Bad Lippspringe. Sie ist zwar die meiste Zeit des Jahres unsichtbar, aber deshalb nicht weniger gefährlich: die Steinbeke in Bad Lippspringe. Wenn das Karstgewässer nämlich Wasser in großen Mengen führt, dann ist unter Umständen das gesamte südöstliche Stadtgebiet in Gefahr. Die Badestadt hat deshalb gemeinsam mit dem Wasserverband Obere Lippe ein Hochwasserschutzkonzept für die Steinbeke auf den Weg gebracht.
Wie schnell die Steinbeke anschwellen kann, haben die Bad Lippspringer Bürger zuletzt im Januar 2011 erlebt. Damals hatte es tagelang geregnet und das Gewässer wäre beinahe über die Ufer getreten. Größere Schäden blieben damals glücklicherweise aus.
Bei einer sogenannten Jahrhundertflut – auch ausgelöst durch eine plötzliche Schneeschmelze – sähe die Situation vermutlich ganz anders aus. Das südöstliche Stadtgebiet müsste dann vermutlich mit starken Überschwemmungen rechnen. Entsprechend groß wären die Schäden. Der Wasserverband Obere Lippe geht in einer Analyse von einem Schadenspotenzial in Höhe von bis zu 18,6 Millionen Euro aus.
744 Gebäude würden in Mitleidenschaft gezogen
Die Studie beschreibt das Worst-Case-Szenario so: Von der Wucht der Wassermassen würden voraussichtlich insgesamt 744 Gebäude in Mitleidenschaft gezogen. Im Einzelnen wären das 344 Privathäuser, hinzu kämen 180 Wirtschafts- und Gewerbegebäude sowie 222 Nebengebäude.
Im Fall der Fälle hätten die Betroffenen nur wenig Zeit, sich selbst wie auch ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen. Den vorliegenden Berechnungen zufolge würde das Hochwasser der Steinbeke das Stadtgebiet innerhalb von sechs Stunden erreichen. „Weite Teile der Kernstadt stünden dann unter Wasser", macht Bauamtsleiterin Tanja Berghahn-Macken deutlich. Konkret gefährdet wären unter anderem die Auen längs der Lippe, aber auch der Bereich rund um den Arminiuspark.
Vor 20 Jahren gab es schon Pläne für eine Umflut
Es besteht also Handlungsbedarf – und das nicht erst seit gestern: Bereits im Jahr 2002 gab es erste konkrete Überlegungen, entlang der damals geplanten Umgehungsstraße (vom Pfingstuhlweg bis zur Maximilian-Kolbe Straße) eine großflächige Hochwasserumflut zu errichten. Doch aus den Plänen wurde bekanntlich nichts. Nach kontroverser Diskussion stimmte der Stadtrat 2009 mehrheitlich gegen den Bau der neuen Umgehungsstraße. Gleichzeitig bedeutete das auch das Aus für die geplante Hochwasserumflut.
Dennoch blieb der Hochwasserschutz auch in der Folgezeit auf der politischen Tagesordnung. 2009 wurde in einem ersten Bauabschnitt mit der Renaturierung der Steinbeke im Bereich Auf der Mersch begonnen. 2013 ließ die Stadt einen Vorentwurf zum Hochwasserschutz an der Steinbeke erarbeiten, der auch Grundlage für den notwendigen Grundstückserwerb sein sollte. 2017 schließlich erhielt das Ingenieur-Büro Sönnichsen und Weinert den Prüfauftrag, die drei Ausgrabungsflächen im Bereich der Steinbeke auf ihre Eignung als Wasserstauraum zu untersuchen.
Ein Meter hoher Wall soll entstehen
Inzwischen hat das Mindener Büro eine Vorzugsvariante für einen effektiven Hochwasserschutz vorgelegt. In einem ersten Bauabschnitt ist vorgesehen, eine Art Sicherheitslinie (Verwallung) östlich von Bad Lippspringe anzulegen. Geplant ist ein etwa ein Meter hoher Damm zwischen der ehemals angedachten Entlastungsstraße und der L937. Diese sogenannte „Verwallung" soll das mögliche Hochwasser von der Kernstadt effektiv fernhalten. Am Verlauf der Steinbeke ändert sich dabei nichts.
Um die Hochwassergefahr im Fall der Fälle wirksam zu verringern, hat das Ingenieurbüro Sönnichsen und Weinert einen konkreten Lösungsvorschlag entwickelt. Er sieht vor, über ein Drosselwerk nur so viel Wasser durch die Steinbeke in Richtung Stadt zu leiten, wie dort durch die verrohrte Steinbeke aufgenommen werden kann. Die darüber hinausgehenden Wassermengen sollen entlang der Verwallung in Richtung des „Bleigabens" geführt werden. Mündungspunkt ist das Überschwemmungsgebiet im Bleigraben (Bereich Josefstraße).
Bauverbot im Überschwemmungsgebiet
Der geplante Hochwasserschutz entlang der Steinbeke macht den Ankauf neuer Flächen – in der Hauptsache Acker- und Grünland – von zusammengerechnet 20.000 Quadratmetern erforderlich. Diese Aufgabe hat die Stadt Bad Lippspringe übernommen. Weiterer Kooperationspartner ist der Wasserverband Obere Lippe – er zeichnet für die Genehmigungsplanungen und die baulichen Maßnahmen verantwortlich.
Übrigens: Ein effektiver Hochwasserschutz hat auch Auswirkungen auf die Wohnungsbaupolitik der Badestadt. Denn: In Überschwemmungsgebieten gilt ein uneingeschränktes Bauverbot.