Bahn untersucht Abkürzungen für ICE-Trasse

Bad Oeynhausen. Die Deutsche Bahn hat das Bauprojekt für eine neue ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover erstmals seit dem Auftakt am 14. Januar einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt - allerdings wieder nur im Internet. Derzeit sind die Planer mit den Untersuchungen der Bestandsstrecke beschäftigt. Weil sich die Gleise auf dieser Strecke seit dem Jahr 1847 in vielen Kurven durch die Städte der Region schlängeln, erwägen die Planer derzeit, Abkürzungen einzuziehen. Dadurch sollen Züge schneller fahren können, Bahnverbindungen zwischen Köln und Berlin attraktiver werden. Die Bahn erwartet zehn Millionen Fahrgäste auf der Strecke Bielefeld-Hannover. Eine dieser Abkürzungen entlang der bestehenden Trasse könnte die Städte Bad Oeynhausen, Löhne, Vlotho und Herford direkt betreffen. Die Bahn hat damit erstmals selbst einen möglichen Trassenverlauf skizziert. Etwa 300 Teilnehmer besuchten am Mittwoch nach Angaben von Moderator Ralf Egert die zweite Informationsveranstaltung zum Projekt "Hannover-Bielefeld". Wegen der Coronakrise hat die Bahn bisher auf öffentliche Erörterungen in den möglicherweise betroffenen Städten verzichtet, aber nach Angaben von Bahn-Projektleiter Carsten-Alexander Müller mehr als 200 Gespräche in der Region geführt. In einem öffentlichen Internet-Chat konnten am Mittwoch vier Stunden lang Fragen zur ICE-Trasse gestellt werden. Die Bahner standen Rede und Antwort. Schneller von Amsterdam nach Berlin durch Löhne Neues gab's zum Auftrag der Bahn und den Planungszielen: Nach Darstellung des Projektsteuerers Cornelius Hillebrand soll nicht nur der Engpass zwischen Minden und Wunstorf beseitigt, zwei neue Gleise gebaut und der Zugverkehr beschleunigt werden. Erstmals betonten die Bahn-Planer auch, dass die Eisenbahnstrecke Amsterdam-Osnabrück-Hannover über Löhne an die neue ICE-Trasse angebunden werden soll. Das bedeutet einen Ausbau der Bestandsstrecke ab Löhne. Das Bauprojekt soll darüber hinaus Kapazität im Güterverkehr schaffen und den Zugtakt im Nahverkehr zwischen Hamm und Hannover verdichten. Was aus diesen Planungszielen für den Ausbau der bestehenden Gleise oder für einen Neubau konkret bedeutet, ließ Projektleiter Carsten Müller auch auf mehrere Fragen aus dem Publikum bewusst offen. Die Planer wollen ihre Vorschläge erst im ersten Halbjahr 2022 vorlegen. Dann soll mehr als eine Trassenvariante vorliegen. "Und dann können wir die Köppe überm Plan zusammenstrecken", sagte Müller. Die alte Trasse wird seit dem 1. März unter die Lupe genommen. Zugleich wird aber auch bereits eine ganz neue Trasse querfeldein durch Ostwestfalen-Lippe untersucht. Einen Widerspruch in dieser zweigleisigen Vorgehensweise sieht der Projektleiter nicht. "Wir sind verpflichtet, beide Seiten zu betrachten", sagte Müller. Nur, wenn Ausbau und gleichzeitig auch der Neubau untersucht würden, sei ein seriöser Trassenvergleich und damit eine Abwägung der bestmöglichen Trasse möglich. Die Bahn wolle schnell in Infrastruktur investieren, um die Verkehrswende zu schaffen und die Anforderungen des Klimaschutzes zu erfüllen. 17 Minuten Zeit einsparen Voraussetzung der Baupläne ist der deutschlandweite Taktfahrplan, den das Bundesverkehrsministerium von einem Planungsbüro in Absprache mit mehreren Lobbygruppen erarbeitet hat. Dieser Deutschlandtakt sieht zwischen Bielefeld und Hannover nur 31 Minuten Fahrzeit vor. Derzeit brauchen selbst ICE-Sprinter 48 Minuten zwischen den Bahnsteigkanten. Um 17 Minuten schneller zu werden, müssten die Züge aber mit bis zu Tempo 300 durch Ostwestfalen-Lippe rasen. Mehrere Fragesteller bezweifelten die Notwendigkeit dieser wenigen Minuten Fahrzeitverkürzung im Fernverkehr. Das Projektteam der Bahn argumentierte dagegen, dass die Auswirkungen im deutschlandweiten Taktfahrplan erheblich seien. Außerdem schafften zwei neue Gleise in der Region zusätzlich Möglichkeiten für den Nahverkehr. "Da hat die Region etwas von", sagte Müller. Der Nahverkehrsverbund Westfalen-Lippe hat vor wenigen Tagen erst ein Konzept für ein S-Bahn-System mit zusätzlichen Haltestellen in Gohfeld und einer neuen Schlüsselfunktion für den Bahnhof Herford vorgestellt. Die neuen Zugverbindungen setzen jedoch zwingend voraus, dass die Bahn sich an die Vorgaben des Deutschlandtaktes und damit an die Planungsziele des Bundesverkehrsministeriums hält. Bemerkenswert aus Sicht der Bahner: Es gibt elf Bürgerinitiativen, die sich in Ostwestfalen-Lippe und Niedersachsen zu dem Bau-Projekt zu Wort gemeldet haben. "Und keine davon ist gegen den Ausbau", stellte Volker Vorwerk vom Bahn-Projektteam fest. Allerdings ist auch keine Bürgerinitiative für den Neubau einer ICE-Trasse, wie Teilnehmer sofort im Chat erwiderten. Eine Schneise durch die Region Was die Region erwartet, wenn gebaut wird, schilderte die Bahn eindrücklich: Ein Ausbau der bestehenden Strecke würde vor allem Lärm, Licht und Zugverspätungen bedeuten, wie der zuständige Projektingenieur erläuterte. Zudem sei der Anbau zweier zusätzlicher Gleise auf einem Bahndamm "unter dem rollendem Rad" ein "hochkomplexes Bauwerk". Streckensperrungen auf der wichtigen West-Ost-Magistrale und damit im paneuropäischen Schienenverkehr wollte die Bahn zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen. Aus dem Publikum hielten Teilnehmer dagegen, dass der Neubau einer mindestens 33 Meter breiten Trasse dagegen die Zerstörung von Natur und Landschaft zur Folge habe. Ein möglicher Neubau müsste zudem einen Weg zwischen zahlreichen Hindernissen im Suchraum zwischen Hannover und Bielefeld finden. Entsprechendes Kartenmaterial mit diesen "Raumwiderständen" will das Projektteam im kommenden Herbst vorlegen. Bisher gibt es nur eine grobe Übersicht über Trinkwassergewinnungs- und Heilquellenschutzgebiete. Sie genießen wie menschliche Siedlungsräume die höchste Schutzwürdigkeit. Die Bahn sucht eine Trasse mit möglichst wenigen Raumwiderständen und hofft dabei auf die Unterstützung der Öffentlichkeit.

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