SPD-Landratskandidat hält Bad Oeynhausener Krankenhaus-Neubau "für gesetzt"

Herr Dogan, muss der Landrat ein Verwaltungsexperte sein? Ali Dogan: Er muss definitiv ein Experte in Verwaltungsarbeit sein, denn seit der Neuorganisation der Verwaltungen vor über 20 Jahren gibt es ja nicht mehr die Doppelspitze aus ehrenamtlichem Landrat und hauptamtlichen Verwaltungsleiter. Sondern nur noch einen Hauptverwaltungsbeamten, der eine große Verwaltung, in diesem Fall mit 1.800 Köpfen, führen muss. Aber Verwaltungsexperte zu sein ist nur einer von drei Bestandteilen, die ein Landrat mitbringen muss. Der zweite ist: Er muss auch politische Fähigkeiten haben. Und drittens: Er muss auch nah bei den Menschen sein. Aber ist damit das Landratsamt nicht der demokratischen Zugangsmöglichkeit entzogen, weil 90 Prozent der Menschen nicht mehr in der Lage sind, für dieses Amt zu kandidieren? Da haben Sie nicht ganz unrecht. Deshalb lassen Sie es mich so sagen: Ein Landrat muss deutlich Führungserfahrung mitbringen. Ob er diese Führungserfahrung in einer öffentlichen Verwaltung gesammelt haben muss, darüber kann man streiten. Was qualifiziert Sie für das Amt des Landrates im Kreis Minden-Lübbecke? Genau die drei Voraussetzungen, die ich eben genannt habe, bringe ich mit. Ich bin seit knapp 15 Jahren in der öffentlichen Verwaltung tätig, sowohl bei der Landesregierung als auch bei einer Bundesbehörde, der Agentur für Arbeit. Seit knapp zehn Jahren übe ich in der Kommunalverwaltung eine Führungsaufgabe aus, zuletzt mit rund 500 Beschäftigten. Die öffentliche Verwaltung kenne ich in- und auswendig. Politisch komme ich aus der ehrenamtlichen Arbeit, auch dort war ich auf allen Ebenen unterwegs. Ich war im Stadtrat, im Kreistag, im Landesvorstand und kooptiert im Bundesvorstand der SPD. Mehr parteipolitische Erfahrung kann man kaum mitbringen. Ich bin sehr gut vernetzt in der Politik. Ich hätte vielleicht auch ein Foto mit Olaf Scholz machen können. Aber darauf habe ich bewusst verzichtet. Denn ob das den Menschen etwas bringt? Und drittens: Ich bin sehr nah bei den Menschen. Ich komme von unten, ich höre den Menschen zu und arbeite gern mit ihnen zusammen. Sollte man die Stadt Bad Oeynhausen nicht besser dem Kreis Herford zuschlagen? Bei Landtagswahlen ist die Stadt ohnehin schon teilweise, bei Bundestagswahlen ganz dem Nachbarkreis zugeordnet. Das sehe ich nicht so. Denn dann würde der Mühlenkreis ziemlich viel verlieren. Bad Oeynhausen ist eine sehr schöne und wirtschaftlich starke Stadt. Die Stadt Bad Oeynhausen und ihre ehemals eigenständigen Gemeinden gehören schon historisch zum ehemaligen Kreis Minden. Ich nehme aber schon wahr, dass gewisse Teile des Mühlenkreises sich auch 50 Jahre nach der Gebietsreform nicht als zugehörig zum Kreis fühlen. Ich möchte als Landrat deutlich machen, dass für mich nicht nur das Mindener Land, sondern auch der Altkreis Lübbecke und Bad Oeynhausen, egal, ob vor oder hinter dem Berg, rechte oder linke Weserseite, eine Einheit bilden. Ich bin aber auch nicht so utopisch veranlagt zu glauben, dass das sofort gelingt. Dazu sind viele kleine Schritte und Zeichen notwendig. Der Landrat für den Kreis Minden-Lübbecke wird am 15. Januar für acht Jahre gewählt. Auf welchem Stand werden sich am Ende dieser Amtszeit die Planungen der Mühlenkreiskliniken für die Neubauten von zwei Krankenhäusern in Bad Oeynhausen und dem Lübbecker-Espelkamper Land befinden? Ich bin froh, dass es keine fünfjährige Amtszeit ist, denn solche Großprojekte brauchen Zeit. Mein Wunsch wäre, dass wir bis dahin mehr als nur Grundsatzentscheidungen gefällt haben. Wir werden die Bauprojekte nicht abgeschlossen haben. Mein Ziel wäre aber schon, dass die Standortfragen und die Finanzierung geklärt wären und wir schon in der Bauphase wären. Ich würde gerne schon vor der nächsten Wahl den ersten Spatenstich machen. Das heißt: Bis dahin sind die Bauprojekte nicht einfach im Sande verlaufen? Nein. Ich bleibe aber dabei, dass wir unter den derzeitigen Förderbedingungen zwei Neubauprojekte niemals finanzieren können. Wir befinden uns da aber in guter Gesellschaft. Die Expertenkommission von Karl Lauterbach sagt ja, dass der Krankenhausstrukturfond neu aufgelegt werden muss. Es wird also andere Förderungsmöglichkeiten geben. Die Kommission fordert auch eine Neu-Kategorisierung der Krankenhauslandschaft, die neue Lösungsansätze bietet, die uns zum Neudenken verpflichten. Wir werden bauen müssen. Ich glaube, mit großer Wahrscheinlichkeit in Bad Oeynhausen. Das halte ich für gesetzt. In welcher Dimension, inwieweit mit dem HDZ zusammen, da bin ich kein Experte, da muss ich mir die Sachlage noch näher anschauen. Ob wir eine Lösung für Rahden finden, etwa mit einem Medizinischen Versorgungszentrum, darüber müsste ich mit dem Bundesgesundheitsministerium sprechen. Das Papier der Expertenkommission bietet dafür eine gute Grundlage. Damit zusammen hängt die Frage, was wird mit Lübbecke/Espelkamp. Ich würde gern prüfen lassen, ob Alternativen, wie etwa die Sanierung des Lübbecker Krankenhauses nicht doch eine Option sein können. Ich glaube, es ist zu vorschnell, nur mit einem, womöglich nicht validen Gutachten zu Sanierungsmöglichkeiten oder auch der Erreichbarkeit zu entscheiden. Ich möchte gern eine Zweit- vielleicht sogar eine Drittmeinung dazu einholen. Auch die Nachhaltigkeitsdebatte sollten wir führen. Ich würde als Landrat niemals 500 Millionen bis eine Milliarde Euro investieren, ohne mindestens ein Zweitgutachten einzuholen. Das überforderte unsere Kommunen, und das würde auch die Mühlenkreiskliniken selbst strukturell gefährden. Wenn Sie sagen, dass Sie auf andere Fördermöglichkeiten hoffen, bedeutet das, dass Sie auf die avisierten 178 Millionen Euro von Bund und Land verzichten? Nein, es gibt ja auch einen Kreistagsbeschluss dazu. Ich würde das eine tun und das andere nicht lassen. Die eine Verhandlungslinie ist, die Finanzierbarkeit der Neubauten mit den 178 Millionen zu prüfen. Dazu möchte ich auch die elf Kämmerer der Kreis-Kommunen an den Tisch holen und hören, was die sagen. Die Kämmerer müssen dann auch konkret sagen, was das für die Bürger bedeutet, wenn wir 800 Millionen Euro ausgeben. Und auf der anderen Linie werde ich mit der Staatssekretärin von Lauterbach, Antje Draheim, sprechen, mit der ich eng zusammengearbeitet habe, als ich in Mecklenburg-Vorpommern war. Ich werde fragen, was sie uns empfehlen würde und ob wir andere Fördermöglichkeiten in Aussicht haben. Dann fordern Sie also dasselbe wie Ihr Mitbewerber Jörg Schrader? Er hat gesagt, er wird mit denselben Grundlagen wie bisher, mit denselben Unternehmen eine Überprüfung vornehmen. Der große Unterschied ist, dass ich alles, auch den bisherigen Stand, noch einmal überprüfen lassen will und bereit bin, gegebenenfalls auch gangbare Alternativen zu finden. Auch, ob ein Neubau und die Zusammenlegung von Krankenhaus und Auguste-Viktoria-Klinik in Bad Oeynhausen notwendig ist? Zumindest die Finanzierung würde ich auch hier überprüfen. Aber noch mal: Um einen Neubau in Bad Oeynhausen werden wir kaum drumherum kommen. Aber man kann solch ein Projekt ja auch in mehreren Schritten, in verschiedenen Abschnitten vollziehen – und zu klären ist eben auch, ob man hierfür Partner findet. Stehen Ihre Genossen der SPD-Fraktion im Kreistag dahinter? Erstmal kandidiere ich als Landrat. Der Landrat muss für die Bürgerinnen und Bürger denken und nicht für irgendeine Parteistruktur. Ich fühle mich aber sehr unterstützt von meinen Parteigenossen. Seit der Düsseldorfer Antwort auf den Förderantrag im Frühjahr 2022 ist klar, dass sich das Land NRW aus seiner Verantwortung stiehlt und die Kommunen und die MKK im Stich lässt. In der Forderung wie auch der Bewertung bin ich mir mit der SPD-Kreistagsfraktion völlig einig, ebenso wie in dem Ziel, über neue Initiativen und mögliche Alternativen das weiterhin richtige Ziel doch zu erreichen. Gibt es für Sie eine Grenze bei der Kostenabschätzung, ab der Sie sagen würden: Das ist nicht finanzierbar? Es kann für die Gesundheitsversorgung keine Grenze geben. Kostet der ganze Spaß 900 Millionen Euro, werden wir auch das stemmen müssen. Aber in kluger und gescheiter Weise. Ich glaube nicht, dass wir das in einem Wurf stemmen können. Die Frage ist auch, ob wir uns so abhängig machen müssen von Fördermitteln, Wenn wir am Ende womöglich gar eine Milliarde ausgeben müssen, da retten uns die 178 Millionen Euro nicht. Ich garantiere, wir werden eine Lösung finden und dafür auch Geld bekommen. Wir nehmen Gedankenspiele wahr, man könne ja Funktionen des Krankenhauses an das HDZ in Trägerschaft des Landes andocken. Dann müssten die MKK keinen Krankenhausstandort in Bad Oeynhausen mehr aufrechterhalten. Ist das für Sie ein denkbares Konzept? Das gehört zu den Prüfaufträgen, ich würde mich dem nicht verschließen. Ich kann mir aber derzeit noch nicht wirklich vorstellen, dass das Land das machen würde. Nun wird die Krankenhausplanung für den nächsten Landrat des Mühlenkreises ein wichtiges, aber nicht das einzige Thema sein. Wo sehen Sie weitere Herausforderungen der kommenden Jahre? Wir brauchen deutlich mehr Kita-Plätze. Wir brauchen besser digitalisierte Schulen. Die Schulen in Trägerschaft des Kreises möchte ich auf jeden Fall auf den besten Stand heben. Ich möchte eine Fachkräfteinitiative starten. Wir brauchen ab 2026, wenn der Rechtsanspruch auf Kita- und OGS-Plätze greift, entschieden mehr Erzieherinnen und Erzieher. Da müssen wir die Ausbildung gezielt unterstützen, zum Beispiel durch Lehr-Kitas. Wir brauchen auch deutlich mehr Pflegekräfte. Hier plane ich eine Initiative gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern, den Unternehmen und den Gewerkschaften, um Geflüchtete – zum Beispiel aus der Ukraine – in die Pflegeberufe zu integrieren. Hier könnte ich mir ein Pilotprojekt im Kreis vorstellen. Und schließlich möchte ich beim Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit enger mit den Verbänden wie Klimabündnis, BUND und Nabu zusammenarbeiten. Zum Beispiel sollte man überprüfen, ob der Kreis Aufträge auch nach Nachhaltigkeitskriterien vergibt. Und ich will mich dafür einsetzen, die Verkehrsinfrastruktur zwischen den Kommunen des Kreises wie auch die Anbindung des Kreises an den regionalen und den Fernverkehr der Bahn zu verbessern. Hier gibts alle Informationen zur Landratswahl 2023 im Kreis Minden-Lübbecke

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