An Tuberkulose erkrankter Wohnungsloser ist tot: Kritik an Mindener Obdachlosenunterkunft

Minden. Der an Tuberkulose erkrankte Bewohner der Obdachlosenunterkunft in der Bruchstraße ist im Krankenhaus gestorben. Entsprechende Informationen des Mindener Tageblatts bestätigte der Kreis Minden-Lübbecke auf Anfrage. &bdquo;Wenn eine offene Tuberkulose lange unbehandelt bleibt oder auch wenn die betroffene Person generell körperlich geschwächt ist oder schwere Begleiterkrankungen vorliegen, kann es zu solchen ernsten Verläufen kommen“, teilte Sprecherin Sabine Ohnesorge mit. Das Kreis-Gesundheitsamt ist für meldepflichtige Erkrankungen zuständig. Bereits in der vergangenen Woche hatten Bewohner berichtet, dass unter ihnen nach Bekanntwerden der Infektion Verunsicherung herrsche. &bdquo;Die Stimmung ist angespannt, viele haben Angst vor einer Ansteckung“, sagte ein Mann, der anonym bleiben möchte. &bdquo;Wir alle kannten den Erkrankten, der seit Jahren in der Innenstadt bettelt. Er hat schon länger stark gehustet und blutigen Auswurf gehabt.“ Spürbare Verbesserungen in der Unterkunft Bewohner der Unterkunft berichten übereinstimmend aber auch, dass es seit Bekanntwerden der Infektion zu spürbaren Verbesserungen gekommen sei. &bdquo;Gestern sind drei neue Waschmaschinen aufgetaucht, außerdem wurden neue Kühlschränke und Briefkästen installiert“, sagt ein Bewohner.&bdquo;Die Flure wurden gereinigt und gestrichen, die Duschen sind sauberer, und wir können jetzt auch die Tür unten abschließen.“ Auch seien die Mitbewohner des Infizierten, die erst weiter in der Wohnung lebten, inzwischen anderweitig untergebracht worden. Lesen Sie dazu auch: Tuberkulosefall in Mindener Obdachlosenunterkunft: Bewohner sind verunsichert &bdquo;Mittlerweile wurde uns allen Blut abgenommen und jeder hat einen Termin zum Thoraxröntgen bekommen“, berichten die Männer. Bisher seien dabei keine weiteren aktiven Tuberkulose-Erkrankungen festgestellt worden, die Umgebungsuntersuchung sei jedoch noch nicht vollständig abgeschlossen, erklärt Kreis-Sprecherin Sabine Ohnesorge dazu. Kritik an mangelhafter Information Mehrere Bewohner äußern den Eindruck, dass die Stadt seit Bekanntwerden der Erkrankung aktiver geworden sei: &bdquo;Es wirkt so, als wäre die Verwaltung aufgewacht.“ Dennoch gibt es Kritik: &bdquo;Es ist erschreckend, dass wir erst nicht über die Krankheit aufgeklärt wurden. Flyer mit Informationen für Erkrankte und Kontaktpersonen wurden erst spät verteilt.“ Zudem bemängeln die Bewohner weiterhin Probleme wie fehlendes warmes Wasser seit Monaten, Schimmel und unangenehme Gerüche. &bdquo;Es ist traurig, wie wir behandelt werden“, so ein Betroffener und macht die Zustände in der Unterkunft für die Tuberkulose-Infektion mitverantwortlich. &bdquo;Würde so etwas woanders passieren, wäre das nicht einfach so egal, aber hier leben ja nur Penner“, so der Mann weiter. Stadt weist Vorwürfe zurück Stadtsprecherin Susann Lewerenz widerspricht. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Wohnsituation des Mannes. &bdquo;Eher führen die Umstände eines Lebens auf der Straße (hier die eigene Hygiene, Kälte, Alkohol- und Drogengebrauchsstörungen sowie mangelnde gesunde Ernährung – dadurch ein schlechteres Immunsystem – und schwierigem Zugang zur Gesundheitsversorgung) dazu, dass eine Tuberkulose ausbricht“, erklärt die Sprecherin weiter. &bdquo;Die Stadt Minden hat ein grundsätzliches Interesse daran, dass die Obdachlosenunterkünfte in einem ordnungsgemäßen Zustand sind“, fügt Lewerenz hinzu. Es gebe daher auch keinen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den angesprochenen Verbesserungen in der Obdachlosenunterkunft. Seit dem Sommer sei zudem ein Hausmeister in den Unterkünften eingesetzt, der sich um den Austausch defekter Einrichtungsgegenstände und die Sauberkeit kümmere. &bdquo;Damit der ordnungsgemäße Zustand auch anhält, sind eben auch die Bewohner in der Pflicht“, sagt die Sprecherin. Herausforderungen im Zusammenleben Auch die Bewohner betonen, dass der Hausmeister und die regelmäßigen Besuche von Sozialarbeitern die Lage verbessert hätten. Manche äußern auch Verständnis für die Stadt. Es sei schwierig, das Klientel in der Unterkunft unter einen Hut zu bekommen. Manche Wohnungslose seien hier schon seit mehreren Jahren untergebracht, andere blieben nur wenige Tage oder seien immer wieder für einen längeren Zeitraum abwesend, obwohl sie dort ein Zimmer haben. Manche seien psychisch instabil. &bdquo;Einer meiner Nachbarn schreit jede Nacht durch.“ Dazu werde man regelmäßig beklaut und nachts würden Türen eingetreten. &bdquo;Wenn du vorher nichts an der Psyche hattest, bekommst du hier eine Störung“, berichtet einer der Männer. Wegen der Zustände habe die Männer-Unterkunft bereits seit vielen Jahren einen sehr schlechten Ruf, auch in der Szene. &bdquo;Manche schlafen lieber auf der Straße als in der Bruchstraße“, heißt es übereinstimmend von mehreren Wohnungslosen.

Meistgelesen