Empörung auf Social Media: Bad Oeynhausener Heimleiter sieht Einzelzimmerquote als Fehler

Bad Oeynhausen. Fehlendes Personal, ausufernde Bürokratie und viel zu hohe Kosten: Deutschland hat ein Problem mit der Altenpflege. Die bestehende Versorgungslücke wächst aber nicht nur kontinuierlich, sondern wird sich noch deutlich zuspitzen, wenn die geburtenstarke &bdquo;Baby-Boomer-Generation“ Heimplätze braucht. Joachim Knollmann schätzt, dass das bereits in zehn Jahren der Fall sein wird. Der Leiter des Seniorenzentrums Bethel geht davon aus, dass das Pflegesystem zusammenbricht, wenn sich bis dahin nichts ändert. &bdquo;Wir müssen abspecken“, schlägt der 64-Jährige Alarm. Und meint damit auch die bisher durch das Wohn- und Teilhabegesetz vorgeschriebenen Einzelzimmer - ein Vorstoß, der dem Kreistagsabgeordneten der CDU Hassmails, aufgebrachte Anrufer und beleidigende Kommentare in sozialen Netzwerken eingebracht hat. &bdquo;Wer die Wahrheit ausspricht, hat ein Problem“, sagt Joachim Knollmann und spielt damit auch auf die steigenden Personalkosten in seiner Branche an. &bdquo;Die machen 80 Prozent unserer Aufwendungen aus“, weiß der Fachmann. Denn eine in Vollzeit beschäftigte Pflegekraft verdient inzwischen bis zu 5.000 Euro brutto. &bdquo;Wird sie durch eine Zeitarbeitsfirma vermittelt, bekommt diese 7.000 Euro und das kostet uns 100 Euro pro Stunde“, gibt Knollman ein weiteres Beispiel für die gestiegenen Ausgaben. &bdquo;Das sind Kosten, die am Ende die Heimbewohner zahlen müssen“. Lesen Sie auch: Heimleiter aus Bad Oeynhausen geht mit Tiktok-Video über Migration viral Seit drei Jahren Verluste &bdquo;bis zum Abwinken“ Für denjenigen, der den durchschnittlichen Eigenanteil von mehr als 3.400 Euro nicht mehr aus seinem Einkommen bezahlen kann und der sein Vermögen bis auf einen kleinen Betrag verbraucht hat, springt der Staat ein. &bdquo;Und dieser Anteil wird größer werden“, prognostiziert der Heimleiter, der davon ausgeht, dass auch die monatlichen Kosten der Unterbringung weiter steigen werden. Und das bei einem Defizit von mehr als 1,5 Milliarden Euro, das die Pflegekassen allein im vergangenen Jahr verzeichnet haben. Joachim Knollmann weiß, wovon er spricht. Denn das Seniorenzentrum Bethel, das 16 Millionen Euro in die Modernisierung der Gebäude investiert hat, hält unter seiner Leitung 187 Plätze in der stationären Altenpflege und 80 Seniorenwohnungen vor, die alle belegt sind. &bdquo;Wir halten uns zu 100 Prozent an alle gesetzlichen Regelungen, zahlen Tarif und schreiben seit drei Jahren Verluste bis zum Abwinken, weil die Pflegesätze der Kassen nicht mehr ausreichen. Zum Glück gleicht unser Träger - das Gesundheitswerk Bethel Berlin - die Verluste aus“, sagt Knollmann. &bdquo;Wir müssen etwas ändern, um die Pflege zukunftsfähig zu gestalten“, ist sich der CDU-Politiker sicher und spricht von einer fehlgeleiteten Politik, die immer nur Geld ins System pumpe. Aber wie könnte das gehen? &bdquo;Wir müssen die Pflegekräfte an einen Tisch holen und gemeinsam mit ihnen diskutieren, wo wir kürzen können, denn wir brauchen mehr Praktiker in den Entscheidungsprozessen. Dann müssen wir ganz dringend die Bürokratie abbauen, den Personalschlüssel ändern, die Fachkraftquote entschärfen und Pflegehilfskräften mehr Kompetenzen zugestehen“, schlägt Knollmann vor. Lesen Sie auch: Häusliche Pflege in OWL: Experten erklären, was Angehörige wissen müssen Bad Oeynhausener Heimleiter fordert Eigenverantwortung für Heime Als Beispiel führt er die Betreuungskräfte an, die den Bewohnern im Heim Gesellschaft leisten. &bdquo;Die dürfen die Bewohner aber nicht zur Toilette begleiten oder ihnen das Essen anreichen. Und das ist absurd. Auch wenn man das mal mit der Realität von Menschen vergleicht, die zu Hause gepflegt werden“, kritisiert Joachim Knollmann. Er fordert mehr Eigenverantwortung für die einzelnen Heime, die ja sowieso - anders als die private Pflege zu Hause - regelmäßig durch den medizinischen Dienst und die Heimaufsicht kontrolliert werden. &bdquo;Hilfreich könnte es auch sein, sich einmal in anderen Ländern umzusehen“, schlägt der Christdemokrat vor und verweist auf die skandinavischen Länder, in denen die Kosten für eine Heimunterbringung aus einer Pflegevollversicherung bezahlt werden. &bdquo;Die Wahrheit hört kaum noch jemand gern“ Eins steht für den Heimleiter fest: &bdquo;Es ist Zeit umzudenken. Dafür müssen wir ja irgendwo ansetzen. Und das funktioniert nur mit einschneidenden Veränderungen. Das System mit einer Einzelzimmerquote von 100 Prozent für Neubauten und 80 Prozent für Bestandsbauten können wir uns nicht mehr leisten.“ Ein Gedankengang, der in jüngster Vergangenheit für scharfe Kritik gesorgt habe. &bdquo;Wie inhuman dieser Typ nur sein kann. Er lebt doch von den Geldern, die an das Heim bezahlt werden“, kommentierte eine Userin, die sich &bdquo;Witte Kind“ nennt, den Vorstoß Knollmanns. Eine andere Diskussionsteilnehmerin wünscht ihm &bdquo;eine lange Zeit im Heim im Vierbett-Zimmer“ und eine weitere zeichnet das Bild von gefliesten Zehn-Bett-Schlafsälen, &bdquo;durch die man mit dem Kärcher gehen kann“. Kommentare, auf die Joachim Knollmann so reagiert: &bdquo;Die Wahrheit hört heute kaum noch jemand gern. Vieles wird fehlinterpretiert oder schlichtweg verdrängt. Wir leben in einer Zeit, in der jeder alles will. Doch ein System für alle funktioniert nicht mehr. Es ist an seine Grenzen gelangt - ökonomisch, sozial und strukturell. Die Belastungen sind nicht mehr tragbar, die Kosten explodieren und die Verantwortung wird auf wenige Schultern abgewälzt“. Knollmann berichtet auch: &bdquo;Wir sehen uns mit Millionen von Hilfesuchenden konfrontiert und niemand kann realistisch beantworten, wo all diese Menschen untergebracht werden sollen.“ Gleichzeitig fordere die Gesellschaft den Ausbau von Pflegeeinrichtungen mit Einzelzimmern, als ließe sich so das Grundproblem lösen. &bdquo;Wir müssen endlich begreifen: Ein System, das allen alles verspricht, ohne Grenzen zu kennen, ist zum Scheitern verurteilt“, sagt Joachim Knollmann. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke @derpflegefluesterer #Pflege #Pflegekräfte #2026 #gehalt #DerPflegeFlüsterer ? Originalton - DER PFLEGEFLÜSTERER

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