige für „super". Auch wenn sich Kieneke mehr Informationen von der Stadt gewünscht hätte, sieht er sie mit ihren Plänen auf dem richtigen Weg.
Beim Weg in die Kaserne ließ es sich gestern Eva Wach nicht nehmen, sich mit einem gut aufgelegten Mitglied der Queensguard fotografieren zu lassen. „Ich wohne schräg gegenüber und interessiere mich dafür, was hier passiert", sagt die gebürtige Paderbornerin. Sorgen mache sie sich deswegen nicht.