Sekundenschlaf? BMW-Fahrer umfährt Verkehrsinsel in Bad Oeynhausen und kracht in Linksabbiegerin

Bad Oeynhausen. Ein 35-jähriger Reha-Patient wollte am späten Nachmittag des Maifeiertags offenbar möglichst rasch aus der Klinik &bdquo;Porta Westfalica“ zurück nach Minden. Der BMW-Fahrer fiel in der Kurstadt anderen Verkehrsteilnehmern wegen seiner riskanten und lebensgefährlichen Fahrweise auf. Auf der Dehmer Straße verursachte er damit einen schweren Unfall. Er krachte beim Überholen und Umfahren einer Verkehrsinsel in eine Linksabbiegerin. Die Dacia-Fahrerin laboriert noch heute an den Folgen ihrer Verletzungen. Der BMW-Fahrer muss sich knapp sechs Monate danach vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld wirft dem Angeklagten drei Straftaten vor: verbotenes Kraftfahrzeugrennen, Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässige Körperverletzung. Seinen Führerschein musste der BMW-Fahrer noch am Mittwoch, 1. Mai, abgeben. Handy und Fahrzeug wurden ebenfalls beschlagnahmt. Dem Angeklagten drohen eine Geldstrafe und eine Führerscheinsperre von insgesamt 18 Monaten. Der Verteidiger stellt die Schuld seines Mandanten nicht infrage, allerdings habe der 35-Jährige keine Erinnerung mehr an den Hergang. Ziel der Verteidigung sei es, die Führerscheinsperre zu verkürzen. Sein Mandant ist nicht vorbestraft, für drei Kinder unterhaltspflichtig und derzeit arbeitslos, hat aber eine neue Stelle in Aussicht, für die der Bauarbeiter jedoch seinen Führerschein schnellstmöglich bräuchte. Verteidiger feilscht um die Sperrfrist Der Staatsanwalt hat dafür grundsätzlich Verständnis. Bei der Sperrfrist sieht er jedoch wenig Verhandlungsspielraum. Schließlich einigen sich Verteidiger, Staatsanwalt und Richter darauf, die Anklage wegen des Kraftfahrzeugrennens einzustellen und die Sperre nur um fünf weitere Monate zu verlängern. Dann könnte der BMW-Fahrer bei der Straßenverkehrsbehörde in Minden einen neuen Führerschein beantragen. Für dieses Entgegenkommen erwarten Richter und Staatsanwalt aber ein Geständnis des Angeklagten. Und das geht schief. Der Verteidiger weist darauf hin, dass sein Mandant keine Erinnerung mehr an den Unfall habe. Er könne also nichts gestehen, woran er sich nicht erinnert. Und dann sagt der Verteidiger diesen Satz, der den Staatsanwalt aus der Haut fahren lässt: &bdquo;Vielleicht war es Sekundenschlaf.“ Der Staatsanwalt reagiert sofort. &bdquo;Das können wir ausschließen.“ Er kenne die Dehmer Straße aus eigener Erfahrung. Wer in der Rechtskurve auf dem Hahnenkamp links an einer Verkehrsinsel vorbei eine Kolonne von Autos überhole, könne sich nicht auf Sekundenschlaf berufen. &bdquo;Ihre Fahrweise war Wahnsinn!“ Er fühle sich nicht mehr an die Absprache gebunden und werde die volle Härte des Strafrechts fordern. An jeder Ampel &bdquo;volles Mett“ Mehrere Zeugen, die von dem BMW-Fahrer überholt wurden, schildern dem Gericht die rücksichtslose Fahrweise des Angeklagten. Schon auf der Steinstraße fiel der eilige Reha-Patient anderen Autofahrern auf, weil er heftig aufs Gaspedal drückte. &bdquo;Sie haben an jeder Kreuzung volles Mett gegeben“, fasst der Staatsanwalt zusammen. Genauso an der Engstelle auf der Mindener Straße, wo die Fahrbahn einspurig wird, und an jeder weiteren roten Ampel. Der Angeklagte behauptet dagegen, er habe es gar nicht eilig gehabt. Einem Zeugen an der Unfallstelle hatte er allerdings erzählt, dass er schnell zu seinem Bruder nach Minden fahren wollte. Womöglich stand er da aber unter Schock. Ein Polizist, der zum Unfall gerufen wurde, hatte jedenfalls diesen Eindruck. Das Unfallopfer, die 51-jährige Linksabbiegerin aus Bad Oeynhausen, schildert dem Richter, dass sie zwar den Gegenverkehr und den kreuzenden Fußgängerverkehr im Blick gehabt habe. Mit einem Auto auf der falschen Fahrspur von hinten links habe sie aber nicht gerechnet. Die Fahrzeuge krachten ineinander, der BMW überschlug sich und blieb auf dem Dach liegen. Mehrere Autofahrer leisteten Erste Hilfe. Probleme beim Anblick von BMWs Körperlich kamen beide mit leichten Blessuren davon. Die 51-Jährige ist derzeit noch in psychologischer Behandlung. Sie hat Probleme beim Anblick von großmotorigen Autos und vor allem von BMWs. &bdquo;Die BMWs können ja nichts dafür“, sagt sie dem Richter. In seinem Schlussvortrag fordert der Staatsanwalt schließlich eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Euro (2.400 Euro). &bdquo;Diese Fahrweise ist Wahnsinn“, wendet sich der Staatsanwalt direkt an den Angeklagten: &bdquo;Sie können froh sein, dass niemand tot ist.“ Die Einlassung vom &bdquo;Sekundenschlaf“ sei &bdquo;fast eine Frechheit“. Der Angeklagte habe &bdquo;keine Einsicht“ gezeigt und sei charakterlich nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet. Er fordere deshalb 18 Monate Führerscheinsperre. Der Verteidiger erklärt, an dem Unfall gebe es &bdquo;nichts zu beschönigen“. Sein Mandant realisiere die Folgen, eigentlich sei er &bdquo;ein vorsichtiger Fahrer“. Von &bdquo;Sekundenschlaf“ mag der Anwalt nicht mehr sprechen, aber von &bdquo;Sekundenversagen“. Sein Mandant lebe erst seit 2014 in Deutschland und könne sich nicht anders ausdrücken, entschuldigt er die Wortwahl. Das Strafmaß sei angemessen, er fordert aber eine verkürzte Sperrfrist. Der Richter schließt sich dem Verteidiger an und verurteilt den Angeklagten wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Euro (2.400 Euro). Der BMW-Fahrer darf erst in fünf Monaten einen neuen Führerschein beantragen. Der Angeklagte habe die Vorwürfe eingeräumt, so der Richter: &bdquo;Sie sind enorm schnell gefahren und haben einen Unfall verursacht.“ Ob der Angeklagte seinen Führerschein wirklich zurückerhält, sei Sache der Straßenverkehrsbehörde. Verteidiger und Staatsanwalt verzichten auf Rechtsmittel. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

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