Kliniken, Kommunen, Kandidaten, Kneipen:Rahdener Landespolitikerin nimmt Stellung

Rahden. Im kommenden Jahr stehen die Kommunalwahlen an. Dann werden auch die Räte und Bürgermeister gewählt. In Rahden wird der amtierende Bürgermeister Bert Honsel (CDU) nicht wieder antreten und die CDU muss einen neuen Bewerber oder eine Bewerberin suchen. Im Interview äußert sich Bianca Winkelmann, Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Rahden, zur Kandidatensuche, zu Kitas und zu den Krankenhaus-Planungen. Frau Winkelmann, was würden Sie als erstes tun, wenn Sie Bürgermeisterin in Rahden wären? BIANCA WINKELMANN: Wir haben ganz viel Entwicklungspotenzial in unserer Heimatstadt. Auf jeden Fall würde ich mit allen örtlichen Wirtschaftsbetrieben sprechen, wo der Schuh drückt. Betriebe und Arbeitsplätze vor Ort sind das A und O. Wo die Menschen arbeiten, da leben sie auch. Und ich würde intensivieren, was unser Bürgermeister sagte: Die Außenortschaften brauchen eine lebendige Innenstadt und die Innenstadt braucht lebendige Ortschaften. Da sind wir schon gut, aber da geht noch mehr. Der amtierende Bürgermeister Bert Honsel hört zum Ende dieser Wahlperiode auf. Wie groß ist der Kreis der Interessenten in der CDU für eine Kandidatur? Gibt es weitere Interessenten als Uli Eikenhorst? Wir befassen uns derzeit im Stadtverbandsvorstand mit dem Thema. Es wird eine Findungskommission geben. Diese Kommission wird in einem ersten Schritt Gespräche mit allen potenziellen Bewerbern führen. Ich bin da guter Dinge, dass wir da mit mehreren hochkarätigen Kandidaten ins Gespräch gehen werden. Wir haben zum Glück auch noch Zeit. Unser amtierender Bürgermeister ist noch bis September 2025 im Amt. Der CDU Rahden soll eine Anfrage aus dem Kreishaus wegen der Bürgermeister-Kandidatur vorliegen. Hat der ehemalige Landrats-Kandidat Jörg-Michael Schrader Interesse? Zu potenziellen Kandidaten kann ich heute noch keine Auskunft geben. Wie groß ist Ihre Sorge vor einem Rechtsruck bei der nächsten Kommunalwahl? Wenn ich das auf das Stadtgebiet Rahden beschränke, dann habe ich da wenig Sorgen. Seit fast vier Jahren hat die CDU die absolute Mehrheit. Obwohl wir hätten durchregieren können war eines unserer grundsätzlichen Ziele, mit allen Parteien zu reden und zusammenzuarbeiten. Ich sehe wenig rechtsradikales Denken in der Rahdener Bevölkerung. Wichtig ist, Antworten auf die dringenden Fragen der Zeit wie der Migration zu geben. Viele Kommunen in NRW sind bei der Aufnahme von Flüchtlingen an der Grenze ihrer Kapazität angekommen. Wichtig ist, dass, wie Ministerpräsident Hendrik Wüst es fordert, die Menschen nach Deutschland kommen, die hier eine Bleibe-Perspektive haben. Ein anderer Aspekt ist, dass es Frieden in der Ukraine geben muss. Viele hier lebende Ukrainer wollen wieder zurück. Und der Krieg muss mit Verhandlungen beendet werden. In Rahden hat sich die Bürgerlich-Konservative Wählergemeinschaft Rahden gebildet, die BKR. Sie groß ist die Sorge der CDU, Stimmen an die BKR zu verlieren? Offen gestanden habe ich von der BKR bislang noch nicht so viel wahrgenommen. Das wird sich zur Kommunalwahl sicherlich ändern. Aber was ich auch als Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes sagen kann: Wir werden unseren Kurs weiter durchziehen, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, woran sie sind. Und es wird immer auch unschöne Tatsachen geben wie die aktuellen Steuererhöhungen. Aber auch da ist es wichtig, immer mit offenen Karten zu spielen. Die Erhöhungen der Grundsteuern reichen aber nicht, wenn Bund und Land weiterhin nicht für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen sorgen. Bund und Land sind in der gleichen Situation wie die Kommunen: die galoppierende Inflation und sinkende Steuereinnahmen. Die geringeren Einnahmen sind ein Problem für alle. Und deshalb gilt für ganz Deutschland, was auch für Rahden gilt: Wir müssen ein wirtschaftsfreundlicher Standort sein. In den Gesprächen mit Unternehmern sagten mir ganz viele, dass der Kipppunkt das Heizungsgesetz von Robert Habeck war und das anschließende Zurückrudern. Da sagten mir Unternehmer, dass sie seitdem überlegen, am Wirtschaftsstandort Deutschland nicht mehr zu investieren. Es braucht mehr Verlässlichkeit. Das Seniorenheim Gärtner in Pr. Ströhen hat Insolvenzantrag gestellt. Es ist nicht das erste Pflegeheim im Lübbecker Land, das in finanzielle Schieflage geraten ist. Bei den Kosten, die Menschen für einen Pflegeheimplatz zahlen müssen, zählt NRW zu den teuersten Bundesländern. Wie passt das zusammen? Nicht die Ausfinanzierung der Plätze ist das Problem, sondern dass die Rückerstattung der Kosten durch die Pflegekassen teils erst ein dreiviertel Jahr später erfolgt. Das muss sich am System etwas ändern. Gleichzeitig erlebe ich eine wahnsinnige Belastung der zu Pflegenden, sodass auch da irgendwann eine Belastungsgrenze erreicht wird. Auch da muss das System auf andere Beine gestellt werden. Das heißt, dass durch politische Entscheidungen mehr Geld durch Bund und Land ins System kommt, das jedoch an anderer Stelle eingespart werden muss. In vielen Kindertageseinrichtungen, und da sind Rahden und Stemwede keine Ausnahme, sind Träger und Mitarbeitende am Limit. Beklagt wird unzureichende Refinanzierung und akute Personalnot. Der DRK-Kreisverband hat Ihnen kürzlich 3.000 Unterschriften von Eltern überreicht. Dabei haben Sie gesagt, dass Kibiz muss dringend reformiert werden. Das Kinderbildungsgesetz ist Ländersache. Wann passiert in NRW also was? Wir sind dabei. Die Herausforderung ist, das System auf andere Füße zu stellen, ohne noch mehr Geld in die Hand zu nehmen. In welche Richtung das gehen wird, kann ich noch nicht sagen. Die Abstimmungsgespräche laufen noch. Als Zeitschiene war 2027 vorgesehen. Das muss jedoch deutlich früher passieren, weil wir sehen, wie gravierend die Probleme sind. Schon jetzt geben wir als Land mehr Geld ins System. Eine Reform muss es trotzdem geben. Bei einem Treffen mit der Dehoga-Kreisvorsitzenden Larissa Mattlage haben Sie gesagt &bdquo;Arbeitskräftemangel, steigende Lebensmittelpreise und die Erhöhung der Mehrwertsteuer belasten die Gastronomie“ und &bdquo;Ampel-Regierung lässt Gastwirtschaft ausbluten“. Nach Ihrer Meinung steht die heimische Gastronomie für Kulturgut und Tradition. Das müsse geschützt werden. Haben Sie dazu konkrete Ideen? Einen Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent für Speisen, die vor Ort verzehrt werden. Dafür habe ich mich immer eingesetzt, dass die zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung der Standard wird. In Rahden und Stemwede ist das Angebot schon so eingeschränkt worden gerade wegen Problemen in der Wirtschaftlichkeit. Die Differenz zwischen sieben und 19 Prozent streicht sich ja nicht der Gastronom ein, sondern der Gast würde profitieren. So überlegt jeder, ob er sich einen Besuch im Restaurant noch leisten kann. Vor wenigen Tagen wurden neue Daten zum Anstieg der Temperaturen auf der Welt vorgelegt. Vor dem Hintergrund des Klimawandels: Ist das Abholzen eines Waldes wie für den möglichen Krankenhaus-Neubau in Espelkamp angedacht nicht aus Klimaschutz-Sicht ein Rückschritt in die 1970er Jahre? Erst einmal glaube ich, dass für einen Neubau in Espelkamp weniger Wald abgeholzt wird als vermutet wird. Und für jeden Baum, den man abholzt, muss man zwei oder drei neue Bäume pflanzen. Das ist für mich selbstverständlich, dass man das kompensieren muss. Aber es dauert Jahrzehnte, bis daraus ein Wald geworden ist. Es dauert auch Jahrzehnte, bis ein Krankenhaus abbezahlt ist. Waldbau ist immer ein Generationen übergreifendes Thema. So wie ein Neubau auch ein Generationen übergreifendes Thema ist. Wir sprechen über ein Konzept für die nächsten 40 bis 50 Jahre. Auf die Forderung in Niedersachsen für den Klinik-Neubau in Twistringen oder den Ausbau in Damme kann man in Westfalen mit tränenden Augen schauen. Wann kommt das Land NRW seiner Pflicht nach, die Krankenhäuser auskömmlich zu finanzieren? 80 Prozent der förderfähigen Kosten werden in Niedersachsen übernommen Das ist schon ein Pfund, definitiv. Wie viel Prozent es am Ende eines Tages sein werden, wenn es tatsächlich zu einem Neubau in Espelkamp kommen sollte, sieht man später. Definitiv sind die 178 Millionen Euro, die in Aussicht gestellt worden sind, nach meinem Kenntnisstand die höchste Einzelförderung, die seit langem zur Verfügung gestellt worden ist. Wenn es diese Höhe geben sollte aber mit dem Löwenanteil vom Bund, nicht vom Land, nicht wahr? Ja. Aber es ist ja egal. Mit einem Löwenanteil des Bundes, den aber das Land verteilt. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann will mit seiner Reform das umsetzen, was die Mühlenkreiskliniken jetzt schon auf den Weg gebracht haben: Konzentration von fachmedizinischen Leistungen, aber auch eine Grundversorgung in der Fläche. Glauben Sie wirklich an eine Förderung von bis zu 178 Millionen Euro? Ich erlebe im Ministerium eine große Bereitschaft, diese Summe den MKK zur Verfügung zu stellen. Jetzt liegt natürlich der Ball im Feld der MKK, um eben die erforderlichen Schritte für eine erfolgreiche Förderung auch umzusetzen. Sehr positiv bewerte ich, dass sich die MKK personell verstärkt haben, um alle weiteren nötigen Schritte fristgerecht angehen zu können. Das Ziel bei uns in Minden-Lübbecke muss sein, dass die Trägerschaft für die MKK beim Kreis bleibt. Denn nur dann bleibt das Heft des Handelns in der Hand. Es sind letztlich alles politische Entscheidungen, wie wir die zur Verfügung stehenden Gelder lenken. Mit dem Neubau soll unter anderem ein Regelversorger in Lübbecke durch einen Grundversorger ersetzt werden. Glauben Sie wirklich, dass deshalb medizinisches Personal Schlange stehen wird, um deswegen nach Minden-Lübbecke zu kommen? Ich glaube, dass wir gar nicht genug medizinisches Fachpersonal, was Schlange stehen könnte. Auch deshalb gehen Kreis und MKK dieses Zukunftsprojekt an. Glauben Sie an den Neubau oder wird am Ende &bdquo;Minden plus null“ stehen? Ich hoffe auf den Neubau in Espelkamp oder eine andere Lösung, die auch für die Menschen im Nordkreis eine Grundversorgung sicherstellt. Was wäre das für eine Alternative? Der Erhalt des Krankenhauses Rahden? Die zwei Standorte zu erhalten, das wird ja nicht gehen. Die MKK haben den Standort Rahden über Jahre ausbluten lassen. Wir hatten in Rahden gemeinsam mit den anderen Fraktionen im Rat den Vorschlag gemacht, den Standort Rahden zu überprüfen, ob ein Neubau auf der MKK-eigenen Freifläche am Krankenhaus Rahden möglich gewesen wäre. Aber das ist gar nicht in die Betrachtung einbezogen worden. Wenn Rahden erhalten und Lübbecke geschlossen würde, dann hätte Lübbecke das Problem der Entfernung gehabt. Von daher ist Espelkamp schon ein zentraler Standort. Wichtig ist, dass man intensiv über eine Nachnutzung Lübbeckes nachdenken muss. Und ein ganz wichtiger Punkt: Bis es zu einem möglichen Neubau kommt, ist es unbedingt erforderlich, dass die Krankenhaus-Standorte Lübbecke und Rahden weiterbetrieben werden.

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