Lübbecke

Ende der Corona-Stille auf der Freilichtbühne Nettelstedt

Die gesamte Saison musste abgesagt werden. Auf dem Hünenbrink blieb es ungewohnt ruhig. Jetzt kam mit einem Konzertabend wieder etwas Leben auf die Bühne.

Die große Open-Air-Bühne bot reichlich Platz für die fünf Akteure. Räumlich war diese Distanz notwendig, aber sie wirkte sich auch auf das Zusammenspiel aus. | © Cornelia Müller

23.08.2020 | 23.08.2020, 18:00

Lübbecke-Nettelstedt. Endlich wieder Freilichtbühne. Endlich wieder die vertrauten grünen Westen der Ordner, die den Weg zum Parkplatz weisen. Endlich wieder voller Vorfreude auf grünen Plastikstühlen Platz nehmen und darauf warten, dass es auf der Bühne losgeht.

Aber dann: Kein „Das Spiel beginne“, keine Amateurschauspieler, bei denen sich wochenlang fast alles um die Bühne dreht. Der Konzertabend von und mit Thomas Schiffmann, mit dem die Freilichtbühne Nettelstedt aus ihrem Dornröschenschlaf erwachte, brachte endlich wieder Leben auf die Hünenbrink-Bühne und tat es doch auch wieder nicht.

Der Autor von "Schlager lügen nicht" und "Toast Hawaii"

Thomas Schiffmann gibt den deutschen Sinatra, Laura Albert hört in sicherem Abstand zu. - © Cornelia Müller
Thomas Schiffmann gibt den deutschen Sinatra, Laura Albert hört in sicherem Abstand zu. | © Cornelia Müller

Der Oberhausener ist kein Unbekannter für die Freilichtbühnen-Fans. Aus seiner Feder stammten die Publikums-Kracher „Schlager lügen nicht“ und „Toast Hawaii“, beides Revuen, die eine Schunkel- und Mitsing-Manie auslösten. Nun kam er zusammen mit den drei Schauspielerinnen und Sängerinnen Susanne Starzak, Laura Albert und Nina Barton sowie dem Gitarristen Julien Castanié nach Nettelstedt, um ein sehr persönliches Programm zu präsentieren, „ein bisschen nostalgisch und sentimental – Lieder, die mich durch das Leben begleitet haben.“

Der Mann für die leisen Momente: Gitarrist Julien Castanié. - © Cornelia Müller
Der Mann für die leisen Momente: Gitarrist Julien Castanié. | © Cornelia Müller

Der Titel des Programms: „‘Ne Dame werd ich nie“, nach einem Chanson von Hildegard Knef. Deren große Erfolge waren gleich mehrfach zu hören: „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“, zum Beispiel, oder „Eins und eins, das macht zwei“. Oder auch „Von nun an ging‘s bergab“ - und das muss man sich erst einmal trauen, so einen Titel gleich zu Anfang des Abends zu präsentieren.

Aber Thomas Schiffmann und seine Mitstreiterinnen konnten sich das leisten: Musikalisch war der Abend ein Genuss, die drei Sängerinnen und ihr Moderator gefielen mit einem sehr breit gefächerten Repertoire, in dem jeder seine eigenen Glanzlichter setzte.

Jeder setzte seine eigenen Glanzlichter

Schiffmann selbst gab den Entertainer im Sinatra-Style, swingend und lässig mit den Fingern schnippend. Laura Albert, stilecht mit Baskenmütze, war für die französischen Chansons zuständig und sorgte mit glasklarer Stimme („Les moulins de mon coeur“) für Gänsehaut.

Susanne Starzak war die Knef-Interpretin im Team und hatte ein Händchen für die etwas „halbseidenen“ Schlager – zum Beispiel das Couplet „Der Nowak lässt mich nicht verkommen“, das in den prüden 50er-Jahren sogar einmal polizeilich beschlagnahmt worden sei. „Wir hören hier also ganz heiße Ware“, so Schiffmann verschmitzt.

Nina Barton schließlich war in vielen Genres zu Hause, ob es nun das angesäuselte Liebeslied an „Egon“ war oder der Alexandra-Klassiker „Mein Freund, der Baum“. Gesungen wurde live, die Musik kam vom Band. Es sei denn, Gitarrist Julien Castanié kam ins Spiel. Das waren dann noch einmal ganz besondere Momente.

Zu viel Distanz, zu wenig Zusammenspiel

So weit, so wirklich gut. Der Haken: So gelungen die Auftritte für sich genommen waren, so statisch blieb das Ganze. Denn nicht nur im Zuschauerraum, auch auf der Bühne wurde auf Abstand geachtet: Der eine sang, die anderen saßen in deutlicher Distanz. Und das galt nicht nur räumlich: Ein Interagieren der Fünf fand kaum statt. Was wirklich schade war, denn dadurch hatte es der sprichwörtliche Funke, der ja auch noch die vielen coronabedingt freien Plätze überwinden musste, noch schwerer, aufs Publikum überzuspringen.

Als Zuschauer fragte man sich da unweigerlich: Hätten das die Nettelstedter mit ihrer großen Spielbegeisterung nicht vielleicht sogar besser hinbekommen als die Profis?

„Für uns ist das Größte, dass hier endlich wieder etwas stattfindet“, sagte Vorstandsmitglied Jana Hagemeyer strahlend. Dafür habe sich der Verein gern in die aufwendigen Vorbereitungen hineingekniet und seine Bühne geöffnet - für einen Konzertabend, der vielleicht nicht perfekt war, dessen Musik aber die Corona-Stille durchbrochen hat und noch immer nachklingt.