Mobilitätskonzept soll für dichteres Netz und schnellere Umstiege im Minden-Lübbecker ÖPNV sorgen

Kreis Minden-Lübbecke. Wo fahren künftig Schnellbusse? Wie erschließen regionale Buslinien die Region und wo übernehmen das Taxi-Busse? Ein Mobilitätskonzept für den Kreis Minden-Lübbecke soll das regeln. Dessen Entwurf wurde im April dieses Jahres vorgestellt, nachdem viele Beteiligte in den vergangenen Jahren darüber beraten hatten. Im Ausschuss für Infrastruktur des Kreises wurde darüber gesprochen und auch im Behindertenbeirat. Gleichwohl seien im Informationssystem des Kreises Minden-Lübbecke keine Unterlagen zu dem Konzept zu finden, kritisieren der Lübbecker Uwe Hartmeier und Thomas Dippert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Beide fragen sich, wie angesichts der fehlenden Unterlagen der Kreistag informiert werde. Das aber ist nicht der einzige Kritikpunkt an dem Konzept. Dass das ausführliche Konzept nicht im Informationssystem des Kreises Minden-Lübbecke zu finden ist, deutet für die beiden engagierten VCD-Mitglieder darauf hin, dass man möglicherweise gar nicht groß darüber reden wolle. Die beteiligten Gremien hätten sich nur &bdquo;niederschwellig“ damit befasst – interessanterweise ohne die Unterlagen. Der Entwurf des Mobilitätskonzeptes hat aus Sicht von Uwe Hartmeier einige positive Ansätze, &bdquo;die in die richtige Richtung deuten“. Es müsse im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ein Netz geschaffen werden, das so dicht sei, dass auch Umstiege schnell möglich seien ohne lange Wartezeiten. Ein Riesenschritt sei auch die Ausweitung der Zeiten, in denen die Buslinien bedient werden. Derzeit sei oft um 20 Uhr Schluss, auf manchen Linien noch früher. Der Entwurf des Konzeptes sieht vor, dass für die Buslinien montags bis freitags eine Bedienungszeit von 5 bis 22.50 Uhr mindestens im Stundentakt vorgesehen ist, samstags dann von 6 bis 23.50 Uhr und sonntags von 9 bis 22.50 Uhr. Es gehe nicht nur um Daseinsvorsorge als Grundversorgung, sondern um Teilhabe. Auch Menschen ohne Auto müssten durch den ÖPNV etwa an kulturellen oder politischen Veranstaltungen teilnehmen können. Beispielhafte Initiative in Stemwede Für ein ÖPNV-Angebot würden auch die Verbesserung der Infrastruktur, ein stabiler Fahrplan und eine kleinteilige Erschließung der Fläche benötigt. Der lokale Verkehr müsse als Ergänzung zum regionalen Liniennetz ausgebaut werden, etwa durch On-Demand-Verkehre. Auch müssten Angebote miteinander verknüpft werden, verwiesen Thomas Dippert und Uwe Hartmeier auf Mobilstationen. Bei denen würden bestenfalls vier Verkehrsträger aufeinandertreffen und den Übergang zum ÖPNV erleichtern: Bahn, Bus, Auto und Fahrrad. Als beispielhaft bewerteten die beiden VCD-Vertreter die kommunale Initiative in Stemwede, wo in Wehdem die erste Mobilstation eingerichtet wurde. Levern und Haldem folgten. Der Entwurf des Mobilitätskonzeptes für Minden-Lübbecke weise Schwächen auf, verweisen Hartmeier und Dippert etwa auf das Schnellbus-Netz und die On-Demand-Verkehre. Es fehle die Vernetzung der vom Gutachter vorgeschlagenen Linien. Zudem sei nicht nachvollziehbar, dass der &bdquo;Wiehenblitz“ nicht berücksichtigt werde. Die Schnellbus-Linie 513 zwischen Minden ZOB und Preußisch Oldendorf Markt sei die am besten frequentierte Linie des Verkehrsunternehmens MKB. Der VCD setzt sich dafür ein, dass der &bdquo;Wiehenblitz“ wieder bis Minden Bahnhof verlängert wird, was die Attraktivität noch erhöhen würde. Eine Schnellbuslinie von Bohmte über Preußisch Oldendorf und Lübbecke nach Bad Oeynhausen sei eine gute Idee – vor allem als Vorlauf für eine Wiederbelebung des Personenverkehrs auf der Bahnlinie zwischen Bad Holzhausen und Bohmte. Die Buslinie müsse auch über Börninghausen führen. In Hüllhorst müsste aus Sicht des VCD die gesamte Linienführung geändert und ein Verknüpfungspunkt mit der Linie 615 (Hüllhorst-Löhne) eingerichtet werden. &bdquo;Wiehenblitz“ fehlt im Konzept Dass der &bdquo;Wiehenblitz“ nicht im Konzept auftauche, sei &bdquo;irritierend“, sagten Hartmeier und Dippert. Für eine schnelle Verbindung von Preußisch Oldendorf über Lübbecke und Hüllhorst nach Bad Oeynhausen schlägt der VCD vor, die bestehenden Linien 626 (Pr. Oldendorf-Lübbecke), 614 (Lübbecke-Schnathorst) und 614 (Schnathorst-Bad Oeynhausen) zu einer neuen Linie zusammenzufassen. Zumindest &bdquo;fragwürdig“ ist aus VCD-Sicht die mögliche Schnellbuslinie Espelkamp-Stemwede-Bohmte. Die angedachte Linienführung über die L770 sei zwar schnell, aber frei von Fahrgästen. Eine Linienführung über Fabbenstedt, Vehlage und Destel sei nicht viel länger, habe aber Fahrgast-Potenzial. Die Buslinie 605 zwischen Minden und Rahden müsste aus Sicht des VCD übergangsweise bis Preußisch Ströhen verlängert werden, bis die Bahnlinie von Rahden in Richtung Bassum/Bremen wieder reaktiviert sei, merkte Hartmeier an. Der VCD frage sich, warum das Schnellbus-Netz nicht ausgedehnt werde, so Hartmeier und Dippert. Dazu gehöre eine Linie zwischen Ovenstädt und Minden sowie vom möglichen neuen Bahnhalt Eisbergen über Porta zum Klinikum Minden und weiter zum ZOB Minden. Solche Linien fehlten in dem Konzept. Zudem verweisen Hartmeier und Dippert darauf, dass die Schnellbus-Linien laut den Überlegungen vom Kreis getragen und die Kosten auf die Kommunen umgelegt würden. Dabei werde aber nicht berücksichtigt, dass es für solche Linien auch steuerfinanzierte Zuschüsse gebe und der Kreis die Kosten nicht allein tragen müsste. Virtuelle Haltestellen in 300 Metern Der Kreis sei gesetzlich verpflichtet, den Busverkehr zu organisieren. Das aber delegiere er an die Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV). Partner bei der MHV ist auch der Kreis Herford. Und hier wähnen die VCD-Vertreter den nächsten Konflikt. Während der Kreis Herford mehr Verantwortung für den ÖPNV ins Kreishaus holen wolle, wolle der Kreis Minden-Lübbecke Verantwortung an den Verkehrsverbund OWL in Bielefeld abgeben. &bdquo;Das sind Zwillinge, die sich akut auseinanderzerren“, merken Uwe Hartmeier und Thomas Dippert an. Die im Konzept gemachten Vorschläge für lokale Mobilität gingen komplett am Thema vorbei, machen Hartmeier und Dippert deutlich. Die VCD-Vertreter setzen dagegen auf ein On-Demand-System, das bereits in den Kreisen Vechta und Cloppenburg sowie in NRW als Pilotprojekt in Gronau läuft. Es geht in die Richtung eines Antrags der FDP im Landtag NRW, ein digitales ÖPNV-Taxi zu stärken. Im lokalen Bereich müsse es eine Kernlinie mit festen Haltestellen geben. Die Feinverteilung erfolge dann über &bdquo;virtuelle Haltestellen“, die maximal 300 Meter von der Haustür entfernt seien. So eine Querverbindung zwischen Linienbus und Taxi-Gewerbe sei ein &bdquo;Innovationssprung, den wir nicht verpassen dürfen“. Solche On-Demand-Verkehre mit Bus und Taxi ließen sich klug kombinieren, leider sei man in Minden-Lübbecke Lichtjahre davon entfernt. Dabei senke ein solches System auch die Kosten.

Meistgelesen