Ausbaupläne für ICE-Trasse: Gebäude und Straßen müssten abgerissen werden

Bad Oeynhausen. Das Planungsteam der Deutschen Bahn hat am Mittwochabend hinter verschlossenen Türen einem ausgewählten Zuhörerkreis im Kreis Minden-Lübbecke einen ersten Vorschlag zum Ausbau der bestehenden Eisenbahnstrecke zwischen Bielefeld und Hannover vorgestellt. Demnach müsste die viergleisige Trasse abhängig von der Örtlichkeit ungefähr vier bis sechs Meter breiter werden. Das hätte gewaltige Auswirkungen für Leben und Arbeit im Mühlenkreis.Selbst mitten in der Innenstadt von Bad Oeynhausen beansprucht die Bahn mehr Raum. Zahlreiche Gebäude, Straßen und gerade erst neugebaute oder im Bau befindliche Brücken wären betroffen und müssten womöglich abgerissen werden. Diese Pläne sind allerdings Wunschvorstellungen der Bahn für eine optimale Streckenführung nach den Anforderungen einer Hochgeschwindigkeitstrasse. Parallel dazu prüft die Bahn den Neubau abseits der bestehenden Gleise quer durch OWL. Projektleiter Carsten-Alexander Müller erläuterte am Donnerstagmorgen im Gespräch mit der NW die Details der Bestandsuntersuchung. Laut den inzwischen im Internet veröffentlichten Skizzen zu den Plänen sieht die Bahn teils "massive Umbauten" vor. Von Abriss ist nicht die Rede. "Wir sprechen von Überplanen", sagte Projektleiter Müller. Betroffen sind Gewerbe- und Wohngebiete in Bad Oeynhausen sowie ein "umfangreicher Umbau" des Nordbahnhofs. Um den Schienen mehr Platz zu verschaffen, vereinnahmen die Bahn-Planer Straßen und Flächen sowohl im Norden als auch im Süden der Trasse. Damit würden die Ausbaupläne der Bahn deutlich mehr Raum beanspruchen als die Gutachter im Auftrag der Bürgerinitiative Widuland für das gleiche Ziel vorschlagen. Die Bürgerinitiative hat bereits vor einer Woche ihren Vorschlag zum Ausbau präsentiert. Schienen statt Parkhaus Sültebusch Nach den Bahn-Plänen wäre in der Bad Oeynhausener Innenstadt nicht nur das Parkhaus Sültebusch und das für eine Million Euro neu errichtete Fahrradparkhaus betroffen, sondern wohl auch zahlreiche Gärten und Wohnhäuser südlich der Lindenstraße und Königsstraße. Außerdem schlagen die Planer eine "versetzte Straßenführung" Am Nordbahnhof und an der Dr.-Hopmann-Straße vor. Außerdem müssen sämtliche Bahnbrücken erneut auf den Prüfstand. Auch die Brücken, die erst in den nächsten Jahren gebaut werden sollen oder derzeit gebaut werden - wie die Großprojekte am Busbahnhof und an der Steinstraße. Ob dafür ein Anbau am Neubau reicht oder die Bauwerke abgerissen und neugebaut werden müssen, ist unklar. "Technisch ist alles machbar", sagte Projektleiter Carsten-Alexander Müller: "Die Frage ist: Was kostet es?" Der Bahn-Projektleiter nannte ausdrücklich keine Zahlen zu den womöglich vom Abriss betroffenen Gebäuden, "weil wir keine Ängste schüren wollen". Müller nahm damit Kritik aus den Reihen der Bürgerinitaitven und Naturschutzverbände vorweg, die weit im Vorfeld des Regionaltreffens die Sorge geäußert haben, dass die Bahn den Bestandausbau als Horror-Szenario zeichnen werde, um den Neubau einer ICE-Trasse durchzusetzen. Müller beteuerte dagegen, dass die Bahn erst zum Ende des Jahres alle Varianten des Aus- und Neubaus auf den Tisch legen werde. Bis dahin bitte er um etwas Geduld. Kommentar zum Ausbau der ICE-Trasse: Angst und Schrecken im Wesertal Tempo 200 in Bad Oeynhausen möglich Auch für die Nachbarstädte sehen die Bahn-Pläne zum Ausbau "massive Umbauten" am Bahnhof Minden und in Porta Westfalica einen "Eingriff ins Vogelschutzgebiet" vor. Auch bei Minden wären womöglich ganze Straßenzüge mit Wohnhäusern und Gewerbebauten dem Ausbau im Weg. Zudem entwirft die Bahn einen ganz neuen Schienenabzweig für die Eisenbahnstrecke nach Nienburg. Allerdings holen die Planer trotz massiven Umbaus bei Minden kaum Tempo für die Schnellzüge heraus. Die ICE-Züge dürften nach dem Ausbau nur mit maximal Tempo 140 nach Minden einfahren. In Bad Oeynhausen geht Projektleiter Müller davon aus, dass künftig Tempo 200 erreicht werden könnte. Die Geschwindigkeit der Züge ist ein Kriterium für den massiven Ausbau, aber nicht das einzige. Das Bundesverkehrsministerium hat die Bahn mit dem Bau einer Strecke für Tempo 300 und 31 Minuten Fahrtzeit beauftragt. Es gibt aber noch zwei weitere Bedingungen, die mehr Platz auf der bestehenden Trasse erfordern: neue Oberleitungen und neuer Lärmschutz. Derzeit kommt die Bahn mit wenigen Strommasten an den Rändern der Trasse aus. Fällt jedoch ein Mast aus, sind alle vier Gleise betroffen. Künftig sollen deutlich mehr Strommasten an jedem einzelnen Gleis stehen. "Das macht das Netz robuster", sagte Müller. Und auch in Sachen Lärmschutz gelten neue Standards. Die ICE-Züge würden die beiden mittleren Gleise befahren. Außen wären dann vor allem Rumpelzüge und Güterverkehr. Dafür sieht die Bahn nicht nur am Rand neue Lärmschutzwände vor, sondern auch zwischen den Gütergleisen und der ICE-Trasse. Das senkt den Lärmpegel nach Angaben von Müller erheblich, weil der Lärm da gedämpft wird, wo er entsteht. Baubeginn frühestens 2027 Zu den Kosten eines möglichen Ausbaus machte Müller noch keine Angaben. Das Planungsteam untersucht neben dem kompletten Neubau auch "Hybridstrecken" wie den streckenweisem Neubau zwischen Herford und Bad Oeynhausen und zwischen Bad Oeynhausen und Minden. Welche Trassenführung letztlich die größten Chancen auf Verwirklichung hat, dazu wollte der Projektleiter noch keine Stellung beziehen. Müller kalkuliert zehn Jahre Planungszeit und weitere zehn Jahre für den Bau - "im schlimmsten Fall". Bestenfalls, so Müller, könnte der erste Spatenstich aber schon in fünf Jahren stattfinden. Der Aus- oder Neubau der ICE-Trasse zwischen Hannover und Bielefeld ist aus Sicht des Projektleiters "ein Schlüsselprojekt" des Deutschlandtaktes. Die wichtige transeuropäische West-Ost-Achse soll in Zukunft auch den Güter- und Personenverkehr aufnehmen, der durch die Verkehrswende von der Straße auf die Schiene verlagert werden soll.

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