Mühlenkliniken: Furcht vor Finanz-Desaster in Minden-Lübbecke

Lübbecker Land. Die Menschen, vor allem im Lübbecker Land, sorgen sich um die Zukunft der stationären medizinischen Versorgung im Westen des Kreises – zumal es nach dem Augurzky-Gutachten zunehmend Sorgen gibt, dass auf Dauer auch der Standort Lübbecke geschlossen werden könnte. Angesichts der finanziellen Dimensionen des MKK-Defizits und den Kosten für mögliche Neubauten, ist hinter vorgehaltener Hand in der Kreispolitik und bei Kennern der heimischen Krankenhaus-Landschaft zu hören, erscheint eine neue Variante. Und die soll auf Dauer gar nicht so unwahrscheinlich sein: &bdquo;Minden plus null“. Das würde bedeuten, dass es in Minden-Lübbecke dauerhaft eine stationäre medizinische Versorgung nur noch im Klinikum Minden gäbe. Als klares Indiz für diese Variante sollen in der Politik die Hinweise Augurzkys zur Verlegung der einträglichen Abteilungen Urologie und Psychiatrie aus Lübbecke nach Minden bewertet werden. Das würde den Klinik-Standort Minden stärken – und das wird als Hauptgrund für den Vorschlag gewertet. In der Öffentlichkeit gehen die Diskussionen ebenfalls in diese Richtung. Dort ist angesichts der Gutachten und Verlautbarungen von MKK und Kreis mittlerweile sogar die Rede davon, dass es sich um ein &bdquo;abgekartetes Spiel“ handele, das schon lange eingestielt worden sei. Widersprüchliche Aussagen des Landrates zu Kliniken Es gilt als durchaus möglich, dass es im Kreistag eine Mehrheit von Mandatsträgern für die Variante &bdquo;Minden plus null“ geben könnte, da die größte Zahl der Kreistagsmitglieder aus dem Altkreis Minden stammt. Aus Minden kommen Hinweise, dass angeblich der Standort Rahden wegen des Defizits Gefahr für den MKK-Konzern birgt. Im Lübbecker Land nimmt die Sorge zu, dass nach dem Aus für Rahden dann der Standort Lübbecke in den Fokus gerät und – ähnlich wie Rahden – in der Zeit nach dem Oktober 2014 Stück für Stück abgebaut wird. &bdquo;Minden plus null“ gilt aber auch deshalb als brisant, weil das im Widerspruch zu dem steht, was Ali Dogan vor der Landratswahl öffentlich sagte: &bdquo;Wir brauchen eine flächendeckende und damit erreichbare Erst- und Notfallversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger im Mühlenkreis und hochwertige Spezialbehandlungen an Schwerpunktstandorten“, hatte Dogan vor dem Landratswahlkampf gesagt. Und das war auch in den vergangenen Tagen noch auf seiner Internetseite zu lesen. MKK-Defizit schon länger bekannt Das sich abzeichnende Defizit der MKK war offenbar schon im Sommer vorigen Jahres der damaligen Landrätin und jetzigen Detmolder Regierungspräsidentin Anna Bölling (CDU) bekannt. Auffällig finden Anhänger der CDU das derzeitige Schweigen von Bianca Winkelmann zum Thema Kliniken und zum Vorwurf, das Land verweigere sich seiner Aufgabe, die Krankenhaus-Finanzierung zu sichern. Die CDU-Landtagsabgeordnete gilt als enge Vertraute von Bölling. Während des Besuchs anlässlich seiner Gesprächsreihe &bdquo;Auf einen Kaffee mit dem Landrat“ erklärte Landrat Dogan kürzlich in Stemwede, dass er beim Studium der Akten keinen Hinweis darauf gefunden habe, Rahden erst dann zu schließen, wenn ein Neubau in Espelkamp fertiggestellt sei. Auch das klang vor den Wahlen etwas anders. &bdquo;Ich sehe angesichts der Vorschläge der Expertenkommission des Bundes ein zartes Pflänzchen“, hatte Dogan Mitte Januar im NW-Interview auf die Frage geantwortet, ob auch er Rahden als Klinik ohne Zukunft sehe. &bdquo;Rahden gehört in die Prüfung mit hinein. Man darf für Lübbecke und Rahden keine Beschlüsse fassen, wenn keine Lösung zur Nachnutzung existiert“, hatte Ali Dogan im Interview mit der NW ausgeführt. &bdquo;Ich würde schauen, ob es vor dem Hintergrund der Hinweise der Expertenkommission eine Lösung für Rahden geben kann – im Zusammenspiel mit Lübbecke.“ 20-Minuten-Frist nicht zu halten Mit dem Wegfall Rahdens würde es für viele Menschen im Nordkreis schwierig werden, wie in NRW gefordert, ein Haus der Grundversorgung binnen 20 Minuten erreichen zu können. In Stemwede hatten Bürger deshalb auf die Bedeutung eines funktionierenden Rettungsdienstes für den Notfall verwiesen. Ihnen hatte der Landrat erklärt, dass bei der Schließung Rahdens der Rettungsdienst-Bedarfsplan angepasst und geprüft werden müsse, ob eventuell weitere Fahrzeuge erforderlich seien. Am Tag nach dieser Aussage hatte der Kreis angekündigt, einen der beiden Rahdener Rettungswagen ab dem 1. Oktober tagsüber in Espelkamp zu stationieren. Begründet wurde das mit einem Gutachten, das einen entsprechenden Bedarf ermittelt habe. Kritische Hinweise zu mangelnder Transparenz In den Teilen der Politik in Minden-Lübbecke soll es mittlerweile Kritik hinsichtlich der Transparenz von Kreisverwaltung und MKK-Spitze geben. Als Beispiel werden die Entscheidungen zum Rettungsdienst im Nordkreis genannt, aber auch das jüngste MKK-Gutachten sowie das Sanierungsgutachten. Auch vom zeitweisen, und dann zurückgezogenen, Vorschlag aus der Kreisverwaltung für den Kreistag am 4. September, Rahden zum 1. Oktober temporär für drei Monate zu schließen, fühlten sich Mandatsträger überrumpelt. Vor den Wahlen hatte Ali Dogan Transparenz zugesichert und auch in den vergangenen Wochen bezeichnete er sein Handeln als transparent. Wichtig sei ihm beim Prozess der Neustrukturierung der MKK, &bdquo;dass sowohl die Städte und Gemeinden als auch die Beschäftigten der Mühlenkreiskliniken und natürlich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort verstärkter in die Planung und Entscheidungsfindung mit einbezogen werden“, hatte Dogan vor den Wahlen gesagt: &bdquo;Die Gesundheitsversorgung, und da ist die ambulante Versorgung immer gleich mitzudenken, ist viel zu wichtig und viel zu komplex, als dass eine einfache Kreistagsmehrheit oder ein Klinikenverwaltungsrat alleine darüber entscheiden könnten.“ Absage an einen Bürgerentscheid Der Forderung der FDP-Politiker, wie Stemwedes Bürgermeister Kai Abruszat, nach einem Bürgerentscheid lehnt der Landrat ab. &bdquo;So eine komplexe Materie in einen Bürgerentscheid zu gießen, das kann ich mir nicht vorstellen“, hatte er bei seinem Besuch in Stemwede gesagt. Er könne sich vorstellen, in die Räte zu gehen und zu den Folgen Stellung zu beziehen: &bdquo;Das muss transparent gemacht werden.“ Ohne Steuererhöhungen werde es aber nicht gehen. Und hier gibt es nun die nächste Sorge: In den Kommunen wächst die Furcht vor einem finanziellen Desaster und einer regelrechten Explosion bei den Hebesätzen für die Grundsteuern. Schon jetzt ist die Kassenlage zwischen Büttendorf und Dielingen angespannt. Wegen der finanziellen Probleme hatte die Stadt Preußisch Oldendorf etwa die Grundsteuern A und B erhöht. Mit dem Satz von 630 Prozentpunkten bei der Grundsteuer B liegt Preußisch Oldendorf schon jetzt weit vorn. Bei der Grundsteuer A sind es dort schon jetzt 372 Prozentpunkte. Zum Vergleich: Die Stadt Rahden hat bei der Grundsteuer A einen Satz von 270 Prozentpunkten, bei der Grundsteuer B sind es 470. Lübbecke hat eine Haushaltssperre, Espelkamp muss mehr als 20 Millionen Euro Gewerbesteuer zurückzahlen und Rahden droht offenbar die Haushaltssicherung. Millionen für eine Planung mit unsicherem Ausgang MKK-Verluste tragen und gleichzeitig Neubauten finanzieren – das müssten vor allem die Kommunen stemmen. Denn der Kreis hat außer der Jagdsteuer keine eigenen Einnahmen. Vor Ort aber sollen das immer mehr Politiker für nicht bezahlbar halten. Schon allein die Planungskosten für einen Neubau in Espelkamp dürften die Marke von 30 Millionen Euro überschreiten – mit der Gefahr, dass diese Summe bei einer Ablehnung des Förderantrags in den Sand gesetzt wäre. Bei der Förderung ist von maximal möglichen 178 Millionen Euro die Rede. Der Fluss dieser Mittel ist nicht sicher. Das wäre erst gesichert der Fall, wenn es einen entsprechenden Bescheid gäbe.

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