Herford/Petershagen

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Warum sich im Herforder Wald auf einmal das Holz stapelt

Im Staatsforst geht man unter dem Druck von Sturmschäden, Trockenheit und Borkenkäferbefall neue Wege. Der neue Förster vermisst Kälte und Schnee.

Die Holzstämme, an denen Förster Timur Beck vorbeigeht, sind noch nicht abgeholt, weil die Verarbeiter nicht nachkommen. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Frank-Michael Kiel-Steinkamp
26.01.2020 | 26.01.2020, 16:44

Herford/Petershagen. Die Wintermonate sind die Zeit der Forstarbeiten im Stuckenberg, erst recht, nachdem Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer beträchtliche und unübersehbare Schäden in den Baumbeständen hinterlassen haben. Eigentlich. Doch der Frost ist ausgeblieben und die Wege sind zu aufgeweicht, um sie unbeschadet mit Maschinen befahren zu können. Der Markt für das Holz ist ohnehin zusammengebrochen.

„Wir haben uns erstmals im Forstamt darauf geeinigt, Fichtenbestände stehen zu lassen, obwohl sie krank sind", sagt Timur Beck. Voraussetzung ist, dass andere Bestände nicht angesteckt werden können und die Bäume Menschen auf Wanderwegen nicht gefährden.

Der 39-jährige Familienvater stammt aus Schloß Holte-Stukenbrock und ist seit vergangenem Herbst Nachfolger von Förster Carsten Bölts. Zu seinem Revier zählen neben dem Wald zwischen Bismarckturm und Bad Salzuflen auch andere staatliche Wälder im Kreis Minden-Lübbecke, in Borgholzhausen und am Dümmer See. Für die Wälder, die im Besitz von Privatleuten oder Kommunen stehen, ist Beck nicht zuständig.

Rot markierte Bäume sind so krank, dass Förster Timur Beck sie eigentlich fällen lassen würde. Doch sie bleiben nun dort stehen, wo sie keine Gefahr für Menschen auf den Waldwegen darstellen. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Rot markierte Bäume sind so krank, dass Förster Timur Beck sie eigentlich fällen lassen würde. Doch sie bleiben nun dort stehen, wo sie keine Gefahr für Menschen auf den Waldwegen darstellen. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

"Der Wald ist jedes Jahr anders und bereitet Sorgen"

„Förster war immer schon mein Traumberuf", sagt Beck. „Auch wenn der Alltag anders aussieht, als in den kitschigen Filmen. Der Wald ist jedes Jahr anders und bereitet andere Sorgen und Hoffnungen. Aber es macht Spaß." Spaß macht ihm auch die Arbeit mit Tieren, selbst wenn das bedeutet, überzähliges Wild zu schießen, das der Vegetation schadet. Es fehlen die natürlichen Feinde. Sehr zufrieden macht ihn in diesem Punkt die Zusammenarbeit mit der örtlichen Jägerschaft in dem verpachteten Revier. „Sie haben mit 15 Stück Rehwild im vergangenen Jahr ihre vorgeschriebene Strecke erfüllt."

Förster Timur Beck Stuckenberg. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Förster Timur Beck Stuckenberg. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Bevor Beck in die praktische Tätigkeit „in den schönsten Gebieten Ostwestfalens" zurückgekehrt und ins Petershagener Forsthaus eingezogen ist, hat er an der Naturschutzplanung des Landesbetriebs Wald und Holz für den Teutoburger Wald mitgewirkt. Zu 80 Prozent Naturschutzgebiet ist auch der Stuckenberg. Es gibt Stellen mit Naturwald, wo der Förster nicht eingreift. Mit den übrigen Flächen will der Staat Geld verdienen.

Die neu angepflanzten Vogelkirschen werden mit Kunststoff-Röhren vor Verbiss und anderen Schäden durch Wild geschützt. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Die neu angepflanzten Vogelkirschen werden mit Kunststoff-Röhren vor Verbiss und anderen Schäden durch Wild geschützt. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Beck hält das auch aus ökologischer Sicht für vernünftig: „Es ist doch widersinnig, wenn das Holz für den Bau, für Kaminfeuerung, Holzkohle und Papierherstellung aus dem Ausland oder sogar den Tropen importiert wird, um die eigenen Wälder nicht anzurühren." Es sollte seiner Meinung nach eine nachhaltige Nutzung sein.

Markt wird nach Katastrophen geradezu überschwemmt

Holz zu verkaufen ist allerdings derzeit nicht einfach, weil der Markt nach den Katastrophen für den Wald geradezu überschwemmt wird. Ganze Schiffsladungen mit Baumstämmen, die auf Containermaße geschnitten wurden, gehen nach China. Stuckenberg-Bäume sind allerdings noch nicht verschifft worden. An den Wanderwegen warten allerdings noch doppelt mannshohe Stapel verkauften Holzes auf den Abtransport. Derzeit machen die Forstleute Inventur.

Wie sein Vorgänger hält Timur Beck den Schaden im Stuckenberg mehr für einen wirtschaftlichen denn für einen ökologischen. Betroffen sind überwiegend Fichten, die nach dem Krieg als schnell wachsendes Bauholz auf den abgeholzten Stuckenberg gepflanzt wurden. „Das Ökosystem Wald erholt sich", ist er überzeugt. „Der Klimawandel ist da, aber die Natur beseitigt die Schäden."

Echten Winter gewünscht

Auch im Bezug auf die Erholung des Waldes hätte sich Beck einen echten Winter gewünscht, der den Borkenkäfern Paroli bietet und mit Schnee ein Feuchtigkeitsreservoir für das Frühjahr aufbaut. Auch wenn es in den letzten Wochen immer wieder Schietwetter gab, ist längst nicht so viel Regen gefallen, wie der Wald brauchen würde.

Die vom Borkenkäfer befallenen und nicht gefällten Fichten haben aus ökologischer Sicht auch Positives. „Der Specht baut sich Höhlen, die danach Fledermäuse nutzen." Der Stuckenberg ist sogar für ein Vorkommen der Bechsteinfledermaus bekannt, die bekanntlich den Lückenschluss der Autobahn 33 verzögert hat. Bleiben die kranken Bäume stehen, bieten sie auch Schutz für die nächste Generation. Weihnachtsbaumgroße Fichten sind schon an vielen Stellen zu sehen.

An manchen Stellen haben die Forstleute Vogelkirschbäume gepflanzt und mit Kunststoffröhren vor Verbiss geschützt. Sie liefern begehrtes Holz. Die heimischen Buchen werden von selber nachwachsen, wenn ein Vorwald entstanden ist, der Büsche wie die Brombeere verdrängt.