Bad Lippspringe

Als die Briten den Lippspringer Arminiuspark besetzten

Vor 75 Jahren müssen in Bad Lippspringe Einwohner innerhalb von nur zwei Stunden ihre Wohnungen räumen.

Im Januar 1946 gibt es ein Hochwasser in Bad Lippspringe. Ein britischer Soldat bahnt sich am Eingang zum Arminiuspark seinen Weg durch das Wasser. | © (Repro) Klaus Karenfeld

24.07.2020 | 24.07.2020, 08:45

Bad Lippspringe. Sommer 1945: Der Zweite Weltkrieg ist erst wenige Monate vorbei. Nach den Amerikanern zieht das britische Militär in Bad Lippspringe ein. Die Unterbringung der Soldaten gestaltet sich von Anfang an schwierig. Schließlich werden 95 Wohnhäuser beschlagnahmt, ebenso der Arminiuspark und das örtliche Freibad.

Es ist ein freundlicher Sommermorgen im Jahr 1945. August Leimenkühler ahnt nichts Gutes, als er aus dem Fenster seines Hauses in der Mersmannstraße 8 blickt. Ein Militärjeep, der den Bad Lippspringern bereits allzu bekannt ist, verlangsamt die Fahrt und hält schließlich in Sichtweite. Wenige Minuten später schellt es an der Haustür. Leimenkühler öffnet. Vor ihm steht ein englischer Offizier, der ihn freundlich aber bestimmt auffordert, ihm die einzelnen Räume des schmucken Zweifamilienhauses zu zeigen. Die Inspektion dauert knapp 30 Minuten. Dann verabschiedet sich der Offizier.

Briten bevorzugen Ein- oder Zweifamilienhäuser mit Bad

Eine kurze Zeitspanne zwischen Hoffen und Bangen beginnt. Am Nachmittag schließlich wird aus den Befürchtungen Gewissheit. Das Haus muss geräumt werden. „Tut mir leid", bedauert der Mitarbeiter des städtischen Wohnungsamtes, der die Nachricht zu überbringen hat. Wie den Bewohnern in der Mersmannstraße 8 ergeht es vielen Bad Lippspringer Familien.

Einem Bericht des evangelischen Schulchronisten zufolge werden „nach und nach etwa 95 Häuser der Badestadt von Besatzungsangehörigen und ihren Familien belegt". Aus den detaillierten Beschlagnahmungslisten geht klar hervor, dass vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser mit Bad oder Dusche von den Briten bevorzugt werden.

Den eigentlichen Hausbewohnern blieben zumeist nur zwei Stunden, ihre wenigen Habseligkeiten zusammen zu suchen. Das Mobiliar darf nicht mitgenommen werden. Wer Glück hat, kommt bei Verwandten unter, wer nicht, wird kurzerhand irgendwo zwangseinquartiert.

Der Kur- und Badebetrieb liegt in dieser Zeit am Boden. Denn auch der 53 Morgen große Arminiuspark, das ehemalige Kaiser-Karls-Bad am Kurwald sowie zahlreiche Kurheime, Pensionen und Heilstätten werden für Jahre beschlagnahmt.

Flüchtlinge verschärfen Wohnraumknappheit

Im Verlauf des Jahres 1946 verschärft sich die Situation, als die ersten Heimatvertriebenen, vor allem aus Schlesien, in Bad Lippspringe eintreffen. Verstärkt müssen jetzt auch Dachböden und Kellerwohnungen sowie behelfsmäßig hergerichtete Baracken als Notunterkünfte dienen.

Die Bevölkerung von Bad Lippspringe hat bei alledem kein Mitspracherecht. Das erste Stadtparlament im Jahr 1945 wird nicht frei gewählt, sondern von den Briten ernannt. Das trifft auch auf den neu eingesetzten Bürgermeister Josef Struck und Stadtdirektor Kurt Schütte als Verwaltungsleiter zu.

Im Juli 1948 sind 1.000 der 9.000 Einwohner Bad Lippspringes beim Flüchtlingsamt registriert. Bürgermeister Josef Struck und sein Nachfolger Konrad Rudolphi versuchen in zahlreichen Bittschriften – unter anderem an Bundeskanzler Konrad Adenauer und die britische Königin Elisabeth II – die Freigabe des Bades zu erreichen.

Ohne Erfolg. Erst als im Sommer 1954 die versprochenen Unterkünfte für die britischen Militärangehörigen in Sennelager bezugsfertig sind, werden die ersten Badestädter Kureinrichtungen und Häuser geräumt. Die letzten Gebäude werden im Frühjahr 1956 freigegeben. Die Bewohner dürfen in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren.