Staatsanwältin vermutet Rachegelüste: Mann soll Nachbarin attackiert haben

Rahden. Ein bislang unbescholtener Rahdener soll im April 2021 seiner Nachbarin mit einem 1,70 Meter langen und sieben Zentimeter dicken Rundholz auf den Rücken geschlagen haben. Als Motiv für die gefährliche Körperverletzung vermutete die Staatsanwältin, der Angeklagte habe sich über die Nachbarin und ihre Gartenarbeiten mit dem Laubbläser geärgert. Der 48-Jährige bestritt die Vorwürfe. Jetzt wurde der Prozess im Rahdener Amtsgericht fortgesetzt. Die Nachbarin, die vor Gericht als Nebenklägerin auftrat, hatte schon am ersten Verhandlungstag den Vorfall sehr detailreich geschildert. Sie habe mit dem Laubbläser gearbeitet, ihr Profigerät auf dem Rücken getragen, einen Helm auf und Gummistiefel angehabt. Dann habe sie aus den Augenwinkel etwas gesehen. Nachbarin berichtet von Schlag in den Nacken Der Angeklagte sei gebückt mit einem Pfahl oder Knüppel am Rand der Straße entlang geschlichen. Sie habe noch versucht, auszuweichen und wegzulaufen. Dann habe sie von hinten seitlich einen Schlag im Nacken- und Rückenbereich abbekommen und sei zu Boden gepflogen, hatte die Rahdenerin berichtet. Ihre Lebensgefährtin bestätigte das Geschehen. Nach ihrer Schilderung kam der Angriff völlig unvermittelt. Ihre Freundin sei mit voller Montur gefallen, habe auf dem Rücken gelegen und "Hilfe, Hilfe" gerufen. Sie habe dann die Polizei verständigt und die einen Krankenwagen. Wie der Angeklagte berichteten auch die Zeugin und die Nebenklägerin von einem angespannten Nachbarschaftsverhältnis. Was ein Arzt zu Hämatomen sagtEin Facharzt aus der Notaufnahme des Rahdener Krankenhauses erinnerte sich: Die 60-Jährige sei wegen eines Hoheitsdeliktes vorstellig geworden. &bdquo;Sie war sehr aufgewühlt“, berichtete der Mediziner, den die Nebenklägerin von seiner Schweigepflicht entbunden hatte. Die Patientin habe über Kopfschmerzen und Schwindel geklagt und außerdem Druckschmerz an Hals- und Wirbelsäule und an linker Hand und Daumen gezeigt. Es seien Prellungen festgestellt worden, jedoch keine Hämatome, allerdings Herzrhythmusstörungen. &bdquo;Darum bedurfte sie einer stationären Aufnahme“, erklärte der Arzt. Zu den Hämatomen auf den von der Geschädigten bzw. ihrer Lebensgefährtin selbst aufgenommenen Fotos sagte der Arzt: &bdquo;Das habe ich so nicht gesehen.“ Richterin weist Antrag zurückFür die Richterin war damit die Beweisaufnahme beendet. Der Anwalt der Nebenklägerin beantragte jedoch, ein Gutachten eines rechtsmedizinischen Sachverständigen einzuholen, um zu beweisen, dass die auf den Lichtbildern dokumentierten Hämatome mit dem von der Geschädigten geschilderten Tathergang in Einklang stehen würden. Dem Sachverständigen wäre auch eine Tatrekonstruktion möglich, da sowohl das verwendete Schlagwerkzeug als auch der getragene Laubbläser zur Verfügung stehe. Richterin Hildebrand wies den Beweisantrag als bedeutungslos zurück. &bdquo;Der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung bestätigt sich nicht. Der Angeklagte ist freizusprechen“, erklärte die Staatsanwältin. Sie stütze sich dabei auf die Aussage des Arztes und Abweichungen in den Aussagen von Zeugin und Nebenklägerin. &bdquo;Es sind noch so viele offene Fragen. Für mich schwebt die Vermutung auf Rache im Raum“, betonte die Staatsanwältin. Verärgerung als Motiv vermutet &bdquo;Für mich ist das durchaus plausibel“, sagte der Rechtsanwalt der Nebenklägerin. Er sei irritiert über das Plädoyer der Staatsanwältin. Er fühle sich, als würde er gegen Windmühlenflügel kämpfen. Es sei ausführlich dargelegt worden, dass das Nachbarschaftsverhältnis sehr belastet sei. &bdquo;Gewaltdelikte entstehen aus aufgeheizter Stimmung.“ Der Rechtsanwalt vermutete Wut und Verärgerung als Motiv.Warum sein Beweisantrag unerheblich sei, erschließe sich ihm nicht. Die Geschädigte habe das Geschehen lebensnah und plausibel geschildert. Es sei ein Urteil zu sprechen. Er halte eine Freiheitsstrafe auf Bewährung für angemessen und beantrage außerdem, ein Schmerzensgeld zu verhängen. Warum der Angeklagte freigesprochen wurde&bdquo;Ich bin erstaunt. Da haben wir zwei verschiedene Verhandlungstage erlebt“, erklärte der Verteidiger des Angeklagten zu den Ausführungen des Rechtsanwalts der Nebenklägerin. &bdquo;Fest steht, so wie von den Zeuginnen dargestellt, kann es nicht gewesen sein.“ Auch Richterin Hildebrand kam zu dem Schluss: &bdquo;Der Angeklagte wird freigesprochen.“ Sie erläuterte: &bdquo;Ich habe extrem Zweifel, dass sich das Geschehen so zugetragen hat.“ Wirkliche Zweifel habe ihr die Demonstration mit dem Laubbläser im Gerichtssaal beschert. Die Zeugin hatte den Laubbläser zum ersten Verhandlungstag zur Anschauung mit ins Gericht gebracht. Die Nebenklägerin hatte sich dort das große und schwere Gerät zu Demonstrationszwecken auf den Rücken geschnallt. Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich. Einen Einspruch kündigte der Rechtsanwalt der Nebenklägerin noch im Gericht an.

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