Mindener Obdachlosenunterkunft: Akuter Tuberkulosefall verunsichert Bewohner

Minden. Ein Bewohner der Obdachlosenunterkunft an der Bruchstraße hat sich mit der ansteckenden Infektionskrankheit Tuberkulose infiziert und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Entsprechende Informationen des Mindener Tageblatts (MT) bestätigen die Stadt Minden und der Kreis Minden Lübbecke auf Anfrage. Das Gesundheitsamt betreue aktuell einen Fall von Tuberkulose im Zusammenhang mit Wohnungslosigkeit in Minden, teilt Kreis-Sprecherin Sabine Ohnesorge mit. &bdquo;In diesem Zusammenhang werden auch Kontaktpersonen beraten und untersucht.“ Das Gesundheitsamt werde dabei durch den sozialpsychiatrischen Dienst und das Sozialamt der Stadt Minden unterstützt. Die Meldung an das Gesundheitsamt sei Mitte Oktober erfolgt. Wie genau es um den Infizierten steht, dazu macht das Gesundheitsamt keine Angaben und verweist auf den Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht. Auch die Stadt Minden wurde über den Fall informiert. &bdquo;Der Betreffende befindet sich nach unseren Informationen in stationärer ärztlicher Behandlung und kann aktuell in der Unterkunft keine Bewohner anstecken“, teilt Stadtsprecherin Susann Lewerenz mit. &bdquo;Wir haben unseren Arbeitsschutzbeauftragten eingebunden, weil der erkrankte Bewohner auch Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen hatte. Wir stehen als Stadt in engem Kontakt mit dem Gesundheitsamt, das über weitere Fragen und Schritte entscheidet.“ Bewohner sind verunsichert Unter den Bewohnern der Unterkunft herrscht Verunsicherung. &bdquo;Die Stimmung ist angespannt, viele haben Angst vor einer Ansteckung“, berichtet ein Bewohner, der anonym bleiben möchte. &bdquo;Wir alle kannten den Erkrankten, der seit Jahren in der Innenstadt bettelt. Er hat schon länger stark gehustet und blutigen Auswurf gehabt.“ Er kritisiert die Zustände in der Unterkunft und macht diese mitverantwortlich für die Infektion: &bdquo;Die Stadt weiß genau, wie schlecht hier die Verhältnisse sind, aber sie unternimmt seit Jahren nichts.“ Zudem berichtet der Bewohner davon, das die Mitbewohner des Infizierten weiter in der entsprechenden Wohnung leben und nicht umquartiert würden. Nach Informationen des MT hat die Männer-Unterkunft in der Bruchstraße bereits seit vielen Jahren einen sehr schlechten Ruf: Verdreckte und beschädigte Sanitäranlagen, Mehrbettzimmer ohne Privatsphäre, ein Zusammenleben mit Unbekannten auf engstem Raum, geprägt von Angst, Konflikten und Drogenkonsum soll es hier laut Insidern geben. Hinzu komme, dass die Stadt als Eigentümerin wenig in den Unterhalt investiere, so der Vorwurf. Lesen Sie dazu auch: Familie verzweifelt: Stadt Minden vermittelt zu kleine Obdachlosenwohnung Zu den Fragen, welche Rolle mangelnde Hygiene und Sauberkeit in der Notunterkunft bei dem Tuberkuloseausbruch spielen und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die hygienischen Bedingungen zu verbessern, wollte sich die Stadt nicht konkret äußern. Das Gesundheitsamt erläutert, dass bei einer offenen Lungentuberkulose eine sogenannte Umgebungsuntersuchung erforderlich ist. Dabei werden Kontaktpersonen ermittelt, beraten und untersucht, erklärt Sabine Ohnesorge. Nach MT-Informationen wurden sämtliche Bewohner der entsprechenden Haushälfte getestet. Bei der Unterkunft handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit zwei Treppenhäusern. Ergebnisse der Tests lagen dem Gesundheitsamt am Montag noch nicht vor, das liege auch an einer langen Inkubationszeit. Eine Infektion mit Tuberkulosebakterien führt nur bei zehn Prozent der Betroffenen zu einer Erkrankung, die übrigen 90 Prozent erkranken nicht, erklärt die Ohnesorge. Eine Infektion könne meistens erst sechs bis acht Wochen nach der Übertragung nachgewiesen werden. &bdquo;Sollten im Rahmen der Umgebungsuntersuchung weitere Fälle entdeckt werden, würde eine entsprechende Behandlung veranlasst“, teilt die Sprecherin mit. Jedes Jahr mehrere Tuberkulosefälle in Minden Laut Gesundheitsamt werden im Kreis Minden-Lübbecke jedes Jahr mehrere Tuberkulosefälle diagnostiziert und während der Therapie begleitet. Die Erkrankung ist meldepflichtig. Im vergangenen Jahr wurden 19 Fälle gemeldet, in diesem Jahr bislang elf neue Fälle. &bdquo;Prinzipiell ist die Tuberkulose eine gut behandelbare und heilbare Erkrankung“, betont Ohnesorge, &bdquo;allerdings haben auch in Deutschland in den letzten Jahren Resistenzen gegen wichtige Medikamente zugenommen.“ Zur Behandlung müsse eine Kombination mehrerer Antibiotika über mehrere Monate zuverlässig eingenommen werden. Ohne Behandlung ist der Verlauf der meist langsam fortschreitenden Krankheit oft tödlich. Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien übertragen wird. In den meisten Fällen ist die Lunge betroffen. Die Bakterien werden bei einer offenen Tuberkulose durch Tröpfchen beim Sprechen, Niesen oder Husten übertragen. Die Ansteckungsgefahr sei jedoch deutlich geringer als bei einer Corona- oder Masernerkrankung. Je länger und intensiver der Kontakt zu einer erkrankten Person sei, desto größer ist das Risiko, sich zu infizieren, erklärt Ohnesorge. Obdachlose sind besonders gefährdet Zu den besonders gefährdeten Menschen zählen Personen, die unter schlechten Bedingungen leben oder keinen normalen Zugang zum Gesundheitssystem haben. Dazu gehören Obdachlose, Drogenabhängige, Alkoholkranke und weitere Risikogruppen. Wichtig sei, betont Ohnessorge, dass bei bestimmten Krankheitszeichen und Risikofaktoren an die Möglichkeit einer Tuberkulose-Erkrankung gedacht werde, damit eine zeitnahe Diagnose gestellt werden kann. Typische Symptome können zum Beispiel länger anhaltender Husten, ungewollter Gewichtsverlust, Nachtschweiß und Fieber, gelegentlich auch blutiger Auswurf sein.

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