Werreumbau in Bad Oeynhausen und Löhne: 7.000 Bäume gefällt

Bad Oeynhausen. Motoren brummen, Äste krachen: Unüberhörbar haben die Gehölzarbeiten an der Werre begonnen. Auf einem etwa 1,7 Kilometer langen Abschnitt zwischen dem Werreknie und dem Sielwehr müssen Tausende Bäume weichen, um Platz für den naturnahen Umbau des Flusses zu schaffen. Damit wird das Kernprojekt der Werreumgestaltung, die seit Jahren geplant wird, nun tatsächlich umgesetzt. Bis Ende des nächsten Jahres wird sich die Flusslandschaft im Grenzgebiet der Städte Bad Oeynhausen und Löhne massiv verändern. Westlich des alten Werrearms haben die Arbeiter des Kalletaler Wald- und Forstbetriebes Döhr ihre Arbeit mit dem 26 Tonnen schweren &bdquo;Harvester“ - ein &bdquo;Vollernter“ für Bäume - und der große Rückemaschine mit dem Fällen begonnen. Auf der insgesamt einen Hektar großen Fläche werden in den kommenden vier Wochen rund 15.000 Gehölze beseitigt, wie Forstunternehmer Daniel Döhr schätzt. Etwa 7.000 der Gehölze haben nach seiner Einschätzung eine solche Stammstärke, dass sie auch den Namen Baum verdienen. Überwiegend handelt es sich um Erlen, Birken, Ahorn und Pappeln, die gefällt werden. Viele der Bäume seien erst 10 bis 15 Jahre alt, andere 30 bis 40, so Döhrs Einschätzung. Auch Stefan Schwengel stuft die betroffenen Waldstücke als ökologisch &bdquo;weniger wertvoll“ ein. Der selbstständige Landschaftsplaner begleitet das Projekt, um die Umsetzung der Umweltauflagen zu überwachen. Einige der Bäume - zum Beispiel eine größere Weide am Radweg oder eine Hainbuche am alten Werrearm - sind mit einem orangefarbenen Dreieck markiert. &bdquo;Diese Bäume bleiben stehen, weil sie mögliche Nistbäume für Fledermäuse sein könnten“, erläutert Schwengel. Viele solcher potenziellen Nistbäume aber habe man bei der Voruntersuchung des Bestandes nicht gefunden. &bdquo;Dennoch haben wir vorsorglich 24 Nistkästen für Fledermäuse aufgehängt“, sagt Schwengel. .responsive23-7pW8w0CoNf5zAaYc-map-7-000-baeume-fuer-werreumbau { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-7pW8w0CoNf5zAaYc-map-7-000-baeume-fuer-werreumbau { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-7pW8w0CoNf5zAaYc-map-7-000-baeume-fuer-werreumbau { padding-top: 142.86%; } } &bdquo;Der Verlust der Gehölze ist zwar traurig, aber nicht vermeidbar“ Besonderen Schutz genießen auch die 15 bis 20 alten Eichen, die vor allem den Radweg an der Werre säumen. &bdquo;Die bleiben auf jeden Fall stehen“, versichert Eckhard Nolting, Biologe und Leiter des Werre-Projektes bei der Stadtverwaltung. Zum Teil werden diese rund 250 Jahre alten Bäume auf Inseln stehen, manche in Gruppen, andere auch einzeln. Dafür wurde das Strömungsverhalten der Werre vor allem bei Hochwasser eigens neu berechnet, denn die Bauminseln verändern den Wasserfluss. Dennoch bleibt die Frage: Was rechtfertigt einen solchen Kahlschlag von Tausenden von Bäumen? &bdquo;Wir schaffen hier einen großen naturnahen Flussabschnitt“, erläutert Eckhard Nolting. &bdquo;Ich wüsste kein vergleichbares Projekt an einem Fluss dieser Größe.“ Auch Stefan Schwengel sieht die Vorteile: &bdquo;Der Verlust der Gehölze ist zwar traurig, aber nicht vermeidbar“, sagt der Landschaftsplaner. Und der Werreumbau, vor allem die Beseitigung des Sielwehres, hätten Auswirkungen weit flussaufwärts. &bdquo;So wird etwa die Durchgängigkeit des Flusses für Fische deutlich verbessert.“ Wie positiv sich eine solche Umgestaltung auswirke, könne man an dem Abschnitt kurz unterhalb des Sielwehres sehen. Hier wurde schon 2022 ein etwa 400 Meter langer Bereich der Werre umgebaut. Und es gebe für die gefällten Bäume auch Ersatzpflanzungen, betont Nolting: Westlich des Werreknies soll eine &bdquo;Hartholzaue“ mit Eichen, Ulmen und Linden bestückt werden. Werreradweg wird eine Woche lang gesperrt Und schließlich soll der Umbau der Werre auch in besonderer Weise dem Hochwasserschutz Rechnung tragen. Denn gerade für Hochwassersituationen soll der Fluss deutlich mehr Spielraum bekommen. Auf 100 Meter soll das Bett der Werre vor dem jetzigen Sielwehr verbreitert werden. &bdquo;Darauf ist ja auch schon die neue Sielbrücke ausgelegt“, erinnert Nolting. Die Werre soll sich künftig auch dort breitmachen, wo jetzt noch der Werreradweg verläuft. Einen neuen Radweg soll es später südlich, Richtung Kanalstraße geben. Außerdem wird südlich der Werre noch eine Flutrinne angelegt, durch die das Wasser bei hohen Pegelständen der Werre fließen soll. Bis zu 50 Meter breit und etwa 500 Meter lang wird diese Rinne, für die der große Vollernter derzeit eine Schneise durchs Gehölz schlägt. Auch der alte Werrearm wird in den Umbau mit einbezogen. &bdquo;Der soll vertieft und an die Werre angeschlossen werden“, kündigt Nolting an. Insgesamt sollen so Hochwasser-Retentionsräume mit einem zusätzlichen Fassungsvermögen von 430.000 Kubikmetern entstehen, erklärt Eckhard Nolting. Die Fällarbeiten sollen nach Döhrs Zeitplan schon in drei bis vier Wochen erledigt sein. Vom 8. bis 15. Oktober werde der Werreradweg gesperrt, da dann unmittelbar am Weg gefällt werden solle, kündigt der Unternehmer an. Mehrere Bomben-Blindgänger im Bereich vermutet Ab März oder April 2025 sollen dann die Erdarbeiten beginnen, stellt Nolting in Aussicht. Vorher muss noch einmal das Bombenräumkommando kommen. Man habe an mehreren Stellen - alle in Löhne, eine davon im Fluss - Verdachtspunkte für womöglich noch explosive Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden, bestätigt Jan-Martin-Müller von der Stadtverwaltung. Erst wenn die Bombenexperten grünes Licht geben, rollen die Bagger an. &bdquo;170.000 Kubikmeter Boden müssen bewegt werden, davon werden 140.000 Kubikmeter abgefahren“, erklärt der Projektleiter. 140.000 Kubikmeter Erde, das entspricht etwa 12.000 Lastwagenladungen. &bdquo;Der Boden wird über eine eigene Zufahrt über die Kanalstraße und die Autobahn abgefahren“, so Nolting. Ein großer Teil des Aushubs solle genutzt werden, um einen tiefen und steinigen Baggersee in Porta aufzufüllen. Ein kleinerer Teil könnte auch auf den Feldern der Umgebung landen, um mit dem sandigen Aushub schweren Lehmboden zu lockern. Gespräche mit interessierten Landwirten liefen dazu noch, so Nolting. Bis Ende 2025 soll der Flussumbau in diesem Abschnitt abgeschlossen sein. Erst danach, 2026, werde das Sielwehr samt alter Sielbrücke abgerissen. 18 bis 19 Millionen Euro kalkuliert Nolting für diesen zentralen Abschnitt des Werreumbaus samt aller Nebenkosten. Über 90 Prozent werden über Fördermittel vom Land bezahlt. Den verbleibenden Eigenanteil teilen sich die Städte. Grob gehe man davon aus, dass Löhne 30 und Bad Oeynhausen 70 Prozent davon übernehmen würden. Danach bleibt noch der letzte Bauabschnitt rein auf Löhner Gebiet, der vom Werreknie über rund 3,5 Flusskilometer bis zum Löhner Gymnasium reicht. Wann die Arbeiten an diesem Abschnitt beginnen, hänge auch vom Grunderwerb ab, so Nolting. Ein großer Teil der betroffenen Grundstücke an der Werre seien in Löhne im Privateigentum. &bdquo;Es wird sicher noch mindestens zwei bis drei Jahre dauern, bis es da losgeht“, so Noltings Prognose. Lesen Sie auch: Wie die Werre (wieder) aussehen könnte

Meistgelesen