Lübbecke. "Jetzt geht es um die Wurst": Rund 150 Menschen - und damit 30 mehr als vor gut 14 Tagen - haben am Samstag für den Erhalt des Lübbecker Busbahnhofs in seiner jetzigen Form demonstriert. Vom Burgmannshof ging es weiter in die Innenstadt. Schließlich mündete der Protestmarsch in der Gründung der Bürgerinititiative "Pro ZOB".
Es war ein machtvoller Zug, der sich kurz vor Mittag am Burgmannshof formierte. Rund 150 Lübbecker hatten sich dort versammelt, um laut für den Erhalt "ihres" ZOB zu demonstrieren. "Weil ihr uns den Bahnhof klaut", riefen die Bürger in Sprechchören. Das gesamte Altersspektrum war vertreten, fast alle hatten eine ordentliche Portion Wut im Bauch, wie es ein Senior formulierte: "Ich kann nicht verstehen, warum ein gerade erst neu gebauter ZOB jetzt schon wieder abgerissen wird. Das ist eine Verschwendung", meinte er.
Kritik an nichtöffentlichen Verhandlungen
Ein anderer Teilnehmer monierte die "Undurchsichtigkeit der Vertragsverhandlungen mit HBB". Er sei auch deshalb hier, "weil ich mir mehr Transparenz wünsche. Das hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, obwohl es um den ZOB geht, das kann ich nicht nachvollziehen."

Zuvor hatte Pfarrer Eberhard Helling den Teilnehmern Mut gemacht. Es sei gut, wenn sich Bürger "freundlich, aber deutlich" artikulieren würden. Man wolle sich einbringen und Gespräche ermöglichen: "Wir wissen, dass die Entscheidung noch nicht gefallen ist. Jetzt geht's um die Wurst."
Am Wurstmarkt machte der Zug tatsächlich Station, mit einer kleinen Kundgebung. Die Besucher nahmen die Demo wohlwollend zur Kenntnis, es gab spontane Zustimmungsbekundungen. "Finde ich gut, was die machen, wenn ich nicht mit meinen Kinder hier wäre, würde ich mich dem Zug vielleicht sogar anschließen", meinte Olaf Hegerhorst.
Zweifel an "Westertor" als Heilbringer
Vier Redebeiträge beschäftigten sich dann mit den Auswirkungen, die bei einer Verlegung des ZOB auf Lübbecke zukämen. Christiane Brune-Wiemer machte vor allem auf das ihrer Ansicht nach fehlende Konzept zur Stadtentwicklung aufmerksam. Auf aktuelle Fragen antworte die Stadt mit überholten Lösungen. Fraglich sei auch, ob das geplante Einkaufszentrum "Westertor" der erhoffte "Heilsbringer" werden könne. Lübbecke brauche ein "Gesamtkonzept und nicht nur punktuelle Lösungen". Laut Brune-Wiemer ist das Westertor-Areal das letzte große Areal, das für Entwicklungsmöglichkeiten in der Stadt vorhanden sei.
Kritisch äußerte sich auch Jonathan Sanke von "Fridays for Future", der vor allem für die Jugend Lübbeckes sprach. Es sei schwierig, abends aus Lübbecke wegzukommen, Tickets müssten günstiger werden. Problematisch sei, dass in der Entwicklung des Westertors Klimaschutz und Radverkehr keine Rolle spielten: "Da geht es nur um die Auswirkungen auf den Autoverkehr."
Dorfbewohner werden abgeschnitten
Uwe Hartmeier vom Verkehrsclub Deutschland Minden-Lübbecke-Herford kann die Pläne der Stadt ebenfalls nicht nachvollziehen: "Warum soll der gut erreichbare ZOB abgerissen und durch einen schlecht erreichbaren am Niederwall ersetzt werden?" fragte er. "Dann haben wir keinen ZOB mehr, sondern Haltestellen entlang einer Straße".
Mit Blick auf eine Untersuchung, die auf längere Sicht weniger motorisierten Individualverkehr prognostiziere, brauche es eine gut funktionierende Infrastruktur: "Sonst schneidet man die Menschen in den umliegenden Dörfern einfach von Einkaufsmöglichkeiten und von Kultur ab." Ein ausreichender ÖPNV gehöre zur Daseinsvorsorge und sei Verpflichtung einer Kommune. Kritik übte Hartmeier auch daran, dass die Pläne hinter verschlossenen Türen verhandelt würden. Seine Frage deshalb: "Warum nicht eine breite Bürgerbeteiligung von Anfang an?"
Busbahnhof ist für Behinderte optimal
Kerstin Wöbbeking, stellvertretende Vorsitzende des Lübbecker Behindertenbeirats, wies auf die Bedeutung des ZOB für Blinde und Gehbehinderte hin: "Es gibt viele Menschen, die auf diesen barrierefreien ZOB angewiesen sind." Ilona Steinmeier, selbst eine Betroffene, machte auf die verschiedenen barrierefreien Elemente des ZOB aufmerksam: "Der Busbahnhof ist für unsere Bedürfnisse optimal ausgestattet."
Die neue Bürgerinitiative "Pro ZOB" wurde dann im "Cafe International" im Alten Amtsgericht aus der Taufe gehoben. Die Initiative zielt insbesondere darauf ab, dass der zentrale Busbahnhof nicht zugunsten des Westertor-Projekts verkleinert und verlegt wird. Als Sprecher werden in Zukunft Rolf Kienemann, Christiane Brune-Wiemer, Jonathan Sanke und Uwe Hartmeier fungieren. Alle Sprecher haben einen eigenen Aufgabenbereich. Darüber hinaus soll eine Internetseite erstellt werden, die aktuell noch nicht freigeschaltet ist.