Wegen Deutschland-Satz: Minden-Lübbecker Landrat wirft Markus Söder Spaltung der Gesellschaft vor

Lübbecke. Es waren Äußerungen des Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), die Ali Dogan, Landrat des Kreises Minden-Lübbecke, nicht unkommentiert stehenlassen wollte. Der bayerische Regierungschef hatte vor einiger Zeit dem ZDF-&bdquo;Heute-Journal“ ein Interview zur Migrationspolitik gegeben, und darin folgenden Satz geäußert: &bdquo;In vielen deutschen Städten fühlen sich die Deutschen nicht mehr zu Hause.“ Und weiter: &bdquo;Das Kernproblem ist, diese Migration wächst uns über den Kopf.“ Landrat Dogan nahm diese Worte zum Anlass, um in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten, den er über seine sozialen Netzwerke veröffentlichte, von seinem eigenen Empfinden als kurdischstämmiger Deutscher zu diesem Thema zu sprechen. &bdquo;Mit Entsetzen habe ich diese Worte zur Kenntnis genommen“, begann Dogan sein Schreiben. &bdquo;Als ich dieses Zitat gelesen habe, habe ich mich gefragt, was nach Ihrer Deutung ein ,Deutscher’ ist und was ,deutsch’“, führte er weiter aus. Er stellte Söder die Frage, was er damit meine, wenn er von einem &bdquo;Deutschen“ sprechen würde: &bdquo;Wenn Sie von ,Deutschen in deutschen Städten’ sprechen, meinen Sie dann auch ,den Ali oder den Ahmed, die Elvira oder Oksana, die seit zwei, fünf, zehn oder 15 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit haben.“ Weiterhin rechnete er Söder vor, wie hoch der Ausländeranteil in der Bundesrepublik ist: In Deutschland lebten knapp 84 Millionen Menschen, &bdquo;davon haben knapp 25 Millionen einen sogenannten Migrationshintergrund“. Das seien ungefähr 30 Prozent. &bdquo;Der Anteil der ,Deutschen’ unter diesen Menschen mit Migrationshintergrund ist ziemlich genau 50 Prozent“, wie Dogan weiter ausführte. &bdquo;Will heißen, dass nur circa 15 Prozent der gesamtdeutschen Bevölkerung ausländisch ist“. Leite denn Söder daraus ab, dass dieser geringe Prozentsatz dazu führe, dass sich &bdquo;85 Prozent der Deutschen nicht mehr zu Hause fühlen?“. Äußerungen spalten die Gesellschaft weiter Dogan warf Söder vor, dass seine Aussagen dazu beitragen würden, Menschen, &bdquo;die wie ich hier leben, auszugrenzen“. Darüber hinaus seien die Aussagen &bdquo;ferner dazu geeignet, dass sie unsere Gesellschaft weiter spalten und extremistischen Kräften Auftrieb verleihen“. In der heutigen Zeit benötige man jedoch genau das Gegenteil. Man brauche &bdquo;keine Spalter, sondern Brückenbauer“. Für seine Worte erhält der Landrat in den sozialen Netzwerken einerseits Zustimmung, aber auch kritische Worte. Rund 90 Kommentare gibt es bisher auf Facebook und knapp 400 auf der Plattform Linked In. Die Nutzer solcher sozialer Netzwerke schreiben allerdings nicht unbedingt unter ihren Klarnamen. &bdquo;Ich fühle mich von unserem Landrat, Herrn Ali Dogan, sehr wohl gut vertreten. Und viele andere Menschen sind genau dieser Meinung“, ist unter anderem zu lesen. Ebenso wie: &bdquo;Meine Unterstützung hat Landrat Ali Dogan.“ Auf der anderen Seite stehen die Kritiker, die ihm vorwerfen, sich in fremde Belange einzumischen: &bdquo;Es ist völlig unnötig. Kreis Minden-Lübbecke ist seine Aufgabe und da gibt es genügend zu tun. Viele Dinge sind ungeklärt, unbearbeitet. Also erst vor der eigenen Haustür kehren“, schreibt ein anderer Nutzer. SPD-Ratsherr hält Landrat Profilierungssucht vor Aus der Kommunalpolitik kommen ebenfalls kritische Stimmen. Insbesondere von einem Parteigenossen, dem Lübbecker Ratsmitglied Mario Peine. Er wirft dem Landrat vor, sich durch den Brief profilieren zu wollen: &bdquo;Natürlich muss sich ein Landrat politisch äußern. Für mich hat er das aber in erster Linie dort zu tun, wo er auch gewählt wurde und sich auch dort um die Probleme der Bürgerinnen und Bürger kümmern“, schreibt Peine dazu. Aus seiner Sicht versuche &bdquo;Herr Dogan, seinen persönlichen Hintergrund in inzwischen penetranter Art und Weise nur zur Profilierung zu nutzen, um sich für ,höhere’ Ämter in Land und Bund interessant zu machen“. Der offene Brief würde nur dazu benutzt, um sich zum wiederholten Mal medial zu melden. Zudem stelle sich Peine die Frage, ob das Schreiben Söder überhaupt erreiche: &bdquo;Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Markus Söder nichts anderes zu tun hat, als auf einen solchen Brief zu warten“, sagt er. &bdquo;Falls der Brief ihn überhaupt erreicht, wird er sich überlegen, ob er mit ihm den Kamin anzündet oder einen Papierflieger bastelt.“ Die Art und Weise, auf Söders Äußerungen mit einem solchen Brief zu reagieren, schädige nach Peines Ansicht das, was &bdquo;man eigentlich schützen will“. Bei aller Zustimmung oder Kritik, die der Brief in den sozialen Netzwerken ausgelöst hat, ist jedoch die Frage nicht beantwortet, was der eigentliche Adressat zu den Vorwürfen des Landrates zu sagen hat. Eine Antwort fiel kurz und knapp aus. Die bayerische Staatskanzlei teilt auf Nachfrage dieser Redaktion lediglich mit, &bdquo;dass wir uns zu möglichen offenen Briefen grundsätzlich nicht äußern“. Ob diese Information vonseiten der Staatskanzlei ebenfalls an den Landrat ging, ist nicht bekannt.

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