Freispruch trotz Rechtsüberholmanöver und Unfall auf der A2 bei Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Der Feierabendverkehr auf der Autobahn 2 zwischen Bielefeld und Bad Oeynhausen ist nichts für schwache Nerven. Ein Geschäftsmann aus Minden hat sich auf der Rückfahrt aus Stuttgart an einem Freitagnachmittag im Frühjahr mit seinem VW Phaeton offenbar geschickt links und rechts durch die Blechlawine Richtung Hannover gewurstelt, bis es krachte. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft dem 62-Jährigen vor, grob fahrlässig und rücksichtslos von rechts überholt, einen anderen Autofahrer geschnitten und damit einen Unfall verursacht zu haben. Der Geschäftsmann musste noch am Freitagnachmittag, 14. April 2023, auf der Autobahn seinen Führerschein abgeben. Gegenüber den Autobahnpolizisten machte er von seinem Schweigerecht Gebrauch. Vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen ließ er dagegen nicht nur seinen Rechtsanwalt sprechen, sondern ergriff selbst das Wort. Mit Erfolg. Entgegen der Darstellung der Staatsanwaltschaft sei er im stockenden Verkehr bloß mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 120 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen, schildert der Phaeton-Fahrer seine Fahrsituation. Mal sei die linke Spur schneller gewesen, mal die Mittelspur und mal die rechte Spur. Vor dem Unfall sei er von der Mittelspur auf die Überholspur gewechselt, weil sich eine Lücke aufgetan habe. Doch da sei ihm ein Autofahrer von hinten ins linke Heck gefahren. Gefährliche &bdquo;Spurenspringerei“? Sein Auto blieb an der Mittelleitplanke stehen. Menschen wurden nicht verletzt, es blieb bei Blechschäden. Der Schaden wurde zunächst mit 15.000 Euro angegeben, die Versicherung ging aber nach Zweitgutachten von etwa der Hälfte der Summe aus. Für den Strafprozess war die Höhe des Schadens jedoch unerheblich. Die Anklage wirft dem Phaeton-Fahrer Straßenverkehrsgefährdung vor. Das ist eine Verkehrsstraftat. Im zweiten Unfallfahrzeug saß ein 65-jähriger Mann aus Bad Oeynhausen mit seiner 54-jährigen Lebensgefährtin. Die beiden waren auf dem Rückweg von einer Beerdigung. Die Unfallbeteiligten verständigten sich, mit ihren Autos einen nahen Pendlerparkplatz anzusteuern und dort alles Weitere zu regeln. Dorthin kam auch die Polizei. Der Autofahrer aus Bad Oeynhausen hat die Situation vor dem Unfall ganz anders erlebt. Der Phaeton sei ihm bereits an der Auffahrt Bielefeld-Ostwestfalen aufgefallen, weil er sich mit einem hellblauen BMW ein Rennen geliefert habe und immer wieder von rechts überholt habe. Hinter der Abfahrt Bad Salzuflen sei der Verkehr weniger geworden und der Phaeton habe Gas gegeben. Vorm Herforder Hügel aber habe er plötzlich abgebremst. Kurz vor Bad Oeynhausen sei der Phaeton dann direkt vor ihm von der Mittelspur auf die Überholspur gewechselt - und ihm damit ins Auto gefahren. Seine Beifahrerin bestätigte diese Aussage. Der Staatsanwalt hat plötzlich Zweifel Für den Staatsanwalt war das aber nicht Beweis genug. &bdquo;Ihr Überholen war falsch“, sagte der Ankläger. Der Spurwechsel sei nicht gefahrlos möglich gewesen und Ursache des Unfalls. &bdquo;Aber war das auch grob verkehrswidrig?“ Der Staatsanwalt äußerte Zweifel an der Schuld des Phaeton-Fahrers. Wenn sei es eine Ordnungswidrigkeit und bereits verjährt. Ein Gutachter konnte anhand der Schäden zudem nicht rekonstruieren, von welchem Fahrzeug der Fahrfehler ausging. Sicher war nur: Beide Fahrzeuge waren gleich schnell. Die &bdquo;Spurenspringerei“, so der Staatsanwalt, sei aber bloß dem Zeugen aufgefallen. Vor Gericht stünde damit Aussage gegen Aussage. Dass in zäh fließendem Verkehr die mittlere oder die rechte Spur schneller ist als die Überholspur, komme immer wieder vor. &bdquo;Das ist aber kein Überholen.“ Der Ankläger beantragte deshalb Freispruch für den Angeklagten. Der Verteidiger schloss sich an. Der Richter sprach den 62-jährigen Phaeton-Fahrer schließlich vom Vorwurf der Straßenverkehrsgefährdung frei. Die Gerichtskosten zahlt die Staatskasse. Seinen Führerschein hat der Angeklagte bereits zurück. Für die Dauer des Entzugs hätte er Entschädigung fordern können. Er verzichtete.

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